Die Rebellin
Bobolina bereits porträtiert«, bemerkte Ypsilanti, der Friedel in Mandos Haus begleitet hatte und jetzt auf dem zerschlissenen Sofa einige Papiere durchsah.
»Dürfte ich das Bild sehen?«, fragte Mando.
»Aber natürlich!«
Eilfertig öffnete Adam Friedel eine Mappe und zog einen Bogen mit einer Skizze hervor.
»Zu Hause werde ich das natürlich noch in Öl ausarbeiten«, fügte er hastig hinzu, während Mando ein Lächeln unterdrückte. Mit Bobolina hatte das Bild überhaupt keine Ähnlichkeit, aber es gefiel ihr, dass Friedel die Freiheitsheldin so lächerlich dargestellt hatte. Mit süßem Schmollmund, einem Blumenkörbchen im Arm – Disteln wären angemessener gewesen, dachte Mando – Blumenschmuck am Turban und mindestens zehn Jahre jünger.
»Irgendwie habe ich sie anders in Erinnerung«, meinte Mando, ein Lachen unterdrückend, als sie auch noch das Taschentuch sah, das jeden Moment aus Bobolinas rechter Hand zu fallen schien.
»Sie wollte weiblich aussehen«, meinte Friedel und zuckte mit den Achseln.
»Dürfen sich Ihre Objekte denn aussuchen, wie Sie sie zu malen haben?«, fragte Mando erstaunt. »Dann hätte ich auf meinem nämlich gern ein Schiff.«
»Keine gute Idee«, mischte sich Ypsilanti ein. »Kein Schiff, kein Blumenkörbchen, nichts, was von diesem wunderschönen Gesicht ablenkt, höchstens eine Rose im Haar. Nur ein Brustbild«, er wandte sich an Friedel. »Darf ich Sie bitten, es in zweifacher Ausgabe anzufertigen. Nennen Sie mir Ihren Preis.«
Mando hielt die Luft an.
Es wurde ein Termin mit Friedel vereinbart und dann verabschiedete sich der Maler.
»Sie verstehen, weshalb ich ein Porträt von Ihnen wünsche?«, fragte Ypsilanti, als sie wieder allein waren.
Mando antwortete nicht, sondern blickte züchtig auf ihre im Schoß gefalteten Hände.
»Mando, liebste Athene, darf ich hoffen?«
Er kniete vor ihr und war ihr so nahe, dass sie die Haare in seiner großen Nase einzeln zählen konnte.
»Hoffen kann man immer«, sagte sie und verlieh ihrer Stimme das Timbre, das bisher noch auf keinen Mann seine Wirkung verfehlt hatte, »aber ist Ihnen auch klar, dass Sie einer mittellosen Frau Ihre Hand anbieten?«
»Geld habe ich selber genug«, sagte er unvorsichtig, »was meinem Leben fehlt, ist Schönheit.«
Und meinem das Geld, dachte sie.
Er hatte ihre Hand genommen und mit Küssen bedeckt. Mando fielen andere Küsse ein und Röte stieg ihr ins Gesicht, als sie an den ganz besonderen Kuss dachte, mit dem Marcus sein Zeichen in sie eingebrannt hatte. Ypsilanti sah ihr Erröten als Verlegenheit und fand es ganz entzückend.
»Ich will Sie nicht drängen«, erwiderte er hastig, »ich weiß, ich bin kein Apoll, aber glauben Sie mir, ich verstehe mich darauf, eine Frau glücklich zu machen. Wir können uns ja auf eine lange Verlobungszeit einigen, damit Sie mich in aller Ruhe kennen lernen können.«
Sie musste mit Marcus reden, ihn vorsichtig vorbereiten. Wie er ihr fehlte! Nein, dieser Ypsilanti war kein Mann, der ihren Körper zum Singen bringen würde.
Sie musste etwas sagen.
»Wir sind zurzeit beide anderweitig beschäftigt«, sagte sie. »Aber ich fühle mich über Ihren Antrag sehr geehrt, und – ja, ich bin mit einer Verlobung einverstanden.«
Als er sich aufrichtete und sein Mund ihrem Gesicht näher kam, hielt sie die Hand hoch und sagte schnell: »Nach dem Krieg wird Hochzeit gefeiert!«
Er nahm ihre Hand weg und legte seine feuchten Lippen auf ihre trockenen. Sie hielt den Mund fest geschlossen.
»Das ist also besiegelt«, erklärte er befriedigt. Eine ungebrochene Blume, dachte er, wahrlich eine Jungfrau. Wer so einen Kuss empfängt, ist noch nie geküsst worden.
»Zusammen werden wir die Welt aus den Angeln heben!«, rief er. »Wir werden das erste Königspaar des Landes sein!«
Pappas Mavros, dachte sie, so etwas hat er mir doch prophezeit. Aber inzwischen war sie einigen seiner Lehren entwachsen und hatte sich ihre eigenen Gedanken gemacht.
»Mein Prinz«, schalt sie vorwurfsvoll, »ich dachte, Sie wären Republikaner! Wir wünschen uns doch einen Präsidenten und keinen Feudalherrn!«
»Natürlich«, lachte er, »das war auch nur metaphorisch gesprochen. Geliebte Mando, wollen Sie mir einen Gefallen tun und mich künftig mit Du ansprechen?«
»Wie es sich für zwei Republikaner gehört«, nickte sie. »Gern, lieber Dimitri, aber würden Sie mir auch einen Gefallen tun?«
»Er ist schon getan!«
»Eben noch nicht. In meiner Heimat«, wieder senkte
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