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Die Rebellin

Die Rebellin

Titel: Die Rebellin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Kempff
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und las laut vor:
    »In Hellas einst erkannt als Himmelsgabe,
Warst Muse du, gestaltet im Gesang!
Beschämt von spät'rer Lieder Kunstgehabe,
Ruft dich das meine nicht vom heil'gen Hang;
Doch ging ich am gepries'nen Bach entlang,
Beseufzte Delphis lang verlass'nen Schrein,
Wo nur ertönt die schwache Quelle bang.
    Ist von Apoll die Grotte auch verwaist,
Ihr Grab geworden nun der Musen Thron,
Belebt die Stätte doch ein sanfter Geist,
Schweigt in der Höhle, seufzt im Sturmesdrohn,
Schwebt auf des Baches Welle mit kristallnem Ton.«
    Mit feuchten Augen sah sie zu Marcus hin. Sanft nahm er ihr das Buch aus der Hand und küsste sie leicht auf die Lippen.
    »Deine Begeisterung für Poesie in allen Ehren«, sagte er, »aber leider herrscht zurzeit die Prosa. Ich muss dir die traurige Mitteilung machen, dass Ibrahim Pascha vor wenigen Tagen bei Methoni auf dem Peloponnes gelandet ist.«
    Fassungslos starrte ihn Mando an.
    »Unmöglich«, sagte sie schließlich, »jetzt, im Winter?«
    »Du reagierst genau wie unsere Feldherren. Niemand hatte mit einem Angriff im Winter gerechnet. Die Überraschung ist also gelungen.«
    »Es wird wieder dunkel werden auf dem Peloponnes«, murmelte Mando. Sie schrak zusammen, als ein Scheit im Kamin mit lautem Krachen auseinander fiel.
    »Daher gibt es jetzt so eine Art Waffenstillstand im Bürgerkrieg«, fuhr Marcus fort, »du hast ja mitgekriegt, dass Kolokotronis nach vier Monaten Haft aus dem Gefängnis in Hydra entlassen worden ist.«
    »Ich finde es empörend, dass unsere seltsame Regierung diesen Mann, der so viel für Griechenland getan hat, als Rebellen eingesperrt hat! Wer weiß, ob man ihn rausgelassen hätte, wenn es nicht so einen Aufstand unter seinen Männern gegeben hätte!«
    »Man hätte ihn auf jeden Fall freigelassen! Die Regierung weiß, dass ohne ihn ganz Griechenland wieder in türkische Hände fallen wird. Auf ihn und deinen Dimitri setzen alle Griechen jetzt die größte Hoffnung.«
    »Und auf Bobolina?«, fragte Mando spitz. »Das würde Dimitri freuen. Er schwärmt noch immer von den ersten Kriegsjahren, wo sie Nauplia mit ihren Schiffen und er die Stadt von der Landseite aus geschützt hat.«
    »Willst du denn wieder mitkämpfen?«, fragte Marcus, der wusste, dass Mando immer noch regelmäßig von Alpträumen heimgesucht wurde, in denen sie die Schlacht um Euböa wieder erlebte.
    »Nein«, sagte sie, »Pappas Mavros hat sich geirrt. Um ein guter Krieger zu sein, reicht es nicht, mit einem Schwert umgehen zu können.«
    Inzwischen konnte sie sich eingestehen, dass vor allem Abenteuerlust und Selbstüberschätzung sie am Anfang des Krieges geleitet hatten sich mit den türkischen Gegnern im Kampf zu messen. Nach dem Gefecht am mykoniatischen Strand hatte sie sich für unverwundbar gehalten und deshalb auf Euböa den Todesmut gezeigt, den Dimitri so an ihr bewundert hatte.
    Jakinthos' Tod war der Wendepunkt gewesen. Danach hatte sie zwar ihre Leute noch in vereinzelten Gefechten befehligt und sich auch an der Schlacht in Pylion beteiligt, aber dabei war die Angst ein ständiger Begleiter geworden. Generalleutnant Mando Mavrojenous sah sich nicht mehr in der Lage ihrem Vaterland mit dem Schwert in der Hand zu dienen. Außerdem plagten sie immer noch Schmerzen im Arm. Der Bruch war nach dem Sturz vom Pferd nur schlecht verheilt. Nein, Mando musste Griechenland jetzt auf andere Weise helfen. Aber wie? Ihre Finanzen waren aufgebraucht und die Damen in den europäischen Salons brauchte sie brieflich nicht mehr über die griechische Lage zu informieren, da deren Männer Griechenland bereits zu Hilfe geeilt waren.
    »Ich verkaufe den grünen Kasten«, beschloss sie.
    »Unmöglich«, erwiderte Marcus. »Das würde ich an deiner Stelle zuerst mit Dimitri besprechen. Sein Experte sollte eigentlich schon längst eingetroffen sein.«
    »Glaubst du wirklich, dass ein romantischer Altertumsforscher gerade jetzt in dieses Land kommen wird?«, unterbrach ihn Mando lachend. »Ich werde dem Käufer einfach versichern, dass diese wunderschöne Statue aus dem fünften Jahrhundert vor Christi stammt und von Phidias höchstpersönlich angefertigt worden ist!«
    »Welchem Käufer?«, fragte Marcus leise.
    Das war das Hauptproblem. Als Interessent fiel Mando nur der Sultan ein, denn ohne sicher zu sein, dass dieses Stück wirklich aus jener Zeit stammte, traute sie sich nicht, es einem europäischen Museum oder Sammler anzubieten.
    »Also gut, lassen wir den grünen Kasten aus dem

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