Die Rebellion
nach hinten,
dann knallte sie ihn mit brutaler Gewalt auf die gezackte Spitze
eines Stalagmiten. Die Spitze durchdrang den Kopf des Investigators und trat am rechten Auge wieder aus. Barrister zuckte
noch einmal, dann lag er still und hauchte in einem langen,
frustrierten Seufzer sein Leben aus. Ruby atmete schwer. Sie
hob ihr Schwert wieder auf und musterte den toten Barrister
aus sicherer Entfernung. Nur für den Fall. Er war immerhin ein
Investigator gewesen, oder? Zufrieden, daß er am Ende wirklich mausetot war, beugte sich Ruby vor und küßte ihn auf die
blutigen Lippen. Dann richtete sie sich wieder auf und blickte
sich nach Jakob Ohnesorg um.
Der Kampf war so gut wie vorüber. Die Rebellen hatten den
Vorteil der Stellung und der Überraschung auf ihrer Seite gehabt, und sie waren mit der Umgebung vertraut. Trotz all ihrer
Erfahrung und Wut hatten die Gläubigen und die Söldner der
Wolfs niemals auch nur den Hauch einer Chance besessen. Die
meisten von ihnen waren tot. Die wenigen Überlebenden hatten
einen trotzigen Kreis um Klipp gebildet, den letzten lebenden
Investigator. Ruby Reise trat neben Jakob Ohnesorg, der Klipp
ansah. Klipp blickte von einem zum andern, während Blut von
ihrer Klinge tropfte. Dann grinste sie plötzlich, wandte sich um
und rannte über einen unbewachten Weg aus der Kaverne. Die
anderen beeilten sich, ihr zu folgen. Die Ausgestoßenen ließen
sie gehen. Irgend jemand mußte den Wolfs schließlich vom
großen Sieg der Rebellen berichten.
Die Schlacht war vorbei. Die Ausgestoßenen schritten durch
die Reihen der Verwundeten, töteten leidenschaftslos die Feinde und taten für ihre Kameraden, was sie konnten. Im Untergrund gab es keinen Platz für Gefangene, und der lange Transport zu den Barmherzigen Schwestern hätte die Verwundeten
so oder so umgebracht. Ohnesorg und Ruby steckten die
Schwerter weg und gingen, um nach Alexander Sturm zu suchen, den Schwertkämpfer, der seine besten Tage schon lange
hinter sich hatte und der das letzte Mal gesehen worden war,
als er Investigator Klipp gegenüberstand. Sie bewegten sich
zwischen den Toten hindurch und drehten gelegentlich einen
Leichnam auf den Rücken, um in das blutbefleckte Gesicht zu
blicken, aber Sturm war nicht unter den Gefallenen. Schließlich
fanden sie ihn. Er hatte sich in einem getarnten Hohlraum versteckt, ein gutes Stück weg vom Ort des Geschehens. Er war
unverletzt. Sturm blickte zu Ruby und Jakob auf, und in seinem
Gesicht stand nichts als Wut und Zurückweisung.
»Ich bin weggerannt«, sagte er trotzig. »Jeder mit gesundem
Menschenverstand hätte das gleiche getan, wenn er sich einem
Investigator gegenüber gesehen hätte. Ich bin nicht übermenschlich schnell oder stark wie ihr beide. Ich war kein Gegner für sie, und wir beide wußten es. Also wandte ich mich zur
Flucht, und sie ließ mich gehen. Sie hatte wichtigere Dinge zu
tun, als hinter einem alten Mann herzujagen. Wie gefährlich
konnte ein alter Trottel schon werden?«
»Du hast dich prima geschlagen, bis sie gekommen ist«, widersprach Ohnesorg. »Du hast gekämpft wie früher.«
»Ich war müde, mir tat alles weh, und ich war völlig außer
Atem«, entgegnete Sturm. »Ich kann nicht mehr kämpfen wie
früher. Ich bin ein alter Mann, der seine besten Jahre hinter
sich hat. Genau wie es bei dir der Fall war. Nur, daß du dich
verändert hast. Du bist nicht mehr der gleiche, oder?«
»Alex …«
»Ich habe dich kämpfen sehen. Kein Mensch ist so schnell
und stark. Nicht einmal der Jakob Ohnesorg der Legende. Ich
erkenne dich nicht mehr wieder, Jakob. Was bist du? Eine Furie? Ein Hadenmann? Ein fremdes Wesen? Ich glaube jedenfalls nicht, daß du noch ein Mensch bist.«
»Ich bin dein Freund«, antwortete Ohnesorg. »Genau wie
früher. Ich bin immer dein Freund gewesen.«
»Nein, das bist du nicht. Du siehst von Tag zu Tag jünger
aus. Niemand kann dir widerstehen, nicht einmal ein Investigator. Was auch immer du jetzt bist, du hast nichts mehr gemeinsam mit Menschen wie mir. Vielleicht bist du ja wirklich gestorben, als das Imperium dich gefangen hat. Oder zumindest
der Jakob Ohnesorg, den ich kannte.«
Sturm schob sich an Ohnesorg und Ruby Reise vorbei und
ging davon. Ohnesorg rannte hinterher. »Alex, bitte … Ich
brauche dich.«
Ruby legte Ohnesorg eine Hand auf den Arm und unterbrach
ihn. »Laß ihn gehen. Er hat recht. Wir sind nicht mehr die gleichen Leute wie früher. Wir sind besser. Und du brauchst ihn
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