Die Rebenprinzessin
diesem Uhlenfels gleich mitgeben, giftete eine leise Stimme in ihrem Hinterkopf. Wozu noch Zeit verlieren, wenn er es mit dem Verheiraten so eilig hat?
Dann kam ihr plötzlich eine Idee.
Um den Heiratswerber abzuschrecken, brauchte sie ein Gewand, das ihn entsetzen würde. Nicht einmal das Ordenskleid, das sie mitgenommen hatte, war dazu geeignet, denn darin sah sie immer noch viel zu schön aus. Sie brauchte etwas Einfacheres und wenn möglich Hässlicheres. Und sie wusste mit einem Mal auch, wo sie es finden würde!
5. K APITEL
Selten zuvor war Martin der Schweiß dermaßen in den Hemdskragen gelaufen wie in diesem Augenblick. Christian Dubelaar hatte ihn zusammen mit ein paar anderen Burschen zum Fassschrubben geschickt. Wie nicht anders zu erwarten, hatten sie ihm die schmutzigsten Fässer überlassen, die der Katzenburger Keller aufzuweisen hatte.
Obwohl er sein Bestes beim Hantieren mit Meißeln und Scheuersand gab, bezweifelte Martin stark, dass die Behältnisse nach dem Schrubben benutzt werden konnten. Der Weinstein, der sich beim Gären ablagerte, bildete eine dicke Kruste und ließ sich von Jahr zu Jahr immer schwerer lösen. Früher oder später würden neue Fässer angefertigt werden müssen.
Der alte Brauch fiel ihm wieder ein, nach dem das Holz für die Fassdauben nicht gesägt, sondern nach seinem Wuchs gespalten wurde. Zum einen sollte sich das vorteilhaft auf den Wein auswirken, zum anderen verhinderte man auf diese Weise, dass Sägespäne, die noch in den Ritzen saßen, in den Wein ausgeschwemmt wurden und diesen verdarben.
Der Nachteil solcher Fässer war allerdings, dass sie schwer zu reinigen waren, besonders wenn sie ihre beste Zeit bereits überschritten hatten. Der Weinstein fraß sich regelrecht in das Holz und hielt sich fest wie ein Blutegel an einem warmen Körper.
Entnervt warf Martin den Meißel von sich. Der Weinstein schien ihn an einer extrem schwierigen Stelle höhnisch anzugrinsen.
»Was ist, gibst du schon auf?«, wollte einer der Burschen wissen.
Soweit Martin mitbekommen hatte, war er bereits das dritte Jahr bei der Lese auf der Burg dabei. Während des Frühjahrs und Sommers verdingte er sich bei Bauern in der Gegend, aber sobald der Herbst hereinbrach, fand er sich in der Burg ein.
»Nein, ich verschnaufe nur kurz«, entgegnete Martin und griff nach dem Wasserbecher, den er auf den Boden gestellt hatte.
»Hast wohl keinen Mumm in den Armen, wie?«, höhnte ein anderer, dessen Namen er nicht kannte. Auch dieser Helfer war schon länger hier.
»Kannst ja herkommen und mir zeigen, wie man es richtig macht!«, entgegnete Martin schlagfertig, ehe er den Becher mit einem Zug leerte.
»Ne, lass mal, müh dich ruhig allein!«, gab der Bursche zurück und erntete kurz das Gelächter der anderen.
Dann setzten alle ihre Arbeit fort. Während Martin monoton vor sich hin schrubbte, wieder und wieder über dieselbe Stelle, schweiften seine Gedanken zu dem, was er bisher von der Katzenburg mitbekommen hatte.
Ein Geheimnis hatte Martin bisher nicht ausmachen können, aber er wusste auch, dass man es nicht so einfach über den Hof posaunen würde.
Es herauszufinden, würde sicher nicht leicht werden, zumal er es geschafft hatte, sich innerhalb einer Stunde einen Feind zu machen.
Der Bursche, der sich ihm in den Weg gestellt hatte, war ihm bislang noch nicht wieder begegnet, doch sollte es hier ein gemeinschaftliches Quartier für die Knechte geben, so konnte er sich gewiss auf einigen Schabernack einstellen. Aber vielleicht gab es ja auch einen Platz im Heu für ihn, an dem er ungehindert von Rosalina träumen konnte.
Als hätten sie ein geheimes Signal ausgemacht, erhoben sich die Burschen schließlich und strebten der Tür zu.
Martin wusste zunächst nicht, ob er mitgehen sollte, dann sagte derjenige, der ihm vorhin zu wenig Kraft unterstellt hatte: »Na, was ist, willst du dir nicht den Magen vollschlagen?«
»Ist etwa schon Mittagszeit?«
»Was denkst du denn, warum wir von der Arbeit aufstehen?«, erwiderte der andere lachend.
Rasch legte Martin den Meißel beiseite und sprang ebenfalls auf. Sein Rücken schmerzte, als hätte er Hiebe bekommen. Als er weit hinter den anderen vor die Tür trat, erblickte er plötzlich eine junge Frau, die mit langen Schritten über den Hof eilte. Sie trug ein schmuckloses braunes Kleid, und ihre haselnussfarbenen Locken wehten wie ein Schleier hinter ihr her.
Die Hände hatte sie zu Fäusten geballt, und ihre Miene wirkte so
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