Die Rebellin
Dienst tat, sich zuvor seinen Lebensunterhalt als Pirat verdient hatte. Diese Männer waren von unschätzbarem Wert für die griechische Flotte, da sie mit dem Meer, seinen Untiefen, Klippen, Unruhen und heimtückischen Fahrwassern erheblich vertrauter waren als die Seeleute der Handelsschiffe. Außerdem waren sie geübtere Kämpfer. Hinzu kam, dass mit jedem Piraten, der zur Flotte stieß, einer weniger auf See sein Unwesen trieb. Miaulis hätte auch noch hinzufügen können, dass die noch reichlich vorhandenen aktiven Seeräuber einen siebten Sinn dafür zu haben schienen, wenn ihresgleichen auf einem Kriegsschiff dienten und sie dann meistens einen Bogen um derart bemannte Schiffe machten. Möglicherweise gab es auch ein geheimes Zeichen – schließlich hatten sich die Piraten seit altersher schon immer zu Banden zusammengeschlossen.
Er bedauerte es außerordentlich, dass die schöne Mykoniatin, an der er einen Narren gefressen hatte, nun ein Opfer geworden war, aber da war nichts zu machen. Wären es seine Männer gewesen, hätte er auch ein Auge zukneifen müssen. Schließlich konnte die Regierung den angeheuerten Männern oft genug den Sold nicht auszahlen, da musste man es ihnen nachsehen, wenn sie auf Beutezüge ausgingen.
»Gefallen lassen werde ich mir das nicht!«, rief Mando. »Es muss doch irgendjemanden geben, bei dem ich mich offiziell beschweren kann.«
»Das wird nicht viel nützen«, meinte Dimitri, aber Admiral Miaulis kam eine Idee. Er zog Mando in eine Ecke und flüsterte ihr etwas zu. Dimitri sah, dass sie heftig nickte, aber als er Mando später fragte, was ihr der Admiral geraten habe, blickte sie ihn nur spitzbübisch an. »Es könnte funktionieren«, war alles, was sie dazu sagte.
Dimitri staunte, wie schnell sie wieder Oberwasser gewonnen hatte und vermutete nicht ganz zu Unrecht, dass Mando zu den Menschen gehörte, die Abenteuer in ihrem Leben brauchten, um zu merken, dass sie existierten. Er bot Mando, Marcus und Vassiliki Obdach an und erklärte, dass er es als eine Ehre empfinden würde, sie in seinem Haus zu beherbergen. Marcus musste sich mit einem Verschlag im Erdgeschoss zufrieden geben und Mando wurde in einem Schlafzimmer im zweiten Stock untergebracht. Im angrenzenden Ankleidezimmer wurde eine Pritsche für Vassiliki aufgestellt. Das beruhigte Mando, die bereits ungewünschte Annäherungsversuche ihres Verlobten befürchtet hatte. In der Nacht ließ sie die Tür zu Vassilikis fensterloser Kammer offen und griff nach einem Buch, das ihr Dimitri aufs Bett hatte legen lassen.
»Mein Püppchen«, hörte sie Vassilikis Stimme, als sie das Büchlein aufschlug, »dein Prinz ist so übel nicht, versuche ein ganz klein wenig Platz in deinem Herzen für ihn zu finden.«
Als Antwort kam nur ein tiefer Seufzer.
»Ich weiß«, fuhr Vassiliki fort, »du hast zu viel Gedichte und Ritterromane gelesen. Die Poeten glauben, dass es nur eine Art der Liebe gibt und dass diese ein ganzes Leben lang nur einem Menschen gelten kann. Aber das ist Dichtung, mein Täubchen, in der Wirklichkeit ist das Herz viel größer und hat Platz für mehr als nur einen Menschen.«
»Woher willst du das wissen!«
»Du brauchst mir nicht zu glauben«, erwiderte Vassiliki, »aber du musst es dir nicht unnötig schwer machen. Marcus wirst du nicht verlieren und Prinz Ypsilanti kannst du dazugewinnen.«
Mando versuchte die Bilder ihres Alptraumes zu verscheuchen. »Wenn er nur nicht so hässlich wäre!«
Vassiliki dachte daran, wie sie den massigen Körper Alis vergessen hatte, wenn sie in seinen Armen lag, wie zärtlich und einfühlend der Albaner in gewissen Stunden ihr, der Dienerin, gegenüber gewesen war, und erwiderte: »Gerade Männer, die von der Natur nicht so begünstigt sind, geben sich oft mehr Mühe, ihren Frauen Glück zu bringen, als schöne Männer.«
Mando rutschte aus dem Bett, nahm ihr Öllämpchen, schlich zu Vassiliki in die Kammer und beleuchtete deren Gesicht. Aus wachen schwarzen Vogelaugen blickte die Dienerin zu ihr hinauf.
»Vassiliki«, begann Mando, »hast du jemals bei einem Mann gelegen?«
»Ja«, sagte Vassiliki und machte den Mund zum Strich.
Aber Mando wollte sich damit nicht abspeisen lassen. Sie stellte die Öllampe auf den Boden, kroch zu Vassiliki auf die schmale Pritsche und schlüpfte unter die Decke.
»Erzähl! Hast du ihn geliebt? Und wer war es?«
Hoffentlich nicht mein Vater, dachte sie einen Augenblick lang bestürzt. Sie erinnerte sich, dass Nikolaos
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