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Die Rebellin

Die Rebellin

Titel: Die Rebellin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Kempff
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eines großen Vaters. Bitte glauben Sie mir, ich habe seinen Tod zutiefst bedauert.«
    Mando sah ihn scharf an. »Seine Mörder sind bis heute noch nicht gefunden worden«, sagte sie.
    »Seine Mörder?« Das Gesicht des Türken spiegelte ungespielte Verblüffung wider. »Ich dachte, er sei an einem Herzleiden gestorben?«
    Nein, dachte Mando, ihn kann ich von der Liste der Verdächtigen streichen. Aber irgendwann gehe ich nach Paros zurück und finde heraus, wer meinen Vater auf dem Gewissen hat!
    Ein Adjutant trat ein und beriet sich mit dem Admiral. Hussein Pascha stand an einem Bullauge und winkte Mando zu sich.
    »Wenn wir abziehen, verlange ich eine Gegenleistung«, sagte er langsam.
    »Welche?«, fragte Mando.
    »Dass unsere Gefangenen und Verwundeten aus der gestrigen Schlacht gut behandelt und auf freien Fuß gesetzt werden.«
    »Versprochen«, erwiderte Mando und reichte ihm die Hand.
    »Ich bin kein Soldat«, fuhr Hussein Pascha fort. »Ich liebe die schönen Dinge des Lebens – auch ein Grund, weshalb ich damals zur Katapoliani kam – und hasse Blutvergießen. Schauen Sie mal aus dem Fenster. Sehen Sie, was ich sehe?«
    Mando strengte ihre Augen an.
    »Nur die kleine Felsengruppe vor Kalo Livadi«, sagte sie.
    »Diese Felsenformation meine ich. In der Dämmerung sieht sie wie ein Schiff aus. Und wissen Sie, wovor unsere tapferen Kämpfer zu See am meisten Angst haben? Davor, dass die Griechen möglicherweise ein mit Dampf betriebenes Kriegsschiff einsetzen.« Er deutete mit dem Daumen hinter sich. »Eine Gabe vom englischen Königshaus, zum Beispiel. Bei den reichen Mykoniaten mit ihren Auslandskontakten weiß man nie … Unsere Flotte hat den Auftrag sich zurückzuziehen, sobald ihr ein solches Kriegsschiff begegnet.«
    Er lächelte sie freundlich an und beide kehrten an den Salontisch zu dem Admiral zurück.
    Dieser bedauerte die Umstände, unter denen er Mando Mavrojenous, die edelste Rose der Kykladen, kennen gelernt hatte. Er wünschte ihr zu ihrer Verlobung alles Gute, hob eine silberne Klingel und beauftragte einen Diener den Tee zu servieren. Er hob die Augenbrauen, als der englische Lord in das kleine Tässchen blickte und Mando übersetzte, ob denn auch Milch an Bord sei.
    »Da die Ziegen so wie meine Männer immer noch an Land sind«, meinte der Admiral, »wird der Herr seinen Tee ohne Milch trinken müssen.«
    Wieder an Bord ihres eigenen Schiffes teilte sie Marcus mit, was er zu tun habe. Er kletterte in ein Beiboot, ließ sich zum Ufer rudern und besprach sich mit den dort ausharrenden Mykoniaten.
    In aller Eile schlugen diese einem Fass den Boden aus und brachten es auf der höchsten Spitze der Felsengruppe an. Darunter errichteten sie einen Holzstapel, den sie bei Einbruch der Dämmerung entzündeten. Den Rauch leiteten sie durchs Fass. Vom Meer aus konnte man jetzt den Eindruck erhalten, ein riesiges Dampfschiff schippere auf Mykonos zu. Die türkische Armada lichtete die Anker und ergriff die Flucht.
    Großer Jubel brach aus, als Mando am späten Nachmittag des nächsten Tages in den Hafen von Mykonos einfuhr. Alle Bewohner der Insel schienen sich in Mykonos-Stadt eingefunden zu haben, um der Retterin des Eilands zu huldigen. Die türkischen Schiffe segelten jetzt Richtung Chios. Die Gefahr war vorüber, die Insel verschont worden. Zwischen Jakinthos und Marcus schritt Mando unter Glockengeläut durch eine lange Menschengasse und fühlte sich glücklicher als je zuvor in ihrem Leben. Immer habe ich danach gestrebt, etwas Sinnvolles zu tun, dachte sie, meinem Leben eine Bedeutung zu geben. Ganz gleich, wie schlecht es mir in Zukunft vielleicht noch ergehen mag, dieser Tag war mein ganzes Leben wert!
    An der Seite des ältesten Popen von Mykonos stand Pappas Mavros vor der Kirche, in der die Dankesmesse abgehalten werden sollte. Der alte Mann hatte Tränen in den Augen, als er Mando entgegenkam und sie auf die Stirn küsste. Seine Stimme zitterte, als er ihr zuflüsterte: »Wenn nur dein Vater dies hätte erleben können! Der Name Mavrojenous ist heute noch einmal in die Geschichte unseres Landes eingegangen! Im Himmelreich wirst du einen Platz neben den größten Helden der Weltgeschichte einnehmen.«
    Nach der Messe wurde Mando aufgefordert ein paar Worte an die Versammelten zu richten. Sie bedankte sich bei ihren tapferen Mitstreitern und, eingedenk des Versprechens, das sie Hussein Pascha gegeben hatte, bat sie, die türkischen und arabischen Verwundeten gut zu pflegen und die

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