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Die Rebellin

Die Rebellin

Titel: Die Rebellin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Kempff
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der aus Liebe zu Griechenland seinen Namen hellenisiert hatte, versorgte von der Schweiz aus die Rebellen mit Waffen, Material und moralischer Unterstützung. Er litt unter dem Zwist, der das griechische Lager spaltete.
    Kapodistrias, der 1809 in den Dienst des russischen Zaren getreten war, hatte sich als Diplomat ausgezeichnet und war lange Zeit einer der führenden Berater von Alexander I. gewesen. Es gefiel ihm überhaupt nicht, dass sich der Zar nach Napoleons Russland-Feldzug wieder mit Preußen und Österreich verbündete und somit auch Metternichs antigriechische Politik übernahm. Metternich sah in Kapodistrias einen formidablen Gegner und setzte alles daran, den Zar gegen ihn einzunehmen. Kapodistrias, der früher zwar zugunsten seines Adjutanten Alexander Ypsilanti abgelehnt hatte, die Leitung der Hetärie der Freunde zu übernehmen, setzte sich immer mehr für den Freiheitskampf der Griechen ein. Deshalb sah er sich 1822 gezwungen seinen Abschied vom Hof des Zaren zu nehmen. In seinem Exil widmete er sich ausschließlich der griechischen Sache und sah mit Besorgnis, wie sich die Führer des Widerstandes gegenseitig die Köpfe einschlugen.
    In Dimitris Haus mochte es friedlich zugehen, im Land aber wütete der Bürgerkrieg. Und nicht nur der. Die Türken hatten inzwischen nämlich erkannt, dass die Niederwerfung des griechischen Aufstandes ihre Kräfte überstieg. Wie Dimitri Ypsilanti befürchtet hatte, hatte der Sultan Mehmet Ali, den Pascha von Ägypten, zu Hilfe gerufen, dessen Truppen siegreich durch Griechenland zogen und alles niedermachten, was sich ihnen in den Weg stellte.
    Sein Adoptivsohn Ibrahim Pascha, der darauf brannte, seine vorzüglich ausgebildete Armee endlich zum Einsatz kommen zu lassen, segelte im Sommer 1824 mit einem riesigen Expeditionsheer an Bord Richtung Griechenland. Er brauchte nicht lange, um Kreta zu erobern, und es war nur eine Frage der Zeit, bis er über den Peloponnes herfallen und alle bisherigen Erfolge der Griechen wieder zunichte machen würde.
    Ibrahim Pascha, der sich schon als Erbe des kranken Mannes am Bosporus sah, forderte vom Sultan Kreta und Zypern als seinen gerechten Lohn. Den aufständischen Griechen drohte er an, das ganze Land zu entvölkern, und tatsächlich schien er seinem Ziel immer näher zu kommen.
    »Warum weinst du?«, fragte Marcus, als er Anfang 1825 Mando in Tränen aufgelöst vor dem Kamin sitzen sah. Er hob das Buch auf, das ihr vom Schoß gefallen war und sah Mando nachdenklich an.
    »Lord Byron ist schon seit fast einem Jahr tot und du trauerst immer noch um ihn? Dabei hast du ihn nicht einmal persönlich gekannt!«
    »Man kann auch Freunde haben, die man persönlich nicht kennt«, erwiderte Mando und griff zu einem fliederfarbenen Taschentuch. »Ich hoffe, dass Griechenland diesem Mann ein angemessenes Denkmal setzen wird!«
    Lord Byron war am 19. April des vor Jahres in Missolonghi einem Fieber erlegen. Davor hatte er unter Prinz Alexander Mavrokordatos im westlichen Griechenland gekämpft, eine Brigade von Soldaten aus Suli übernommen, die als die tapfersten des Landes bekannt waren. Aus Suli stammten schließlich auch die Frauen, über die eines der berühmtesten und traurigsten Lieder dieser Zeit geschrieben worden war. Um nicht in die Hände der Türken zu fallen, so hieß es, hatten sich sämtliche Frauen von Suli zu einem Tanz auf einer Klippe am Meer eingefunden. Auf dem Felsen singend und tanzend sprang eine nach der anderen vor den Augen des Feindes in die Tiefe. Lieber sterben, als den Türken ausgeliefert sein, war ihre Devise.
    Aber Lord Byron war nicht nur ein Held auf dem Schlachtfeld. Er versuchte auch die zerstrittenen griechischen Fraktionen miteinander zu vereinen, war untröstlich, dass es unmöglich erschien, für die Erben des antiken Griechenlandes einen gemeinsamen Nenner zu finden. Sein Opfer aber verlieh dem griechischen Befreiungskampf eine europäische Weihe: Zu tausenden strömten Idealisten, Abenteurer, Schwärmer, Glücksritter und erfahrene Krieger aus den Ländern des Nordens nach Griechenland. Die Freiwilligen mussten mit Transportern über Marseille nach Navarino geschafft werden, da Metternich Triest gesperrt hatte.
    Der Einsatz Lord Byrons hatte endlich dafür gesorgt, dass ganz Europa auf das um Freiheit ringende Volk am Mittelmeer aufmerksam wurde.
    »Hier spricht er von Delphi«, sagte Mando. »Bitte hör es dir an – welcher Grieche könnte dies besser formulieren!« Sie öffnete das Büchlein

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