Die Rebenprinzessin
Antwort zu geben. Aber die Frage nach dem Grund seines Aufenthaltes auf der Katzenburg war im Moment die kleinere ihrer Sorgen.
»Bella, glaubst du mir?«, fragte Martin flehend. »Bitte, ich wäre nicht hier, wenn ich es böse mit dir meinen würde. Ab sofort sage ich dir die Wahrheit, egal, worum es geht.«
Bella sah ihn nun direkt an. »Dann will ich dir auch etwas mitteilen. Du kannst entscheiden, ob du mich danach noch willst.«
Martin versuchte sich an einem empörten Lachen, das sich allerdings anhörte, als atmete er stoßweise. »Natürlich will ich dich noch! Warum bin ich wohl hier? Ich wollte gerade über die Mauer klettern und dich aus diesem vermaledeiten Gefängnis holen.«
»Auch wenn ich dein Kind unter dem Herzen trage?«
Jetzt klappte Martin die Kinnlade herunter. »Du tust … was?« Er rang nach Worten, fand aber keine.
Bella nickte und umschlang fröstelnd ihre Schultern.
Martin schnappte überrascht nach Luft und wusste einen Moment lang nicht, was er sagen sollte. Was bist du so erstaunt?, überlegte er. Immerhin hast du ihr die Unschuld genommen. Dann riet ihm eine leise Stimme in seinem Innern: Na los, du Dummkopf, geh zu ihr.
Ohne ein Wort zu sagen, ging er auf Bella zu und schloss sie in seine Arme.
Bella sah ihm in die Augen und verharrte noch eine Weile in ihrer Pose. Dann ließ sie ihre Schultern los und fiel weinend in seine Umarmung. Auch Martin stiegen die Tränen in die Augen. Es waren allerdings nicht wie bei Bella Tränen der Verzweiflung, sondern der Freude. Ich werde Vater, dachte er. Bella trägt mein Kind.
»Da gibt es doch nichts zu weinen«, flüsterte er ihr leise ins Ohr. »Ich werde zu dir halten, egal was kommt.«
Darauf weinte Bella nur noch heftiger. Fast fürchtete Martin schon, dass sie damit die Klosterfrauen aufweckte, und am liebsten hätte er sie auf der Stelle auf seine Arme gehoben und mitgenommen. Doch solch eine harsche Geste scheute er nun, da er um ihren Zustand wusste.
»Bella«, flüsterte er und strich ihr beschwichtigend über den Rücken. »Beruhige dich. Ich habe doch gesagt, dass ich mich zu dem Kind bekennen werde. Und wenn du willst, heiraten wir auf der Stelle. Mir ist egal, wer dein Vater ist und was der meine dazu sagt. Wir bleiben zusammen, auch wenn wir dann von hier weggehen müssen. Allerdings …« Martin brach ab. In seinem Überschwang hätte er ihr beinahe von dem Unheil erzählt, das ihrem Vater und ihrem Weinberg drohte. Aber obwohl sie es erfahren musste, hatte es noch einen kleinen Augenblick Zeit. Jetzt hatten sie andere Sorgen.
»Allerdings?«, horchte sie dennoch auf.
Martin schüttelte den Kopf. »Später. Komm, wir suchen uns erst mal eine Unterkunft. Du hast wohl kaum das Bedürfnis, da wieder reinzugehen.« Er deutete auf das Kloster, worauf Bella inbrünstig den Kopf schüttelte.
Nachdem sie eine Weile geritten waren, entdeckten sie an einem Feldrain eine verlassene Scheune. Darin lagen ein paar Strohhocken, die Martin nun auflöste und sie zu einem Nachtlager schichtete.
Der Wind pfiff durch sämtliche Ritzen des maroden Unterschlupfs, und über den Boden huschten Ratten und Mäuse. Ein Feuer entzünden konnten sie nicht, daher blieb ihnen nichts weiter übrig, als sich eng aneinanderzukuscheln und ihre Mäntel umeinander zu schlingen. In diesem Moment hätte Martin am liebsten an nichts anderes als ihre gemeinsame Zukunft und ihr Kind gedacht.
»Ich habe es dir vorhin nicht gesagt, aber es gibt noch einen zweiten Grund, weshalb ich dich aus dem Kloster holen wollte.«
Bella zog überrascht die Augenbrauen hoch, und bevor sie nachfragen konnte, erklärte Martin: »Dein Vater ist in Gefahr. Roland von Hohenstein hat meinem alten Herrn einen Pakt angeboten. Er will deinen Vater ruinieren, indem er dem Weinberg Schaden zufügt.«
Bella wurde kreidebleich. In den vergangenen Tagen hatte sie mit ihrem Vater abgeschlossen gehabt, doch jetzt merkte sie, dass sie ihre Gefühle für ihn nicht leugnen konnte, auch wenn er sie nicht erwiderte. »Wie will er das anstellen?«, fragte sie besorgt.
»Ich weiß es nicht«, entgegnete Martin. »Doch mein Vater hat ihm angeboten, unseren Spion Giacomo für ihn arbeiten zu lassen. Soweit ich weiß, kam er zu uns, nachdem er seinem Feldherrn beim Kreuzzug gegen die Anhänger von Johannes Hus entflohen ist. Heinrich Oldenlohe hatte mit ihm im kaiserlichen Heer gedient, die beiden kennen sich und sind sich spinnefeind.«
Bella erinnerte sich an die Geschichten, die sich
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