Die Rebellin
riefen die Mykoniaten und lieferten sich im Wasser und am Strand mit dem Feind eine Schlacht, an deren Ende nur ein Inselbewohner leicht verletzt war. Der Gegner hatte hingegen 17 Tote und zwanzig Verletzte zu beklagen. Mando, die neben Marcus in vorderster Front mitgekämpft hatte, war es gelungen, den Anführer der feindlichen Schar zu Fall zu bringen. Dieser hatte seine Konzentration verloren, als er erkannte, dass er sein Schwert gegen eine Frau erhoben hatte, und das kostete ihn das Leben. Nach drei Stunden stürzten die noch lebenden Türken und Araber zu ihren Booten und kehrten, von den Kriegsliedern der siegreichen Griechen verfolgt, eilig zu ihren Fregatten zurück.
Marcus wischte sich den Schweiß von der Stirn und beobachtete Mando. Der Rausch des Sieges hatte ihr offensichtlich neue Kräfte geschenkt. Sie rannte über den Strand, schoss mit ihrer Pistole auf ein flüchtendes Beiboot, kehrte dann zu dem gefallenen Anführer zurück, stellte einen Fuß auf die Leiche und forderte ihre Soldaten auf ihr zuzuhören.
»Ehre den Tapferen!«, rief sie, zog das Kreuz ihres Vaters unter ihrer Fustanella, der Nationaltracht der griechischen Männer, hervor und fügte hinzu: »Ehre dem Kreuz!«
Die Männer jubelten, ließen Mando hochleben und wären am liebsten sofort in ihre kleinen Boote gestiegen, um der türkischen Armada vor der Insel den Garaus zu machen.
»Mit dir sind wir unverwundbar!«, rief ein griechischer Bauer zu Mando hinüber und hob die Sense, mit der er zwei Türken den Kopf vom Rumpf getrennt hatte.
»Ruhe!«, forderte Mando, und Marcus fragte sich, wo die kleine Person mit den wunderschönen Brüsten nach einer so anstrengenden Schlacht die kräftige Stimme hernahm.
»Wir sind noch nicht gerettet«, sagte Mando, die inzwischen erfahren hatte, dass die Flotte eines bedeutenden türkischen Admirals Mykonos belagerte. Ihr war klar, dass er es nicht bei einer kleinen Strandschlacht belassen würde, »der nächste Angriff kommt bestimmt. Wir müssen ihm zuvorkommen.«
»Und wie stellst du dir das vor?«, rief einer der Soldaten. Marcus musste schmunzeln. Nie hätte sich Mando, die feine Aristokratin, in der Öffentlichkeit von einem einfachen Mykoniaten duzen lassen. Aber Mando, die mutige Kriegerin, hatte dagegen offensichtlich keine Einwände.
»Ich habe gehört, dass die Schiffe nur vor der Südküste kreuzen«, antwortete sie jetzt. »Im Dunkel der Nacht werde ich also nach Tinos übersetzen, mit einem Boot und Mitstreitern zurückkommen und dann die Flotte vom Meer aus angreifen.«
Ihre Augen suchten Marcus. »Mein Cousin Marcus Mavrojenous und Jakinthos Blakaris werden mich begleiten.«
Noch am selben Abend erhöhte sich die Zahl der gefangenen Feinde um zehn Mann. Es handelte sich um Algerier, die mit kleinen Booten auf dem Strand von Aghia Anna gelandet waren, dort eine Schafherde und ein paar Ziegen stehlen wollten und von Bauern überwältigt worden waren.
Zusammen mit Marcus und Jakinthos segelte Mando im Schutz der Nacht nach Tinos, wo sie in aller Eile und für sehr viel Geld zweihundert Mann auftrieb – darunter auch Deserteure ihrer ersten Aktion –, mit denen sie bei Tagesanbruch zur Südküste von Mykonos fuhr.
Eigenhändig feuerte sie eine Kanone ab und traf damit ein türkisches Schiff in den Rumpf. Mandos Mannschaft jubelte, während die Kanone schnell nachgeladen wurde.
»Halt!«, rief Mando plötzlich, schirmte die Augen gegen die Sonne ab und deutete aufs Meer.
»Da nähert sich ein fremdes Schiff«, rief sie. »Kann jemand die Flaggen erkennen?«
»Ein englisches Schiff, eine Sacoleve, das erkenne ich an den drei unterschiedlich hohen Masten!«, rief Jakinthos. »Vielleicht kommt es uns zu Hilfe!«
»Das kann man bei den Engländern nie so genau wissen«, murmelte Mando, »aber Seeräuber scheinen es nicht zu sein, kommt, wir fahren ihnen entgegen!«
Die Besatzung des englischen Schiffes, auf das Mando eine halbe Stunde später stieg, machte große Augen, als sie die Frau in Männerkleidern sah. Begleitet von Marcus wurde Mando in den Salon geführt, wo ihr sofort eine Tasse Tee angeboten wurde. Zu ihrer Überraschung erfuhr Mando, dass der Besitzer des Schiffes ein englischer Lord war, der vor einigen Jahren mehrere Monate auf Mykonos gelebt hatte.
»Ich habe so schöne Erinnerungen an die Zeit, dass ich Ihre Heimatinsel noch einmal aufsuchen wollte«, erklärte der Mann. Mando bemühte sich, nicht auf die altmodische Perücke des außerordentlich
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