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Die Rebellin

Die Rebellin

Titel: Die Rebellin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Kempff
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»nach Wochen auf Schlachtfeldern wird es mich nach geistreichen Gesprächen hungern, nach gepflegter Unterhaltung, etwas Kultur und vor allem nach Ruhe!«
    Auf dem Weg nach Nauplia hörte Mando, dass England als erstes Land die Griechen als Krieg führende Macht anerkannt hatte, und sie fragte sich, ob der Lord aus Mykonos dabei wieder seine Hände im Spiel gehabt haben könnte. Sie erschrak über den Zustand Nauplias, als sie Anfang April in die Stadt einzog, die erst wenige Monate zuvor von den Griechen befreit worden war. Diese Hafenstadt, die im mykenischen Zeitalter für Argos das Tor zur Welt dargestellt und auf deren Berg Palamidi die Venezianer eine gigantische Festung erbaut hatten, wo sich in der byzantinischen Kirche des Heiligen Georgios eine sorgsam ausgeführte Nachbildung des Abendmahls von Leonardo da Vinci befand, lag in Trümmern. Ein Hauch von Kultur war nirgendwo zu entdecken, wie Mando bedauernd feststellte.
    Überall traf sie auf Zeugnisse des erbitterten Kampfes, Spuren der Verwüstung kennzeichneten das Zentrum und das Straßenbild war von Armut und Elend geprägt.
    Mando dachte an die bequemen Bürger von Mykonos, die sich so ungern von einem winzigen Teil ihres Reichtums trennten, behaglich in ihren edel eingerichteten Häusern saßen und sich ausländische Delikatessen schmecken ließen. Wut stieg in ihr auf und am liebsten hätte sie ein Schiff genommen und all diese satten Mykoniaten nach Nauplia überführt, um ihnen zu zeigen, was die Bevölkerung auf dem Festland zu leiden hatte. Die wahren Helden, dachte sie betroffen, sind nicht die, mit denen ich am Strand von Elia gegen türkische Seeleute gekämpft habe, sondern die armen Männer, Frauen und Kinder, die dem Zorn der Türken ausgesetzt sind und von den kämpfenden Griechen für eine Handbreit Boden geopfert werden. Wie hatte man in Mykonos den jungen Mann gefeiert, dessen Hand beim Gefecht am Strand von Elia verletzt worden war! Wer feierte die wirklichen Opfer, die hungerleidende, obdachlose Bevölkerung?
    Aber anstatt alle reichen Mykoniaten zu einer Besichtigungstour durchs zerstörte Nauplia einzuladen, schrieb sie einen langen Brief an Marcus und bat ihn Vassiliki nach Nauplia zu schicken. Sie sollte ihr einige ihrer schöneren europäischen Kleider mitnehmen, vor allem das fliederfarbene mit den bauschigen Ärmeln und dem tiefen Ausschnitt. Mando war fest entschlossen sich von der Melancholie ihrer trostlosen Umgebung nicht anstecken zu lassen. Sie war nach Nauplia gekommen, um sich von den Kämpfen zu erholen, und sie hoffte, dass sie ein paar harmlose gesellschaftliche Zerstreuungen von den schrecklichen Bildern auf den Schlachtfeldern befreien würden.
    Sie musste in einem heißen Bad und einem weichen Bett wieder zu Kräften kommen. Sie wollte sich mit liebenswürdigen Menschen über Poesie unterhalten, vielleicht mit einigen der nach Griechenland geeilten Philhellenen, sie wollte wieder tanzen … aber da tauchte das Bild von den Yaludes vor ihr auf und im Geist ersetzte sie Tanzen durch Klavier- und Gitarrenspielen und sie wollte ihren Tee wieder aus zierlichen Tässchen trinken. Das aber schrieb sie Marcus nicht.
    Vielmehr berichtete sie von Jakinthos' Tod, von ihrer Begegnung mit Prinz Ypsilanti und erwähnte am Rande, dass sie auch Bobolina getroffen, diese aber keinen gewaltigen Eindruck auf sie gemacht habe.
    Nauplia habe sie in einem beklagenswerten Zustand vorgefunden, schrieb sie weiter, und daher habe sie auch beschlossen sich mit einer sehr bescheidenen Bleibe zufrieden zu geben.
    Sie erwähnte nicht, dass sie die vorläufige griechische Regierung angeschrieben und um eine standesgemäße Unterkunft gebeten hatte. Sie schrieb nicht, wie sie getobt hatte, als man ihr ein schäbiges Haus in der Innenstadt zur Verfügung gestellt hatte, indem sie unmöglich empfangen konnte. Das war nun der Dank dafür, dass sie ihr ganzes Vermögen in den Dienst der griechischen Sache gestellt hatte!
    Der Beamte, dem sie ihre Angelegenheit vortrug, erwiderte nur kühl, sie hätte ihre Ausgaben besser einteilen sollen, dann wäre sie heute nicht mittellos. Unverschämterweise hatte er noch hinzugefügt, dass sich die Regierung nicht um das Wohl von vornehmen jungen Damen kümmern könnte, denen als Ausweg immer noch eine reiche Heirat offen bliebe.
    Mando schäumte, aber das war reine Kraftvergeudung. Schließlich zog sie in das schäbige Haus ein und schämte sich entsetzlich, als sie dort wenige Tage später Prinz Ypsilanti

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