Die Rebellion der Maddie Freeman - Kacvinsky, K: Rebellion der Maddie Freeman - Awaken
zog. Beim Anblick der vielen langen, dünnen Narben auf seiner Brust blieb mir der Mund offen stehen. Die hellen Striemen reichten bis hinunter zur Taille. Durch die Narben wirkte Justin nur noch attraktiver auf mich. Sie waren sexy und ließen ihn aussehen wie einen Gladiator, der die Spuren seiner Kämpfe mit sich herumtrug.
Ich lehnte mich vor, um die Striemen näher zu betrachten. Der Unfall musste tatsächlich passiert sein, als er noch sehr jung war. Die Narben waren verblasst und hatten sich beim Wachsen gedehnt und geglättet, sodass nur diese hellen Spuren zurückgeblieben waren, die sich vom goldenen Ton seiner übrigen Haut abhoben.
»Sieht aus wie Brandnarben«, stellte ich fest.
Er nickte und nahm noch einen Schluck Wasser. Die Spuren auf seiner Haut schienen ihm nicht peinlich zu sein. Im Gegenteil, er wirkte eher stolz darauf.
»Was ist passiert?«
»Feuer hat mich immer fasziniert«, sagte er. »Schon als kleines Kind wurde ich geradezu magisch davon angezogen. Als ich drei Jahre alt war, haben meine Eltern mich auf einen Campingausflug mitgenommen.«
Er blinzelte in die Sonne, während er erzählte, und seine Augen nahmen im strahlenden Licht die Farbe von Bernstein an.
»Eines Abends haben sie ein Lagerfeuer gemacht und einen Moment nicht auf mich geachtet. Ich bin geradewegs auf die Flammen zugelaufen, über ein paar brennende Äste gefallen, und meine Brust war anschließend ziemlich verschmort.«
Wieder schaute ich auf die Narben und zuckte bei der Vorstellung zusammen.
»Das Seltsame war, dass ich nicht einmal geschrien habe, als es passiert ist. Sogar in dem Moment, als der erste Schock vorbei war und ich den Schmerz wirklich gespürt habe. Das Problem bei Verbrennungen ist, dass die Haut selbst dann noch weiter zerstört wird, wenn der Kontakt mit den Flammen schon vorbei ist. Deshalb behält man davon solche extremen Narben. Als der Unfall geschah, waren wir mitten in der Wildnis. Meine Eltern hatten nur ihre Wanderrucksäcke dabei, deshalb konnten sie nichts weiter tun, als meine Haut mit feuchten Tüchern zu umwickeln. Aber sie haben mir erzählt, dass ich dabei völlig ruhig blieb.« Er blinzelte zu mir herüber und grinste. »Seitdem machen meine Eltern gerne Scherze darüber, dass ich feuerfest bin.«
Ich betrachtete eine der auffälligeren Narben, die unter dem Schlüsselbein begann und die Brust entlanglief. Zögernd streckte ich die Hand aus und fuhr langsam mit dem Finger über die seltsam glatte Haut. Bei meiner Berührung hob sich Justins Brust zu einem scharfen Atemzug. Ich dachte, dass ich ihn vielleicht erschreckt hatte oder mein Finger zu kalt war. Als ich über die Narbenhaut rieb, fühlte sie sich dünn und empfindlich wie Seidenpapier an. Justin beobachtete mich mit zurückhaltender Vorsicht, aber er hielt mich nicht davon ab, ihn zu berühren.
Ich ließ die Hand sinken und schaute zur Seite. »Ein echtes Feuer habe ich noch nie gesehen«, sagte ich.
Justin lehnte den Kopf gegen die Seite des Sportwagens. »Es gibt nichts Schöneres.«
Skeptisch betrachtete ich seinen vernarbten Oberkörper. »Was ist daran schön?«
»Einfach alles. Das knisternde Geräusch, der Rauchgeruch, die Farbe der Flammen, die sich ständig verändern, von Blau zu Grün, Orange, Gelb, Purpurn. Die Bewegungen des Feuers können dich völlig gefangen nehmen. Es ist so atemberaubend, dass man es berühren möchte, auch wenn man weiß, dass man nicht darf. Ich glaube, darin liegt ein Teil der Faszination.«
Er schaute mich an und fuhr fort: »Die Wellen von glühender Hitze … das ist für mich das Beste daran.« Obwohl unsere Blicke sich begegneten, sah er mich nicht wirklich. Er malte sich die Szene aus, die er beschrieb, fühlte sie erneut. »Es gibt keine größere Naturgewalt als das Feuer. Aber die Menschen heutzutage hassen es, weil es sich nicht zähmen lässt.«
Ich schaute wieder auf seine vernarbte Brust. In der Digital School hatte ich gelernt, dass Feuer eine unkontrollierbare Bedrohung war und alles auffraß, was ihm im Weg stand. Ich wuchs mit Nachrichtenbildern von Waldbränden auf, von verkohlten Hausruinen, Kriegen, Bomben, Hitze – kein anderes Element hatte so viel Leben vernichtet wie Feuer. Inzwischen waren offene Flammen, Lagerfeuer und Holzöfen gesetzlich verboten.
»Für mich klingt es beängstigend«, sagte ich.
Er schüttelte den Kopf. »Aber das ist es nicht. Man hat dir beigebracht, das Feuer zu fürchten, dabei muss man es nur respektieren. Die Leute
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