Die Rebellin
sind erbracht?«, fragte Dimitri.
»Eindeutige!« Mando warf Marcus einen triumphierenden Blick zu.
»Das Kreuz ist wieder da, also können wir uns einen Prozess wohl ersparen?« Dimitris Stimme klang sehr irritiert.
An einen Prozess hatte Mando noch gar nicht gedacht, aber sie wollte den Bogen nicht überspannen. »Es reicht, wenn du sie entlässt«, sagte sie gnädig und um des lieben Friedens willen entledigte sich Dimitri dieser Aufgabe.
Mando missverstand den traurigen Blick, den ihr Marcus zuwarf. Er wird das Mädchen doch nicht etwa geliebt haben, fragte sie sich erschrocken.
Ebenso wenig wie er damit gerechnet hatte, dass Mando in seiner Kammer auftauchen würde, hatte Marcus erwartet, dass sie sich auf so billige Weise rächen würde. Er hatte ihr mehr Stil zugetraut und es gelang ihm nur schwer, seine Erschütterung zu verbergen. Er händigte Maria eine stattliche Summe aus, entschuldigte sich für sein Betragen und das Mandos und forderte sie auf sich jederzeit an ihn zu wenden, wenn sie in Not geriet. Mehr konnte er nicht tun.
Dimitri, der es lächerlich fand, dass wegen einer Dienerin zwischen Mando und ihrem Cousin Spannungen aufgekommen waren, versuchte die Wogen zu glätten. Er berichtete, dass Lord Byron mit seinem Schiff ›Britannia‹ in Griechenland eingetroffen wäre und demnächst von Alexander Mavrokordatos, dem ersten Präsidenten der griechischen Regierung, in Missolonghi empfangen werden würde.
»Das ist ein gutes Zeichen«, meinte Mando, »es werden noch mehr Europäer folgen, davon bin ich überzeugt.«
»Wenn wir uns ihnen nur als einiges Volk vorstellen könnten«, wünschte sich Dimitri, der Mando nicht beunruhigen wollte und daher nicht weiter auf den innenpolitischen Zwist einging. Kolokotronis hatte ihm bereits mitgeteilt, dass er von allen seinen politischen und militärischen Ämtern zurücktreten und nur noch als einfacher Soldat dienen wollte. Es zerreiße ihm das Herz, wenn er sähe, was die Politiker mit einem befreiten Griechenland anzustellen wünschten.
Nach der Erfahrung mit Maria bestand Mando darauf, eine ältere Dienerin einzustellen, und so kam Jaja ins Haus. Sie hieß eigentlich ganz anders, aber ihre großmütterliche Ausstrahlung ließ überhaupt keine andere Anrede zu als Jaja – das griechische Wort für Großmutter.
Anders als Vassiliki war Jaja überaus abergläubisch. Ständig tröpfelte sie Olivenöl in Wassergläser, um dahinter zu kommen, ob schlechte Laune, Kopfschmerzen, Magenkrämpfe oder kleinere Unfälle der Hausbewohner auf den Einfluss des bösen Blicks zurückzuführen wären. Als Erstes hing sie in ihrem Zimmer einen Widderschädel auf, und Mando konnte sie nur mit Mühe abhalten, auch einen in der Eingangshalle von Dimitris Haus anzubringen.
»Wenn ein Träger des bösen Blicks das Haus betritt, wird sein Fluch in den Schädel gelenkt und unschädlich gemacht«, erklärte Jaja, die es sehr beklagte, dass Mando nicht ständig ein Mati – ein symbolisches blaues Glasauge – als Schutz bei sich trug.
»Vielleicht kannst du Menschen mit dem bösen Blick ja erkennen und dann lassen wir sie gar nicht erst herein«, schlug Mando vor. Jaja war entsetzt über die Ignoranz der jungen Griechin.
»Jeder kann, ohne es zu wissen, gelegentlich einen bösen Blick haben«, klärte sie Mando auf. »Zum Beispiel, wenn man einen schönen Menschen bewundert …«
»Dann muss man diesen Menschen dreimal anspucken, um den bösen Blick zu vertreiben«, nickte Mando, die nicht gern der Unwissenheit geziehen wurde.
»Nein!«, rief Jaja. »Ganz falsch. Gespuckt wird, um den Teufel abzulenken, damit er auf diesen schönen Menschen nicht aufmerksam wird. Das ist eine ganz andere Sache und hat mit dem bösen Blick nichts, aber auch gar nichts zu tun. Der kann seine üble Wirkung tun, wenn man einen schönen Menschen zwar bewundert, aber in Wirklichkeit nur neidisch ist. Neid oder Eifersucht sind die Hauptursachen für den bösen Blick.«
»Vielleicht plagen mich darum seit längerem solche Kopfschmerzen«, meldete sich Marcus, der sich vom Herrenzimmer aus das Gespräch über Widderköpfe, Teufel und böse Blicke amüsiert angehört hatte. Zwischen ihm und Mando herrschte seit Marias Entlassung Waffenstillstand und sie gingen höflich, aber distanziert miteinander um, was beide quälte. Aber keiner fand sich bereit den ersten Schritt zur Versöhnung zu tun.
Jaja war bereits in die Küche gegangen und hatte Wasserglas und Ölkännchen geholt. Sie
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