Die Rebenprinzessin
deiner Zunge umgehen, Bursche. Aber hier solltest du vorsichtig damit sein. Die anderen Männer schätzen es nicht, wenn man ihnen spitzfindig kommt.«
»Das hatte ich keineswegs vor, Herr Kellermeister«, beeilte sich Martin zu sagen.
Wackernagel schnaufte, ging ein paar Schritte und verschränkte die Hände hinter dem Rücken. Seine breite Brust wirkte wie ein undurchdringliches Bollwerk.
»Also gut, nehmen wir mal an, dass du ein aufgeweckter Junge bist. Aber wie steht es mit deinem Wissen um den Wein? Dein Vater hat doch gewiss keinen angebaut, oder?«
Martin musste ein Schmunzeln unterdrücken. Natürlich war sein Vater ein Weinbauer! Einer in Samt und Seide, der nicht mal weit von hier entfernt lebte.
»Nein, Herr Kellermeister«, schwindelte er dann.
»Hast du jemals auf einem Weingut gearbeitet?«
Martin versuchte sich nicht anmerken zu lassen, wie sehr ihn die Nervosität überfiel. Wenn er die Frage bejahte, würde der Kellermeister sicher wissen wollen, wem er gedient hatte.
»Ich war einige Jahre in Padua und habe dort bei verschiedenen Weinbauern gedient.«
Der Kellermeister sah ihm daraufhin in die Augen, als wollte er die Lüge darin ergründen.
Wie Martin im nächsten Augenblick merkte, war es aber von Nutzen, dass er die Juristerei studiert hatte. Offenbar entdeckte der Kellermeister keinerlei Anzeichen von Lüge in seinem Blick.
»Nun denn, unser gnädiger Herr kann eifrige Leser und Kellerknechte gebrauchen«, sagte er. »Du scheinst mir recht kräftig zu sein. Lass uns sehen, für welche Arbeiten du eher geeignet bist, die Lese oder das Keltern.«
Martin wusste nicht, ob er darauf etwas erwidern sollte, also schwieg er lieber.
»Du wirst dich bei Christian Dubelaar melden, er ist der Fassmeister, und morgen arbeitest du dann im Weinberg. Jenem, der mir das Beste von dir berichtet, wirst du zugeteilt.«
Martin verneigte sich. »Habt Dank, dass Ihr mich angehört habt.«
Der Kellermeister winkte ab und brummte etwas, was Martin nicht verstehen konnte. Dann bedeutete er ihm, dass er an die Arbeit gehen sollte.
Draußen auf dem Hof fühlte sich Martin wie bei seiner Ankunft auf der Burg. Nachdem er die Nacht in der Nähe unter freiem Himmel verbracht hatte, war er noch vor Morgengrauen vor das Tor getreten. Dort hatte er den Wächtern umständlich erklären müssen, was er wollte.
Natürlich meldeten sich hier etliche Burschen auf der Suche nach Arbeit. Aber den Männern schien es Spaß zu machen, jeden Bewerber auf Herz und Nieren zu prüfen und dabei auch seine Geduld auf die Probe zu stellen.
Martin hatte sich ebenfalls sehr zur Ruhe zwingen müssen, doch schließlich hatten sie ihm Einlass gewährt. Das bedeutete allerdings noch nicht, dass er am Ziel war.
Den Kellermeister zu finden, war eine regelrechte Herausforderung gewesen. Niemand wusste genau, wo er sich aufhielt, und die meisten Leute waren zu beschäftigt, um sich länger mit dem Fragen stellenden Störenfried auseinanderzusetzen.
Schließlich hatte ihn jemand in den Keller geschickt, und zwischen den mächtigen Fässern, in denen der Wein des vergangenen Jahres lagerte, hatte er den Mann ausgemacht.
Würde er dort nun auch besagten Christian Dubelaar finden?
Martin ließ den Blick über den Burghof schweifen, wo zahlreiche Menschen über das Pflaster eilten, von denen aber niemand Notiz von ihm nahm. Neben den Ställen erblickte er eine Kutsche ohne Wappen, was darauf schließen ließ, dass der Passagier inkognito reiste und mit dem Grafen etwas Geheimes zu besprechen hatte.
Geht es um den Wein?, fragte sich Martin, und nun fiel ihm auch auf, dass eine gewisse Anspannung in der Luft lag. So, als würde man auf der Burg etwas Besonderes erwarten.
Vielleicht sogar den Besuch des Königs?
»He, Rübenkopf, was stehst du da rum und starrst Löcher in die Luft!«, fuhr ihn von hinten eine Männerstimme an.
Als Martin herumwirbelte, blickte er einem Burschen, der kaum älter war als er selbst, ins unrasierte Gesicht. Er trug ein grünes Wams und braune Hosen, die in schmutzige Stiefel gesteckt waren. Die Ärmel seines ganz und gar nicht mehr blütenweißen Hemdes waren bis zum Ellenbogen aufgerollt, darunter kamen sehnige Arme zum Vorschein. Auf dem rechten Unterarm hatte er eine lange Narbe, die aussah, als stammte sie von einem Schwerthieb, den er mit dem Arm abzufangen versucht hatte.
»Ich suche Christian, den Fassknecht«, entgegnete Martin unerschrocken, obwohl er spürte, dass der Bursche ihm alles andere als
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