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Die Rebenprinzessin

Die Rebenprinzessin

Titel: Die Rebenprinzessin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corinna Neuendorf
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als ihm klar wurde, dass es sich um die Kutsche handelte, die seine Tochter nach Hause brachte. Dann löste er sich von den Rebstöcken und lief zurück zur Burg.
    Als er durch die kleine Seitenpforte trat, erblickte er tatsächlich das Gefährt, das er vor ein paar Tagen ausgeschickt hatte. Heinrich Oldenlohe half Bella gerade aus der Kutsche.
    Sie ist groß geworden, dachte der Graf und verspürte einen Anflug von Stolz. Eine junge Frau. Er ließ den Blick über ihr einfaches Kleid zu ihrem Gesicht schweifen – und erstarrte.
    Während der langen Jahre, die seine Tochter im Kloster verbracht hatte, hatte er die Hoffnung gehegt, dass ihre Ähnlichkeit zu Gabriela schwinden würde. Dass sie als erwachsene Frau mehr nach seiner Familie schlagen würde.
    Doch nun musste er feststellen, dass Bella mehr denn je das Ebenbild ihrer Mutter war!
    Der Anblick ließ sein Herz zusammenkrampfen, und die Schutzmauer, die er mühsam um sich herum errichtet hatte, erhielt einen empfindlichen Riss. Einen Riss, der ihm die Tränen in die Augen trieb.
    Gabriela, dachte er schmerzvoll. Warum nur hast du unserer Tochter dein Gesicht gegeben?
    Einen Moment lang kämpfte er gegen die Tränen an, und als es ihm schließlich gelang, sie zurückzudrängen, strebte er der Kutsche zu.
     
    Nach beinahe mehr als zwei Tagen Reise war es Bella endlich vergönnt, den roten Bergfried der Katzenburg zu erblicken. Zunächst hatte sie ihn nur schemenhaft in all dem Baumgrün, das ihn umgab, ausmachen können. Doch jetzt, als sie aus der Kutsche stieg, erhob er sich in voller Pracht vor ihr.
    Wie hatte sie diesen Anblick doch vermisst! Und wie hatte sie ihr Zuhause vermisst. Sogar die Hunde, die sich bellend gegen die Zwinger nahe dem Tor warfen und die Bella als Kind nicht gemocht hatte, weil sie ihren Kater verschreckt hatten.
    Am meisten hatte ihr jedoch der Mann gefehlt, der nun mit forschen Schritten auf sie zukam.
    Es überraschte die junge Frau nicht, ihren Vater in einfachen Kleidern zu sehen. Schon zu ihren Kindertagen war es eine seiner Eigenheiten gewesen, die er offenbar noch immer nicht abgelegt hatte. Sein Haar war heller, als sie es in Erinnerung hatte, und der Bart, der früher sein Kinn geziert hatte, war verschwunden, doch die Farbe seiner Augen war geblieben, genauso wie der traurige Zug, der sie umgab.
    Sie hatte eigentlich nicht erwartet, ihren Vater zu alter Fröhlichkeit zurückgekehrt vorzufinden. Aber so, wie er dreinblickte, war es, als lägen zwischen dem Tod ihrer Mutter und dem heutigen Tag nur wenige Wochen.
    »Mein Kind, komm zu mir«, sagte er dennoch und breitete die Arme aus. Ein schmerzvolles Lächeln trat auf seine Züge.
    Bella zögerte einen Moment, denn sicher erwartete er, dass sie wie eine gut erzogene Frau reagierte.
    Aber ihr sehnsuchtsvolles Herz ließ sie schließlich ihre Erziehung vergessen. Mit wehendem Rock, impulsiv wie ein kleines Kind, kam sie zu ihm gelaufen und ließ sich in seine Arme fallen.
    »Vater, ich habe dich so vermisst. All die Jahre!«
    Graf von Katzenburg schloss die Augen. Obwohl es sich gut anfühlte, seine Tochter wieder bei sich zu wissen, drohte ihn der Schmerz zu zerreißen.
    Als Bella sich sanft von ihm löste, sah sie Tränen in den Augen ihres Vaters glänzen.
    Sichtbar rang er um Fassung, dann fragte er: »Hattest du eine gute Reise?«
    »Ja, die hatte ich. Selbst wenn ich auf einem Esel hätte reiten müssen, wäre es nicht zu beschwerlich gewesen, wieder herzukommen.«
    Ihrem Vater entging offenbar der kleine Scherz in ihren Worten, denn er verzog keine Miene. »Komm mit, ich werde Hulda anweisen, dass sie dir ein kleines Mahl zubereiten soll.« Damit wandte er sich um.
    Bella zögerte noch einen Moment. War das alles?, fragte sie sich. Mehr hat er mir zur Begrüßung nicht zu sagen?
    Hilfe suchend blickte sie zu Heinrich Oldenlohe hinüber, doch der tat auf einmal, als müsste er unbedingt das Zaumzeug seines Pferdes überprüfen.
    Irgendwas geht hier vor, dachte Bella. Warum sonst sollte Heinrich meinen Blick meiden? Und wieso ist Vater so kühl zu mir?
    Es fiel ihr in diesem Augenblick schwer, zu glauben, dass er sie nur aus dem Kloster geholt hatte, weil er sie um sich haben wollte.
    Während sich ihr Magen anfühlte, als hätte sie statt der köstlichen Wegzehrung von Sunna und Adelheid Steine gegessen, holte Bella ihren Vater wieder ein. Um ihre Unruhe zu verdrängen, fragte sie nach einem kurzen Blick über den Hof: »Was ist eigentlich aus Peterle geworden?«
    Auf

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