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Die Rebellin

Die Rebellin

Titel: Die Rebellin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Kempff
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Manierismen brauchte und sich besser als der Rest der Welt dünkte. Er wünschte, Vassiliki wäre in Tripolis, um Mando zurechtzuweisen.
    Aber er kehrte nicht auf die Insel zurück. So wie er Mando kannte, würde sie ihn für seine Abreise bestrafen, und zwar genau mit jener Handlung, vor der ihm so graute. Sie würde sich Mut antrinken und Ypsilanti ihre Schlafzimmertür öffnen. Marcus war nämlich aufgefallen, dass sie längst nicht mehr so vor ihm zurückzuschrecken schien, wie das anfangs der Fall gewesen war. Sie hatte sich an sein Äußeres gewöhnt, war beeindruckt von seinem Einfluss, der auch ihr zugute kam, und hatte vor wenigen Tagen sogar erwähnt, dass man Ypsilanti ein gewisses Charisma nicht absprechen könne.
    Marcus gestand sich ein, dass sein Ärger zum größten Teil daher rührte, dass er nach dem Umzug in Ypsilantis Domizil in Tripolis keine Möglichkeit mehr hatte Mandos göttlichem Leib nahe zu kommen. Der Prinz hatte wieder dafür gesorgt, dass ihm ein weitab gelegenes Kämmerchen zugewiesen wurde, während Ypsilanti selber in jenem Raum schlief, von dem aus es zu Mandos Zimmer eine Verbindungstür gab.
    Jede Nacht musste sich Marcus zwingen, nicht in den oberen Flur zu schleichen und wie Vassiliki sein Ohr ans Schlüsselloch zu legen. Er litt unsägliche Qualen, vor allem, weil Mando ihm mit keinem Zeichen zu verstehen gab, dass auch sie Sehnsucht nach ihm hatte.
    Ihm gegenüber verhielt sich Ypsilanti ausgesprochen höflich, nur ein Hauch von Kühle war merkbar. Marcus war zwar dankbar, dass sein Nebenbuhler nicht versuchte sich mit ihm anzufreunden, andererseits aber kränkte ihn dies auch ein wenig in seiner Eitelkeit. Ypsilanti hielt ihn offensichtlich nicht für interessant oder wichtig genug, um sich weiter mit ihm abzugeben. Er sah ihn als Mandos Cousin, der den Posten des Adjutanten von dem gefallenen Jakinthos übernommen hatte, und der weder in politischen noch in militärischen Angelegenheiten um Rat gefragt werden brauchte.
    Marcus dachte an die Arbeit, die er jahrelang für die Hetärie der Freunde geleistet hatte, an seine weiten Reisen, an die geheimen und manchmal auch gefährlichen Aufträge und er fragte sich, wo in dem neu zu bildenden griechischen Staat für ihn eine Aufgabe zu finden sei. Oder war es ihm etwa vorherbestimmt, sein ganzes Leben der Liebe zu einer Frau zu opfern, die demnächst einem anderen Mann angehören würde?
    Schlaflose Nächte waren die Folge solcher Gedanken und Mando konnte nicht entgehen, dass ihr Cousin abmagerte und sein Gesicht eine ungesunde fahle Farbe aufwies.
    »Die Meeresluft bekommt dir offensichtlich besser«, sagte sie eines Morgens, als sie zu dritt beim Frühstück saßen. »Vielleicht solltest du nach Nauplia zurückkehren.«
    Willst du mich loswerden, wollte er fragen, konnte sich aber gerade noch auf die Zunge beißen.
    Er blickte zu Ypsilanti hinüber, der an diesem Morgen besonders aufgeräumt schien, seine Augen nicht von Mando lassen konnte und ihr immer wieder die Hand küsste.
    Unterm Tisch hob Marcus einen Fuß und überlegte einen Augenblick lang, damit Mando unter den Rock zu fahren. Aber als sein Fuß ihr Bein streifte, warf sie ihm einen so eisigen Blick zu, dass er bis ins Mark erschauerte. Und da wusste er es.
    »Du hast es getan!«, fuhr er sie an, nachdem sich Dimitri von den beiden verabschiedet und das Haus verlassen hatte.
    Sie stand auf und ging ebenfalls zur Tür. »Irgendwann einmal musste es ja geschehen«, sagte sie kalt und ließ ihn stehen.
    Dimitri Ypsilanti war froh, dass ihm der Vorstoß endlich gelungen war, auch wenn er zugeben musste, eine nicht in jeder Hinsicht erfolgreiche Eroberung gemacht zu haben. Von einer Frau mit so flammenden Augen hatte er mehr Leidenschaft erwartet. Andererseits sollte er nicht so anspruchsvoll sein, überlegte er, was konnte man denn von einer 26-jährigen Jungfrau erwarten, die aus Kreisen kam, in denen Mädchen auf alle Bereiche des Ehelebens vorbereitet wurden – bis auf jenen, von dem sich die Gatten gemeinhin das meiste versprachen.
    Er schmunzelte bei dem Gedanken an Mandos Verschämtheit. Die junge Frau, die es mit Admiralen, Seeräubern und hochrangigen Politikern aufnahm, sich todesmutig in die Schlacht stürzte und vor keinem Amt Respekt zu haben schien, hatte schüchtern darauf bestanden, alle Lampen auszudrehen und war nicht zu bewegen gewesen das Nachthemd einen Zentimeter höher als nötig hinaufzuschieben. Am meisten befremdete ihn, dass sie ihm zwar

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