Die Rebellin
bebten. Ihre gefalteten Hände hatte sie so fest in den Schoß gedrückt, dass die Knöchel weiß hervortraten.
»Du weißt, dass die Hetärie einen neuen Führer hat?«, wechselte Marcus schnell das Thema, ohne den Blick von Mando zu nehmen. Nein, dachte er, neben ihr sieht die Aphrodite von Milos wie die Unschuld vom Lande aus.
»Das weiß sie«, mischte sich Pappas Mavros ein, vor dessen geistigem Auge plötzlich das Bild von zwei Schiffen auf stürmischer See auftauchte. Es war nur eine Frage der Zeit, wann sie zusammenstoßen und untergehen würden. Eine sehr unerfreuliche Vorstellung und seinen Plänen höchst hinderlich. Gegen eine romantische Affäre der beiden hatte er nichts einzuwenden, aber hier schienen alles verschlingende Mächte am Werk zu sein. Er durfte die beiden nicht aus den Augen lassen. Sein Kopf arbeitete schnell. Natürlich war es jetzt ausgeschlossen, dass Mando mit Marcus nach Paris reiste. Er traute es ihnen zu, sich dort als Mann und Frau auszugeben und als solche einfach dort zu bleiben. Eine Trennung schien auch nicht viel Sinn zu haben, da zweieinhalb Jahre offensichtlich nicht genügt hatten die Flamme der Leidenschaft auszulöschen.
Eine diskrete Beziehung, unter seinem wachsamen Auge natürlich, wäre eher anzustreben, zwei Schiffe, die friedlich nebeneinanderher glitten, bis sie einander überdrüssig wurden und eines den Kurs wechselte.
»Prinz Alexander Ypsilanti«, erwiderte Mando auf die Frage nach dem neuen Führer der Hetärie. »Der Adjutant von Graf Joannis Kapodistrias.«
»Der jetzt Staatssekretär im russischen Außenministerium ist«, nickte Marcus, »übrigens ist mir auch Ypsilantis Bruder Dimitri bei Ali Pascha begegnet. Er hat sich von seinem militärischen Posten in Kiew beurlauben lassen und ist über Österreich zu Fuß nach Griechenland gewandert. Fast eine Pilgertour! Ein sehr ehrgeiziger, intelligenter und gewitzter Mann. Sehr von sich überzeugt, aber ich glaube, sogar zu Recht.«
»Und wer ist dir noch begegnet?«, wollte Mando wissen.
»Der alte Fuchs Kolokotronis. Ich musste dafür in die Berge gehen und mich unter die Klephten mischen – da habe ich manches Mal Angst um meine Haut gehabt. Aber von allen Männern, die ich getroffen habe, hat Kolokotronis den größten Eindruck auf mich gemacht.«
»Er soll nicht sehr umgänglich sein?«, fragte Mando neugierig.
Marcus lachte.
»Die Politiker und Diplomaten werden sich an ihm noch die Zähne ausbeißen! Er sagt, was er denkt und schert sich nicht um Takt, Konventionen oder auch nur um ein bisschen Höflichkeit. Mich hat er höchst misstrauisch beäugt, weil ich zu den Inselaristokraten gehöre. Die scheinen bei ihm gleich nach den Türken zu kommen!«
»Aber die Klephten hat er doch im Griff?«
»Sie lieben ihn! Obwohl ich sicher bin, dass er sich in seinem ganzen Leben noch nie etwas unrechtmäßig angeeignet hat – er ist außerdem völlig bedürfnislos – ist er ihr hochverehrter Räuberhauptmann geworden! Aber werden die Klephten den Zielen der Hetärie wirklich dienen können?«
»Unterschätze diese Räuberbanden nicht«, warnte Pappas Mavros, »sie werden bei unserer Revolution eine sehr wichtige Rolle spielen. Niemand kennt die Berge so gut wie sie und sie sind ausgezeichnete Kämpfer. Da wir keine ausgebildeten Soldaten haben, sind wir auf sie genauso angewiesen wie auf die Seeleute der Handelsschiffe. Ich frage mich nur, wie Kolokotronis es schaffen wird, die selbstbewussten Bandenchefs des Peloponnes davon zu überzeugen, einem zentralen Kommando zu folgen. Aber wenn es überhaupt einer schaffen kann, dann er.«
»Seit Jahren wird geredet und geplant«, sagte Mando plötzlich zu Pappas Mavros gewandt, »dauernd sagen Sie, die Erhebung stehe kurz bevor. Aber nichts passiert.«
Sie zog einen Brief aus ihrem Ärmel und hielt ihn dem Popen hin.
»Den habe ich gestern von einer französischen Gräfin gekriegt. Sie hat ein außerordentlich wertvolles Diadem verkauft und den Erlös der Hetärie zukommen lassen mit der Auflage, dass davon ein Kriegsschiff gekauft und auf den Namen ›Argo‹ getauft werden soll. Jetzt wird sie ungeduldig und will wissen, wann die tapferen Krieger in See stechen werden. Wenn ich sie in Paris treffe, muss ich ihr doch irgendwas sagen!«
Marcus lachte.
»Teile ihr einfach mit, dass der Kommandant Odysseus heißt und zurzeit damit beschäftigt ist, ein riesiges hölzernes Pferd anzufertigen.«
»Mando«, sagte der Pope plötzlich, »du wirst nicht
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