Die Rebenprinzessin
solchem Gesindel abgeben muss?
Fürst von Hohensteins Stammbaum war in der Tat verzweigter als jener der Familie Katzenburg. Seine Wurzeln reichten bis vor die Zeit Karls des Großen zurück. Schon immer hatten es seine Vorfahren verstanden, das Ohr der Könige und Kaiser zu erringen, und nicht selten waren sie deren Berater und Günstlinge. Allerdings hatte sich das nicht positiv auf ihre Finanzen ausgewirkt. Wer mit dem Glanz der königlichen Hofhaltung mithalten wollte, brauchte volle Schatzkammern – und das war bei ihm seit einiger Zeit nicht mehr der Fall.
Die Schulden, die er innerhalb kürzester Zeit angehäuft hatte, waren horrend. Man konnte in diesen Zeiten keine kleine Hofhaltung haben, wenn man der wachsenden Konkurrenz um die Gunst des Königs standhalten wollte. Es gab unzählige Adlige, die nach seiner Position lechzten, und natürlich wollte er sie ihnen nicht freiwillig überlassen. Lieber nahm er sich eine Gemahlin, auch wenn diese unter seinem Stand war.
Die Tochter des Grafen von Katzenburg kam ihm sehr gelegen. Rudolph wurde in der Gegend nur der »Weinkönig« genannt, und fürstlich sollten auch seine Einkünfte sein. Dass er von niedrigerem Adel war, spielte keine Rolle, die Burg und der dazugehörende Weinberg würden Roland von Hohensteins Geldnot lindern.
Allerdings konnte und wollte er damit nicht warten, bis der alte Graf ins Gras gebissen hatte. Bereits während der gesamten Fahrt hatte er sich den Kopf darüber zerbrochen, wie er gleich an den Reichtum des Weins kommen konnte. Ein Vertrag vielleicht? Immerhin ermöglichte er der Tochter des Hauses, in den Hochadel aufzusteigen, was auch für den Vater mit einigen Ehren verbunden war. Zahlreicher als diese friedliche Lösung waren jedoch jene, die dem dunklen Teil seiner Seele entsprangen. Durch eine Intrige könnte er den Grafen um seine Burg bringen. Er könnte ihn zum Verwalter degradieren – oder ihn gleich ganz aus dem Weg räumen. Roland von Hohenstein war sicher, dass ihm etwas einfallen würde. Erst einmal musste er sich das Anwesen und vor allem den hochgelobten Weinberg anschauen.
»Ludger, geht es denn nicht schneller?«, rief er, um seine Ungeduld ein wenig zu bezwingen. Der Kutscher schien ihn allerdings nicht vernommen zu haben. »Ludger!«, donnerte er wütend. »Hast du nicht gehört?«
Der Kutscher antwortete noch immer nicht. Dafür machte die Kutsche plötzlich einen harten Schlenker zur Seite. Hatten Räuber etwa eine Barriere vor ihnen errichtet?
Ein markerschütterndes Krachen ertönte, und bevor der Fürst die Gelegenheit hatte, sich festzuhalten oder abzustützen, wurde er hart gegen die Tür geschleudert. Unter der Wucht des Aufpralls öffnete sie sich, und er landete mit der Nase voran im Staub.
Die Lakaien, die ebenfalls von dem Gefährt gepurzelt waren, rappelten sich rasch auf und rannten zu ihm.
»Gnädiger Herr«, riefen sie und versuchten ihm aufzuhelfen.
Roland von Hohensteins Kopf schwankte benommen von einer Seite auf die andere, alles schien sich um ihn herum zu drehen. Grünes Laub bildete eine undefinierbare Masse, dazwischen schwebten die blassen Gesichter seiner Diener, deren Züge er zunächst nicht erkennen konnte.
»Was ist passiert?«, fragte er, wobei seine Stimme durch seinen Schädel dröhnte, als stünde er unter einer läutenden Glocke.
»Ein Radbruch, Euer Gnaden«, antwortete einer der Diener.
»Radbruch!«
Schneller, als es den Dienern lieb war, kam der Fürst wieder zur Besinnung. Wütend schüttelte er die Hände ab, die ihm den Staub von seinem rotsamtenen Wams klopfen wollten. Dann wirbelte er herum. Die Kutsche lag halb auf der Seite, die Kiste, in der sich sein Reisegepäck befand, war heruntergefallen. Der Kutscher, den es vom Kutschbock gerissen hatte, rappelte sich gerade stöhnend auf. Den Pferden war offenbar nichts geschehen. Sie standen vor der umgestürzten Kutsche, unfähig weiterzulaufen, aber auch nicht gewillt, die Last mit sich zu zerren.
Noch eine Verzögerung!, ging es Hohenstein durch den schmerzenden Kopf, und plötzlich packte ihn der Zorn.
»Verdammt, was steht ihr hier herum!«, fuhr er seine Diener an, und um seinen Worten Nachdruck zu verleihen, griff er nach seiner Peitsche. »Bewegt euch und seht zu, dass ihr die Kutsche wieder aufrichtet. Ich will nicht den ganzen Tag vertrödeln!«
Ein Peitschenknallen schreckte die Diener wie Hühner auseinander. Zusammen mit dem Kutscher stemmten sie sich unter den schweren Kutschwagen und
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