Die Rebellion der Maddie Freeman - Kacvinsky, K: Rebellion der Maddie Freeman - Awaken
jeden Tag vor, dass du jemanden triffst, der wild entschlossen ist, dein Leben auf den Kopf zu stellen.«
Clare betrachtete mich mit einem besorgten Gesichtsausdruck. »Er hat dir überhaupt keine Erklärung gegeben?«
Ich dachte einen Moment nach. »Na ja, er redet ständig darüber, die Welt zu verändern und gegen das System anzukämpfen. Aber warum benimmt er sich gerade bei mir so offen? Ich stehe kurz vorm DS4-Examen, gehe als Nächstes aufs College und bewerbe mich jetzt schon für Studienkurse in Computerrecht. Also wieso will er ausgerechnet mich bekehren?«
Clare sah mich vielsagend lächelnd an. »Du meinst, du hast nie daran gedacht, das DS-System zu ändern?«
Ich starrte sie an und war für einen winzigen Augenblick in Versuchung, ihr die Wahrheit zu sagen. Aber das Risiko konnte ich nicht eingehen. Ich hatte diesen Teil meines Lebens ausradiert, in die hinterste Ecke meines Bewusstseins verbannt und so sorgfältig versiegelt, dass ich fast überzeugt war, dieses Mädchen aus meiner Vergangenheit sei jemand ganz anderes gewesen.
»Doch, früher mal«, sagte ich. »Aber über die Phase bin ich hinweg. Jetzt bin ich reifer geworden und will aufs College.« Ich hörte selbst, wie gezwungen die Worte herauskamen, als wollte ich uns beide krampfhaft davon überzeugen.
»Ich finde, du solltest Justin darauf ansprechen«, sagte sie. »Garantiert hatte er einen guten Grund, dich auszuwählen. Er verschwendet seine Zeit nicht einfach so mit Leuten. Das habe ich inzwischen über Justin gelernt. Dafür kommt ihm jeder Moment zu kostbar vor.«
Ihre blauen Augen schauten mich ein paar Sekunden lang prüfend an, dann lachte sie in sich hinein.
»Was?«, fragte ich.
Sie schüttelte den Kopf. »Es ist ziemlich amüsant, Justin zu beobachten, wenn er in deiner Nähe ist.«
»Was soll das denn heißen?«
Ihr Lächeln wurde nachdenklicher. »Ich habe noch nie gesehen, dass er so auf jemanden reagiert. Du scheinst ihn regelrecht nervös zu machen.«
Mit einem Kopfschütteln meinte ich: »Das bezweifle ich sehr.«
Clare zuckte mit den Schultern. »Ich weiß auch nicht. Eigentlich schenkt Justin einer einzigen Person nie viel Aufmerksamkeit. Man hat den Eindruck, als würde er uns alle nur als Gesamtbild sehen. Aber dich bemerkt er.«
»Wahrscheinlich, weil er glaubt, dass ich nicht alle Tassen im Schrank habe.« Kaum hatte ich das gesagt, ging die Tür auf und Justin kam herausgeeilt. Als er uns beide sah, atmete er einmal tief durch.
»Hier steckst du«, sagte er gleichzeitig erleichtert und verärgert. »Ich habe dich überall gesucht.«
Ich warf Clare einen Blick zu und sie hob kurz eine Augenbraue.
»Mir geht es prima. Was hast du denn geglaubt, wo ich stecke?«
»Keine Ahnung. Ich dachte, vielleicht hat dich etwas erschreckt und du bist in Panik weggerannt.«
Ich kreuzte die Arme über der Brust. »Mag ja sein, dass ich ein behütetes Leben hatte, aber ich flippe nicht gleich aus, nur weil ich auf einem Livekonzert gelandet bin.«
Clare verschwand mit einer Entschuldigung nach drinnen und die Tür fiel hinter ihr zu. Als ich ihr gerade folgen wollte, stellte sich Justin mir in den Weg.
»Du hast deiner Mutter versprochen, nicht zu lange fortzubleiben«, erinnerte er mich.
»Sie wird darüber hinwegkommen«, sagte ich und versuchte, mich an ihm vorbeizudrängen. Aber Justin rührte sich nicht vom Fleck.
Sein Blick wurde ernst. »Du kannst ein anderes Mal hierher zurückkommen.«
Ich runzelte die Stirn und setzte eine ähnlich störrische Miene auf wie er. »Nein, ich bleibe hier.« Alles andere war mir egal. Mir kam es vor, als hätte ich gerade ein verlorenes Stück von mir selbst wiedergefunden und ich wollte es länger behalten.
»Ich rufe Mom an und sagte ihr, dass ich direkt nach Hause fahre, weil ich mich nicht gut fühle.«
»Und glaubst du wirklich, dass dein Vater dir das abkauft?«
»Ist mir egal. Ich will nicht weg. Hier gehöre ich hin, nicht auf einen Empfang der Digital School.«
Er schaute mich bittend an. »Madeline«, sagte er und stieß einen frustrierten Seufzer aus. Dann trat er einen Schritt auf mich zu und seine Augen bekamen einen unnachgiebigen Ausdruck. »Dein Anfall von Selbstbewusstsein ist ja sehr beeindruckend, aber im Moment haben deine Eltern nicht das geringste Vertrauen zu mir, also wirst du deine rebellische Seite nicht gerade jetzt ausleben. Oder willst du, dass sie mich nie wieder in einen Raum mit dir lassen?«
Bei diesen Worten zögerte ich und sah das
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