Die Rebellion
das hier übernehmen
können. Valentin wird nicht den weiten Weg nach Technos III kommen wollen, weg von den giftigen Substanzen, an denen er
so sehr hängt, nur um eine blöde Fabrik zu leiten, und wir sind
die einzigen aus der Familie, denen er hier vertrauen kann. Sobald wir bewiesen haben, daß wir die Dinge im Griff haben,
wird er uns in Ruhe lassen und seine Aufmerksamkeit auf andere Geschäfte richten. Am Ende können wir sogar heiraten.
Valentin wird keine Einwände erheben, nicht, wenn wir ihn
darauf hinweisen, daß es der einzige Weg ist, die Fabrik in der
Familie zu halten.«
»Hast du eigentlich niemals Schuldgefühle?« fragte Michael.
Er schob Lily plötzlich von sich fort. Sie verlor das Gleichgewicht und stolperte einen Schritt nach hinten. Lily sah sehr zart
und zerbrechlich aus mit ihren großen dunklen Augen, schwarz
wie die Nacht. Michael hatte Mühe, sich auf das zu konzentrieren, was er sagen wollte. »Wir sind immerhin mit ihnen verheiratet. Sie machten uns zu Wolfs. Zu Aristokraten. Ich war ein
Buchhalter, und du warst eine Bibliothekarin und eine unbedeutende Tarot-Wahrsagerin. Wenn ich dich nicht kennengelernt hätte, wäre ich mehr als glücklich, mit einer Wolf verheiratet zu sein und das luxuriöse Leben eines Aristokraten führen
zu dürfen.«
»Aber wir haben uns getroffen«, widersprach Lily und trat
wieder so nah heran, daß ihr Atem süß in Michaels Mund duftete. »Und du liebst mich, genau wie ich dich liebe, mehr als
das Aristokratsein, mehr als das eigene Leben. Wenn wir nicht
Zusammensein können, ist mir alles andere auch egal. Schuldgefühle? Was hat das mit alledem zu tun? Daniel hat niemals
versucht, ein Ehemann für mich zu sein. Er hat mich nie geliebt, mich nie gemocht und nie einen Augenblick in meiner
Gesellschaft verbracht, wenn er nicht unbedingt mußte. War
Stephanie etwa jemals anders? Hat sie sich je einen Dreck um
dich gekümmert? Außer als modisches Anhängsel, als großen
Muskelberg, mit dem sie bei Hofe prahlen konnte? Jakob Wolf
hat unsere Hochzeiten nur deswegen arrangiert, weil er ein paar
kleinere Geschäfte in die Familie bringen wollte, die er niemand anderem überlassen konnte. Unsere Familien verkauften
ihm die Geschäfte zusammen mit uns wegen der hohen Aussteuer, die er ihnen bot. Niemand hat uns gefragt. Niemand hat
uns jemals nach unserer Meinung gefragt.«
Michael nickte zögernd und schloß Lily erneut in die Arme.
Sie kuschelte sich zufrieden an ihn, und eine Weile standen sie
schweigend beisammen.
»Nun?« erkundigte sich Lily schließlich. »Wirst du es tun?
Wirst du mir helfen, die Bomben zu plazieren?«
»Natürlich werde ich. Ich konnte dir noch nie etwas abschla
gen. Aber Lily … Ich möchte nicht, daß wir uns Illusionen
über uns machen. Selbst wenn wir Daniel und Stephanie töten
und ungeschoren davonkommen, gibt es keine Zukunft für unsere Liebe. Leute wie wir finden kein glückliches Ende. Valentin und Konstanze werden einen offenen Krieg um die Kontrolle über die Fabrik vom Zaun brechen, und wir werden ihnen
dabei nur im Weg stehen. Sie werden nicht erlauben, daß wir
heiraten. Sie werden uns eher voneinander trennen und an entgegengesetzte Enden des Universums verfrachten, als daß sie
zusehen, wie wir eine gemeinsame Machtbasis gründen. Sie
werden unsere Liebe ganz nebenbei zerstören, ohne sich auch
nur anzustrengen … weil sie die Macht dazu haben.«
»Es muß nicht so weit kommen«, widersprach Lily, ohne den
Kopf zu heben. »Wir sind nur kleine Fische, Michael. Konstanze und Valentin werden so beschäftigt sein, sich gegenseitig zu bekämpfen, daß sie von uns gar keine Notiz nehmen, bis
es zu spät ist. Selbst die kleinste Schlange, die unbeobachtet
durch das hohe Gras kriecht, kann ein tödliches Gift verspritzen. Wir werden sie stürzen, mein Liebster. Wir werden alle
zerstören, weil sie uns nicht mögen.«
»Träum nur weiter, kleines Mädchen«, sagte Michael sanft.
»Vielleicht kommt es ja so, wie du dir denkst, vielleicht aber
auch nicht. Es spielt keine Rolle. Ich will lieber mit dir zusammen verdammt sein, als ohne dich leben zu müssen.«
Etwa um die gleiche Zeit, als verschiedene Wolfs verschiedene
Ränke schmiedeten, wurde eine normale Propagandaübertragung von Technos III , die ein zögernder Toby Shreck moderierte, von einem plötzlichen Ausbruch von Statik unterbrochen. Die Zuschauer erhaschten einen kurzen Blick auf Toby
den Troubadour, der den Blick von der Kamera
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