Die rebellischen Roboter: Science-fiction-Roman
Verständnis für das, was im Leben die wahren Werte sind, das muß ich Ihnen lassen. Ich bin schon vielen Leuten begegnet, aber Sie stoßen stets zum Kern der Dinge vor.«
Das Simulacrum streckte die Hand aus und klopfte mir auf die Schulter.
»Ich glaube, zwischen uns besteht ein Band, Louis. Sie und ich haben viel gemeinsam.«
»Ich weiß«, sagte ich. »Wir sind einander ähnlich.«
Wir waren beide tief gerührt.
XV
Das Lincoln-Simulacrum übte mit mir geraume Zeit, was ich am Telefon zu Mrs. Silvia Devorac sagen sollte. Ich sagte es mir immer wieder vor, war aber von einer schrecklichen Vorahnung erfüllt.
Endlich war ich soweit. Ich suchte ihre Nummer im Telefonbuch heraus und wählte. Nach einigen Augenblicken meldete sich eine melodische, kultivierte Frauenstimme: »Ja?«
»Mrs. Devorac? Entschuldigen Sie die Störung. Ich bin interessiert an Green Peach Hat und Ihrem Projekt, es abreißen zu lassen. Mein Name ist Louis Rosen, und ich bin aus Ontario in Oregon.«
»Ich hatte keine Ahnung, daß unser Komitee in so großer Entfernung Aufmerksamkeit erregt hat.«
»Ich wollte eigentlich nur wissen, ob ich ein paar Minuten bei Ihnen vorbeikommen kann, mit meinem Anwalt, um mit Ihnen zu sprechen.«
»Mit Ihrem Anwalt! Du meine Güte, ist etwas nicht in Ordnung?«
»Ja, aber es hat nichts mit Ihrem Komitee zu tun«, sagte ich. »Es hängt zusammen mit – « Ich warf einen Blick auf das Simulacrum; er nickte mir zu. »Nun«, sagte ich schwerfällig, »es hängt zusammen mit Sam K. Barrows.«
»Verstehe.«
»Ich kenne Mr. Barrows durch eine unerfreuliche Geschäftsbeziehung, die ich mit ihm in Ontario hatte. Ich war der Meinung, Sie könnten mir vielleicht behilflich sein.«
»Sie haben einen Anwalt, sagten Sie… Ich weiß nicht, was ich für Sie tun könnte, wozu er nicht auch in der Lage wäre.« Mrs. Devoracs Stimme klang ruhig und entschieden. »Aber Sie können gerne vorbeikommen, wenn wir uns auf, sagen wir, eine halbe Stunde beschränken; ich erwarte um acht Uhr Gäste.« Ich bedankte mich und legte auf.
»Ordentlich gemacht, Louis«, sagte der Lincoln und stand auf. »Wir fahren sofort mit dem Taxi hinüber.« Er ging zur Tür. »Warten Sie«, sagte ich.
Er schaute sich um. »Ich kann das nicht.«
»Dann gehen wir eben spazieren«, sagte das Simulacrum. Er hielt mir die Tür auf. »Genießen wir die Nachtluft, sie riecht nach Gebirge.«
Wir gingen nebeneinander auf dem dunklen Gehsteig.
»Was, glauben Sie, wird aus Miß Pris werden?« fragte das Simulacrum.
»Sie wird zurechtkommen. Sie wird bei Barrows bleiben. Er wird ihr alles geben, was sie sich im Leben wünscht.«
Der Lincoln blieb an einer Tankstelle stehen.
»Sie werden Mrs. Devorac noch einmal anrufen müssen, um ihr zu sagen, daß wir nicht kommen.« Es gab dort eine Sprechzelle. Ich betrat die Zelle und wählte noch einmal Mrs. Devoracs Nummer. Mir war noch schlimmer zumute als beim erstenmal. Ich konnte die Wählscheibe kaum richtig drehen.
»Ja?« sagte die höfliche Stimme an meinem Ohr.
»Hier ist noch einmal Mr. Rosen. Es tut mir leid, aber ich fürchte, ich habe meine Fakten noch nicht völlig in Ordnung, Mrs. Devorac.«
»Und Sie wollen den Besuch bei mir verschieben?«
»Ja.«
»Gut. Wann immer Sie wollen. Mr. Rosen, bevor Sie einhängen – sind Sie schon einmal in Green Peach Hat gewesen?« »Nein.«
»Es ist sehr schlimm.«
»Wundert mich nicht.«
»Bitte, versuchen Sie, dort vorbeizuschauen.«
»Okay, mache ich«, sagte ich. Sie legte auf. Ich stand da, den Hörer in der Hand, dann hängte ich endlich ein und verließ die Zelle.
Der Lincoln war nirgends zu sehen.
Ist er verschwunden? fragte ich mich. Bin ich jetzt allein? Ich starrte in die Dunkelheit.
Das Simulacrum saß im Tankstellengebäude, einem Halbwüchsigen im weißen Overall gegenüber; er schaukelte mit dem Stuhl und unterhielt sich. Ich öffnete die Tür.
»Gehen wir«, sagte ich. Das Simulacrum verabschiedete sich von dem Jungen, und wir gingen schweigend weiter.
»Warum machen wir nicht einen kurzen Besuch bei Miß Pris?« sagte das Simulacrum.
»O nein«, sagte ich entsetzt. »Heute abend fliegt vielleicht noch eine Maschine nach Boise. Wir sollten sie nehmen.« »Sie macht Ihnen Angst. Außerdem würden wir sie und Mr. Barrows zu Hause auch gar nicht vorfinden. Sie sind zweifellos unterwegs und amüsieren sich. Der Junge in der Tankstelle sagte mir, daß weltberühmte Leute aus der Unterhaltungsbranche in Seattle auftreten. Ich glaube, er sagte, daß zur Zeit
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