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Die Rebenprinzessin

Die Rebenprinzessin

Titel: Die Rebenprinzessin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corinna Neuendorf
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werde gleich die Peitsche ziehen. »Noch immer kann ich gehen, wohin ich will. Weder mein Vater noch ein anderer Mann kann über mich bestimmen! Erst recht nicht werde ich mich schon wieder an einen Tisch mit diesem Hans von Uhlenfels setzen.«
    »Bella!«, rief Rudolph von Katzenburg schockiert und wollte schon zu einer Drohung ansetzen, doch da rannte seine Tochter los.
    Die Rufe ihres Vaters folgten ihr, aber sie hörte nicht darauf. Sollte er doch seine Soldaten schicken, um sie einzufangen. Sie würde sich jedenfalls nicht mit dem fetten Herrn Uhlenfels an eine Tafel setzen und sich erneut begaffen lassen, als wäre sie ein schlachtreifes Huhn!
     
    Dieser Morgen hatte für Martin immerhin nicht mit dem Schrubben von Fässern begonnen. Der Kellermeister hatte ein paar Knechte zusammengerufen, damit sie den großen Bottich aufstellten, in dem die Trauben zertreten wurden. Nebenbei erklärte er den neuen Pflückern, was sie bei der bevorstehenden Lese zu tun hatten.
    Es gab nicht viele Regeln, die die Lesehelfer einhalten mussten. Doch jene, die ihnen Bernhard Wackernagel ans Herz legte, waren in höchstem Maße bedeutsam für den Wein, der später aus den Trauben gekeltert wurde.
    »Von ihrer Einhaltung hängt es ab, ob es ein guter oder ein schlechter Wein wird«, sagte er. »Entweder wird es einer, der an des Kaisers Tafel getrunken werden kann, oder einer, den man bloß den Torwachen gibt. Solch ein Wein verlässt den Weinkeller der Familie Katzenburg jedenfalls nicht.«
    Die Pflücker nickten einhellig. Auch Martin, obwohl er diese Regeln nur zu gut kannte. Sobald er auf eigenen Füßen stehen konnte, hatte er sie von seinem Vater eingebläut bekommen.
    »Beim Pflücken werdet ihr nicht wie die Axt im Walde wüten, sondern die Trauben vorsichtig behandeln. Fallen euch Früchte auf, die von Schimmel befallen sind, werdet ihr sie verwerfen. Erwische ich jemanden, der schlechte Trauben durchgehen lässt, bekommt er meine Hand zu spüren!«
    Warum ist meinem Vater eigentlich nicht eingefallen, mir den Auftrag zu geben, dem Wein Schaden zuzufügen?, dachte Martin, während die anderen wie gebannt an den Lippen des Kellermeisters hingen. Es gäbe so viele Möglichkeiten, den Geschmack dieses Jahrgangs gründlich zu verderben. Gleichzeitig wusste Martin aber auch, dass ein erfahrener Kellermeister wie Wackernagel Schaden vom Wein abwenden konnte. Die Standpauke sollte ihm nur Arbeit ersparen.
    Nach der Rede des Kellermeisters stellten sie den Pressbottich auf und schafften die Pressen nach draußen.
    Während der Arbeit ließ Martin immer wieder den Blick zum Schloss schweifen, bis er irgendwann eine braun gewandete Gestalt erblickte. Ihr haselnussfarbenes Haar wehte wie ein Schleier hinter ihr her, während sie mit langen Schritten über den Hof hastete.
    Martin mochte sich täuschen, doch ihm war, als sei ihr Gesicht von Tränen gerötet. Bevor er es überprüfen konnte, war sie allerdings verschwunden.
    Augenblicklich plagte ihn die Frage, ob sie wirklich weinte und was sie dazu getrieben hatte. Noch immer wusste er nicht, wer die schöne Unbekannte war, daher ging er davon aus, dass sie von ihrem Dienstherrn entweder gescholten oder belästigt worden war. Vielleicht Schlimmeres.
    Er erinnerte sich nur zu gut daran, dass auch sein Vater sich zuweilen an den Mägden gütlich getan hatte. Er dagegen war nie in die Versuchung geraten, auch in jüngeren Jahren nicht, denn er wusste, was es für die Mädchen bedeutete. Jene, die ein Kind empfingen, wurden verjagt und waren dazu verdammt, ein Leben in Schande zu führen – wenn sie nicht den Freitod suchten. Das wollte Martin keiner von ihnen antun. Umso mehr drückte ihn die Frage, was mit der Schönen passiert war.
    Ich muss es herausfinden!, sagte er sich und blickte sich nach den anderen Burschen um. Diese waren noch immer mit den Pressen beschäftigt, und eigentlich hätte er sich ebenfalls wieder im Keller einfinden sollen, doch er entschied sich anders. Mochte er auch Schelte bekommen, die Unbekannte war ihm aus irgendeinem Grund wichtiger.
    Blitzschnell wirbelte er herum und nahm dann denselben Weg wie zuvor das Mädchen.
     
    Während der Zorn wie ein Ungeheuer in Bellas Brust wütete, rannte sie zu der kleinen Pforte, die zum Weinberg führte. An diesen Weg erinnerte sie sich nur zu gut. Als Kind war sie ihn oft entlanggelaufen, wenn sie allein sein wollte. Ihr Vater kannte ihn zwar, aber gewiss würde er sich nicht die Blöße geben, sie eigenhändig aus

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