Die rebellische Republik / Warum wir uns nicht für dumm verkaufen lassen
Andreas Baader wird von Ulrike Meinhof in Westberlin bei einem bewachten Bibliotheksbesuch aus dem Gefängnis Tegel befreit, wo er wegen Kaufhaus-Brandstiftungen ohne Verletzte drei Jahre absitzen sollte. Bei der Aktion wird ein Wachmann angeschossen. Baader, Meinhof und andere gehen in den Untergrund und gründen die »Rote Armee Fraktion« ( RAF ).
5 . 6 . 1970 : Das RAF -Gründungsdokument »Die Rote Armee aufbauen« von Andreas Baader erscheint im Berliner Anarchistenblatt
883 .
»Die Baader-Befreiungs-Aktion haben wir nicht den intellektuellen … zu erklären, sondern den potentiell revolutionären Teilen des Volkes. … die die Tat sofort begreifen können, weil sie selbst Gefangene sind. Die auf das Geschwätz der ›Linken‹ nichts geben können, weil es ohne Folgen und Taten geblieben ist … die für die Ausbeutung, die sie erleiden, keine Entschädigung bekommen durch Lebensstandard, Konsum, Bausparvertrag, Kleinkredite, Mittelklassewagen. Die sich den ganzen Kram nicht leisten können, die da nicht dran hängen.
Denen … habt ihr zu sagen, daß jetzt Schluß ist, daß es jetzt los geht, daß die Befreiung Baaders nur der Anfang ist … daß wir die Rote Armee aufbauen, das ist ihre Armee … daß es jetzt losgeht, … daß das sozialdemokratischer Dreck ist, zu behaupten, der ganze Schweinkram ließe sich unterwandern, nasführen, überrumpeln, einschüchtern, kampflos abschaffen. … daß die Revolution kein Osterspaziergang sein wird …
Ohne gleichzeitig die Rote Armee aufzubauen, verkommt jeder Konflikt, jede politische Arbeit im Betrieb und im Wedding und im Märkischen Viertel und in der Plötze und im Gerichtssaal zu Reformismus … können die Schweine alles machen: Einsperren, Entlassen, Pfänden, Kinder stehlen, Einschüchtern, Schießen, Herrschen.
Denen habt ihrs klar zu machen, die von der Ausbeutung der Dritten Welt … nichts abkriegen, die keinen Grund haben, sich mit den Ausbeutern zu identifizieren … Das Proletariat organisieren. Mit dem bewaffneten Widerstand beginnen! DIE ROTE ARMEE AUFBAUEN! « [683]
1 . 6 . 1972 : Nach Anschlägen und einer bundesweiten Fahndung wird Baader gemeinsam mit Jan-Carl Raspe und Holger Meins in Frankfurt am Main festgenommen.
7 . 6 . 1972 : Gudrun Ensslin wird in einer Hamburger Modeboutique festgenommen.
9 . 9 . 1974 : Holger Meins stirbt in Stammheim an den Folgen eines Hungerstreiks.
15 . 9 . 1972 : Ulrike Meinhof wird in einer Wohnung bei Hannover festgenommen.
24 . 4 . 1975 : Sechs RAF -Mitglieder überfallen die deutsche Botschaft in Stockholm und nehmen siebenundzwanzig Geiseln, um die Stammheimer RAF -Häftlinge freizupressen. Während der Aktion werden die Botschaftsattachés Andreas von Mirbach und Heinz Hillegaart erschossen.
9 . 5 . 1976 : Nach Streits unter den Gefangenen begeht Ulrike Meinhof in ihrer Zelle in Stuttgart-Stammheim Selbstmord.
19 . 6 . 1976 : Der Bundestag beschließt die ersten Anti-Terror-Gesetze, unter anderem die Aufnahme des § 129 a über die Bildung terroristischer Vereinigungen ins Strafgesetzbuch. Damit werden deren Mitglieder härter verfolgt und bestraft als die einer »ehrbaren« Raubmörderbande. Nachdem mehrere völlig Unschuldige eingesperrt und abgeurteilt wurden, stoppte der BGH im Mai 1990 die »uferlose Ausweitung der Strafvorschriften gegen Terroristen« [684] . Kritiker sehen die eigentliche Funktion des § 129 a ohnehin im Ausspionieren Andersdenkender. [685]
1977 : Der »Deutsche Herbst«
7 . 4 . 1977 : Generalbundesanwalt Siegfried Buback, sein Fahrer Wolfgang Göbel und Fahrbereitschaftsleiter Georg Wurster werden in Karlsruhe im Auto erschossen.
30 . 7 . 1977 : Dresdner-Bank-Chef Jürgen Ponto wird in seinem Haus in Frankfurt am Main erschossen.
28 . 4 . 1977 : Baader, Raspe und Ensslin werden in Stuttgart zu lebenslanger Haft verurteilt.
5 . 9 . 1977 : Arbeitgeberpräsident Hanns-Martin Schleyer wird in Köln während der Heimfahrt entführt, sein Fahrer und zwei Polizisten erschossen. Die RAF will mit dem Kidnapping die Stammheimer »politischen Gefangenen« freipressen.
29 . 9 . 1977 : Während der Entführung verabschiedet der Bundestag im Eiltempo das Kontaktsperregesetz, das den inhaftierten RAF -Häftlingen für bis zu 30 Tage jeden Kontakt untereinander und mit ihren Anwälten verbietet.
13 . 10 . 1977 : Ein palästinensisches Kommando entführt aus Solidarität eine Lufthansa-Maschine mit
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