Die Rebellin
gegen die Schwiegermutter nicht nur keine Hilfe, sondern schuf zusätzliche Probleme.
Nie ließ Zakarati die alte Frau aus Tinos vergessen, dass sie ihr gesellschaftlich weit überlegen war, dass sie die Welt gesehen hatte, als Aristokratin behandelt zu werden wünschte und für Irinis und Antonis' Wohlstand entscheidend verantwortlich war. Sie kritisierte Kleidung, Sprache und Benehmen von Antonis' Mutter und jammerte Irini vor, welch schlechtem Einfluss sie und ihre Kinder ausgesetzt wären.
Irinis Loyalität zu Mann und Mutter wurde auf eine harte Probe gestellt, weil Antonis, vor dem all diese Streitereien und Eifersüchteleien sorgsam verborgen wurden, nicht verstand, weshalb seine Frau immer nervöser und erschöpfter wurde.
Irinis Versprechen, mit den Kindern regelmäßig nach Mykonos zu kommen, gab dann den Ausschlag.
Anfang März 1821 zogen Mando und Zakarati mit ihrem Personal in Mandos Haus nahe dem Hafen von Mykonos ein. Die fragwürdige junge Frau, die dort mit ihren jeweiligen ausländischen Ehemännern gewohnt hatte, war inzwischen bei dem Piraten Marmellakis eingezogen und es hieß, dass die beiden verheiratet wären, obwohl niemand zu Hochzeitsfeierlichkeiten eingeladen worden war. Der Pirat gehörte natürlich nicht zur feineren Inselgesellschaft, aber er erfreute sich durchaus eines gewissen Respekts bei der Bevölkerung.
So wie Ali Pascha reiche Karawanen auf dem Festland überfiel und von dem erbeuteten Schatz auch Schulen, Universitäten und Krankenhäuser finanzierte, so enterte Marmellakis Schiffe der Wohlhabenden und verschenkte einen Teil seiner Beute unter den Waisen und Armen der Insel Mykonos. Jedes Mal, wenn er von einem Beutezug heimkehrte und sein Boot in den Wasserraum unter seinem direkt am Meer gelegenen Haus manövrierte, kraxelten zerlumpte Kinder über die Außenwand des Hauses. Mit einer Hand hielten sie sich fest, damit sie nicht ins Meer fielen, die andere war geöffnet und wurde jedes Mal mit einer kleinen Gabe gefüllt.
»Marmellakis beruhigt das schlechte Gewissen der reichen Mykoniaten«, meinte Jakinthos Blakaris, als er zusammen mit Marcus Mando und ihrer Mutter seine Aufwartung machte und sie auf Mykonos willkommen hieß.
Beide Männer hatten Vassiliki gebeten Zakarati nach einer halben Stunde unter einem Vorwand aus dem Zimmer zu holen, denn es gab Wichtiges mit Mando zu besprechen. Natürlich wusste ihre Mutter, dass sich die Tochter für Politik interessierte, und sie bedauerte dies außerordentlich. Sie hatte jedoch keine Ahnung, dass Mando für dieselbe Organisation arbeitete, von der ihr Mann einst gesagt hatte, dass er sein Leben für deren Ziele geben würde. Was diese waren, hatte Zakarati nie genau herausgefunden, nur, dass es dabei um die so genannte Befreiung Griechenlands ging, in ihren Augen ein völlig illusorischer Traum.
»Was vier Jahrhunderte Bestand gehabt hat, wird kaum innerhalb eines Menschenlebens zu verändern sein, schon gar nicht von Hitzköpfen«, pflegte sie zu sagen. Auf Mandos Frage, wie es denn mit Griechenlands Zukunft weitergehen sollte, gab sie stets zurück: »Solange wir die Türken in Ruhe lassen, lassen sie uns auch in Ruhe.«
Dass es mit der Ruhe vorbei zu sein schien, ahnte Mando, als die Männer ins Zimmer traten. Sie versuchten beide mühsam ihre Nervosität zu unterdrücken, und obwohl sie nicht frei von Eitelkeit war, ahnte Mando, dass ihre Person diesmal nicht der Grund war. Beide hatten ihr flüchtig, und wie sie enttäuscht registrierte, beinahe nachlässig die Hand geküsst, und sogar Marcus sah sie geradezu unbefangen an.
Vassiliki trat lange vor der vereinbarten Zeit ein und erklärte aufgeregt, die Zofe Sophia sei vom Teufel besessen. Sie habe sich die Kleider vom Leib gerissen, den Körper zerkratzt, das Haar stehe ihr wild vom Kopf ab und sie drohe ins Meer zu springen. Man müsse sie augenblicklich zum Pappas bringen, damit er ihr den Teufel austreibe.
Marcus unterdrückte ein Lachen. Er hatte um einen Vorwand gebeten, nicht um ein Drama. In diesem Augenblick stürzte die nur mit Sandalen bekleidete Zofe schreiend ins Zimmer. Zakarati sprang auf, warf ihr ein Plaid über und zog sie aus dem Zimmer. Vassiliki blieb noch kurz an der Tür stehen, kniff eines ihrer Vogelaugen zu, bemerkte: »Manchmal macht sich Gott eben den Teufel zunutze«, und schloss die Tür.
Mando stand auf und füllte die Weingläser der Männer nach.
»Was ist los?«, fragte sie geschäftsmäßig. »Hat es angefangen? Ich dachte, es
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