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Die Rebellion

Die Rebellion

Titel: Die Rebellion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon R. Green
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ihr Markenzeichen. Evangeline bemerkte, daß sie noch immer die schwere Schere in der
Hand hielt, und warf die improvisierte Waffe auf einen nahegelegenen Stuhl. Sie wollte nicht in Versuchung geraten. Adrienne sah sich mit leicht erhobenen Augenbrauen in Evangelines
Wohnung um. In ihrem Blick stand deutlich zu lesen, daß sie
schon geschmackvollere Einrichtungen gesehen hatte, aber zu
gut erzogen war, um darüber zu sprechen. Mit untrüglichem
Instinkt suchte sie sich den bequemsten Sessel aus und sank
mit einer graziösen Bewegung hinein. Sie lächelte großzügig
und wartete geduldig, während Evangeline einen Stuhl heranzog und ihr gegenüber Platz nahm. Adriennes Gebaren hatte
etwas von einer Imperatorin an sich, die einen ihrer Untertanen
besucht, doch Evangeline nahm es nicht persönlich. So war
Adrienne eben. Sie mochte in Ungnade gefallen sein, aber sie
war nicht tief gefallen. Evangeline verspürte noch immer das
Bedürfnis, ihr eine Ohrfeige zu geben, und wenn es nur aus
Prinzip war. Ein Kichern drang über ihre Lippen, doch sie beherrschte sich rasch. Jetzt war nicht die Zeit für hysterische
Anfälle. Evangeline rückte ihren Stuhl zurecht und blickte
Adrienne kühl und gelassen in die Augen.
»Finlay hat Euch nie geliebt«, begann sie tonlos. »Das müßt
Ihr doch wissen.«
»Oh, natürlich weiß ich das. Ich habe ihn ebenfalls nie geliebt. Unsere Heirat wurde aus familiären und geschäftlichen
Gründen arrangiert. Damals erschien es allen Beteiligten als
gute Idee. Wir hätten es vielleicht schaffen können, aber wir
stritten bereits, als wir die Kirche verließen, und danach wurde
es nur noch schlimmer. Finlay hatte seine Frauen, und ich hatte
meine Männer, und wir nahmen es beide sehr gefaßt hin. Ihr
seht schockiert aus, meine Liebe. Ihr habt doch nicht ernsthaft
geglaubt, daß Ihr seine erste Liebe wart?«
»Nein. Finlay hat zwar nie über die anderen Frauen gesprochen, aber ich wußte Bescheid. Es spielte keine Rolle. Er hat
sie nie geliebt, jedenfalls nicht auf die Art und Weise, wie er
mich liebt. Ich bin lediglich überrascht, weil Ihr zugebt, daß
auch Ihr Eure Liebhaber hattet. Ich hätte nicht gedacht, daß Ihr
überhaupt lieben könnt .«
»Oh, auch ich hatte meine schwachen Augenblicke, liebe
Evangeline. Ihr wärt überrascht, wenn Ihr wüßtet, wie viele
Männer eine geheime Schwäche für starke Frauen besitzen. In
mehr als einer Hinsicht, meine ich.«
»Warum seid Ihr hergekommen, Adrienne?«
»Ich … ich muß mit Euch reden. Wegen Finlay. Ich hätte geschworen, daß Finlay sich nicht mehr um mich sorgt als ich
mich um ihn. Bis zu dem Tag, an dem die Wolfs uns die Vendetta erklärten und unseren Clan bei einem Familientreffen
überfielen. Als ich schwer verletzt war und in Lebensgefahr
schwebte, hat er sein eigenes Leben riskiert, um mich zu retten.
Er hat mich sogar hierher zu Euch gebracht, wo ich Schutz
fand. Ich frage mich nur, ob … ob Ihr den Grund dafür kennt?«
Evangeline nickte zögernd. »Er hat gesagt, daß Ihr sehr tapfer wart. Daß man Euch verwundete, als ihr gekämpft habt, um
den Clan zu schützen. Er achtet Euer Verhalten.«
»Der Finlay, den ich kannte, war ein Stutzer und Tunichtgut«, sagte Adrienne. »Er trug zwar ein Schwert, aber ich habe
nie gesehen, daß er es gezogen hätte. Er ist nie mit mir in die
Arena gegangen. Er hat erzählt, daß er beim Anblick von Blut
in Ohnmacht fallen würde. Aber als die Wolfs den FeldglöckTurm überfielen, ist er mit Schwert und Pistole zwischen sie
gefahren, als hätte er in seinem ganzen Leben nichts anderes
getan. Um mich zu retten, hat er gegen ein ganzes Dutzend
Verfolger gekämpft, alles ausgebildete Kämpfer, und sie besiegt. Und jetzt habe ich gehört, daß er trotz aller Sicherheitsmaßnahmen und Wachen den berüchtigten Saint John getötet
hat und entkommen ist. Ich kann mir nicht helfen, aber ich habe das Gefühl, daß es noch einen anderen Finlay gibt – einen,
den ich niemals kennengelernt habe.«
»Ihr habt recht. Es gibt einen anderen.«
»Könnt Ihr mir mehr darüber verraten?«
»Ich denke nicht, daß ich sein Geheimnis preisgeben darf. Ihr
werdet Finlay selbst fragen müssen. Nur soviel: Finlay ist der
tapferste und mutigste Mann, den ich jemals getroffen habe.
Der Stutzer war nur eine Maske, die er trug, um Leute wie
Euch auf Distanz zu halten. Um zu verhindern, daß jemand den
wirklichen Finlay erkannte.«
»All die Jahre mit ihm verheiratet, und ich habe

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