Die Rebellion
Anwesenheit
in seinem Rücken spüren. Es war ein Gefühl, das ihm Sicherheit versprach. Er kurvte um einen weiteren Turm, so nah, daß
er die Fenster mit den Fingerspitzen hätte berühren können.
Dann tauchte vor ihm das Gebäude der Steuerbehörde auf,
haargenau dort, wo er es erwartet hatte. Im Chojiro-Turm.
Owen grinste wild und öffnete erneut den abgesicherten Kanal
zu Hazel.
»Wir sind beinahe da. Macht Euch bereit, Hazel. Und Hazel?
Benutzt den Zorn nur, wenn es unbedingt sein muß. Ihr wißt
noch längst nicht alles darüber. Es ist … unklug, ihn zu oft
einzusetzen.«
»Blabla. Manchmal kommst du mir vor wie eine alte Frau,
Todtsteltzer.«
Owen biß sich auf die Zunge und schluckte seine Antwort
herunter. Er konzentrierte sich auf den vor ihm aufragenden
Chojiro-Turm, verringerte die Energiezufuhr und wurde stetig
langsamer. Den Schild ließ er eingeschaltet. Die Tarneinrichtung des Gravschlittens sollte ihn unsichtbar machen, soweit es
die Sensoren des Turms betraf. Owen hatte keine Lust, überflüssige Risiken einzugehen, jetzt, da er so nah an seinem Ziel
war. Der Chojiro-Turm war das höchste und häßlichste Gebäude in der näheren Umgebung, ein glänzendes Monument aus
Glas und Stahl. Die Markierungen in den Clanfarben waren
nicht zu übersehen. Zweifellos strotzte der Turm auch vor verborgenen Waffen und anderen häßlichen Überraschungen. Die
Hadenmänner hatten Owen bei mehr als einer Gelegenheit versichert, daß sein und Hazels Schlitten sorgfältig präpariert
worden waren und sie unbehelligt an den Verteidigungseinrichtungen des Turms vorbeikämen, aber natürlich hatte es keine
Möglichkeit gegeben, das im voraus zu testen.
Owen zuckte innerlich die Schultern. Jetzt war es ein wenig
zu spät, um sich deswegen Gedanken zu machen. Entweder es
würde funktionieren wie geplant, oder er und Hazel würden
wie Fliegen auf einer Windschutzscheibe an den Energieschirmen des Turms zerplatzen, und die Rebellion würde zu einem
anderen Zeitpunkt beginnen müssen. Eigenartigerweise bemerkte Owen, daß ihn der Gedanke nicht sonderlich nervös
machte. Die Hadenmänner hatten ihm versichert, daß ihre Apparate wie vorgesehen arbeiten würden, und es gab keinen
Grund, ihnen zu mißtrauen. Jedenfalls nicht in dieser Hinsicht.
In jeder anderen vielleicht, aber nicht in dieser. Owen packte
die Kontrollen fester und lenkte den Schlitten direkt auf die
oberste Etage des Turms zu. Die Fenster sprangen ihm mit unglaublicher Geschwindigkeit entgegen, und er hatte kaum genug Zeit zu erkennen, daß er sicher die Schilde des Turms passiert hatte, bevor sein Gefährt durch das gepanzerte Stahlglas
eines Fensters krachte, als wäre es überhaupt nicht vorhanden.
Einige Meter hinter dem zersplitterten Glas kam der Schlitten
zum Stehen, und der Schild erlosch. Owen lockerte seinen verkrampften Griff um die Kontrollen und kletterte mit wackligen
Knien herunter. Er warf einen gehetzten Blick in die Runde,
doch die oberste Etage des Turms lag verlassen vor ihm, genau
wie vorhergesehen. Auf den dicken Teppichen standen nur
vereinzelte, schmucklose Möbel, und an den Wänden hingen
nur wenige Bilder. Originale selbstverständlich. Der ChojiroClan war für seine minimalistische Lebens Philosophie berühmt. Owen hoffte nur, daß diese Philosophie sich auch auf
die internen Sicherheitssysteme erstreckte, aber er hatte da seine Zweifel. Sein und Hazels Eindringen hatte mit Sicherheit
alle möglichen Alarmanlagen ausgelöst, und da die internen
Waffen ihnen genausowenig den Garaus gemacht hatten wie
die Schilde, standen die Chancen gar nicht schlecht, daß im
Augenblick eine kleine Armee schwer bewaffneter Männer auf
dem Weg nach oben war, um den Grund für den Alarm herauszufinden. Natürlich würden sie unten anfangen und Stockwerk
um Stockwerk durchkämmen müssen, um sicherzugehen. Das
würde Owen und Hazel genug Zeit geben. Jedenfalls mehr als
genug, damit sie sich um die Lektronen kümmern und wieder
verschwinden könnten. Theoretisch zumindest. Owen zog den
Disruptor und aktivierte den Schildprojektor an seinem Handgelenk. Das leichte Flimmern an seinem Unterarm und das
vertraute Summen gaben ihm ein Gefühl der Sicherheit.
Hazel trat hinzu, in jeder Hand eine Pistole. »Das Steuerbüro
befindet sich vier Stockwerke tiefer, richtig? Treppen oder
Aufzug?«
»Treppen natürlich. Die Zentralrechner des Turms könnten
die Aufzugkontrollen abschalten. Wart Ihr denn bei keiner
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