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Die Rebellion

Die Rebellion

Titel: Die Rebellion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon R. Green
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ihr Spiegelbild in der
Mattscheibe des Schirms. Sie besaß scharf geschnittene Gesichtszüge, und ihr purpurroter Mund war zu einer schmalen,
wütenden Linie zusammengepreßt. Die Augen waren dunkel
und strahlten Entschlossenheit aus, und ihre Nase war ungewöhnlich stark nach oben geschwungen. Damals war es ihr als
guter Einfall erschienen. Adrienne trug das goldene Haar noch
immer lang und füllig, obwohl es im Augenblick ein wenig
ungepflegt wirkte. Alles in allem hatte Adrienne bereits besser
ausgesehen. Bedeutend besser.
    Sie seufzte und lehnte sich in ihrem Sitz zurück. Adrienne
fühlte sich zu müde und enttäuscht, um lange wütend zu bleiben. Wie tief war sie nur gefallen, daß sie hier enden mußte, in
diesem Loch. Ein schmutziges Wrack in einem schmuddeligen
Appartement, das versuchte, sich Einladungen und Unterstützung zu verschaffen von niedrigeren Familien und langweiligen Bekanntschaften, die sie nur wenige Monate zuvor
verächtlich abgelehnt hätte. Nicht, daß Adrienne exzentrisch
war. Sie war immer stolz darauf gewesen, daß sie alle
Menschen gleichermaßen verachtete.
    Und jetzt saß sie hier und versuchte, ihre Position mit Hilfe
der einzigen Karte zu verbessern, die sie noch ausspielen konnte: Finlay.
    Er hatte es fertiggebracht, spurlos zu verschwinden, und
Adrienne damit ziemlich überrascht. Der Finlay, den sie kannte, war ein Dilettant gewesen, in jeder Beziehung. Aber eine
Menge Leute suchten ihn trotzdem, aus Gründen, die man
Adrienne nicht verraten wollte, und sie wollten über sie an ihn
herankommen. Entweder durch Bestechung oder durch Drohungen. Adrienne wußte nichts – was sie nicht davon abhielt,
das Geld zu nehmen und Finlays Verfolger mit Hinweisen und
falschen Fährten so lange hinzuhalten, bis sie ihr schließlich
auf die Schliche kommen würden. Die Drohungen ignorierte
sie. Robert und seine Freunde beim Militär schützten Adrienne,
und jeder wußte das. Niemand wollte sich in einer offenen
Konfrontation mit dem Militär die Finger verbrennen, und das
wegen einer Information, von der noch nicht einmal sicher war,
ob Adrienne sie besaß. Die Flotte hatte ein langes Gedächtnis,
was diese Dinge anging, und außerdem war sie nachtragend.
Also spielte Adrienne unbehelligt ihre Spielchen, ein kleiner
Fisch in einem großen Teich, während sie versuchte, nicht von
den großen Haien gefressen zu werden.
    Sie ging davon aus, daß sie gegenwärtig nicht im Spiel war.
Immerhin lebte sie noch – wenn man das Leben nennen wollte.
Adrienne schniefte wütend und funkelte ihr Spiegelbild in der
Mattscheibe an. In letzter Zeit hatte sie eine Menge nachgedacht und war zu der unbequemen Schlußfolgerung gelangt,
daß sie sich selbst nicht besonders mochte. Adrienne war immer so sehr damit beschäftigt gewesen, alles negativ zu sehen,
daß sie nichts Positives mehr erkennen konnte. Nicht einmal
sich selbst. Aber sie wußte, daß sie zumindest in einer Beziehung richtig gehandelt hatte. Adrienne hatte ihre Persönlichkeit
mit Umsicht und Vorsatz entwickelt. Sie war rauh und kompromittierend, weil es die einzige Möglichkeit für sie war, etwas zu erreichen. Wenn man weich war, wurde man nur verletzt oder schlimmer noch: getötet. Die gehobenen Gesellschaftsschichten glaubten an das Gesetz des Stärkeren. Das
Überleben der Tüchtigsten. Außerdem hatte Adrienne stets
genossen, laut, widerlich und rüde zu sein. Vielleicht nur aus
dem einen Grund, weil sie so gut darin war. Doch all ihre Stärke und Härte und ihre schlaue, böswillige Zunge hatten sie
nicht retten können, als es dem Feldglöck-Clan an den Kragen
gegangen war.
    Wenigstens ihre Kinder waren an einem sicheren Ort, in einer Kadettenanstalt. Nicht genau die Zukunft, die Adrienne für
den Nachwuchs geplant hatte, aber zumindest ein sicherer Zufluchtsort. Robert hatte es arrangiert. Eigenartig, der Gedanke,
daß der naive junge Mann mit dem unsicheren Lächeln jetzt
der Feldglöck war. Das Oberhaupt der Familie. Niemand außer
Finlay konnte Robert diesen Anspruch streitig machen, und
Finlay hatte all seine Ansprüche auf Titel und Besitz aufgegeben, als er Hals über Kopf in den Untergrund geflüchtet war.
Nur noch ein paar weit entfernte Vettern und Basen hatten
überlebt, die überhaupt für eine Erbfolge in Betracht kamen,
und die hielten sich noch immer versteckt. Sie warteten die
Zeit ab, bis der Sturm sich gelegt und das Wasser sich wieder
beruhigt hatte. Der Rest war tot

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