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Die Rebenprinzessin

Die Rebenprinzessin

Titel: Die Rebenprinzessin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corinna Neuendorf
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für Martin waren stärker. Allerdings kehrte angesichts der Bemerkung ihre Kratzbürstigkeit rasch zurück. »Meine Mutter hat früher auch bei der Lese mitgeholfen, genauso wie mein Vater. Da er sich um Euch gekümmert hat, habe ich seinen Platz auf dem Weinberg eingenommen.«
    Das stimmte zwar nicht so ganz, aber was wusste denn der Fürst schon?
    Ein süffisantes Lächeln schlich um Roland von Hohensteins Mund. Bella entging nicht, dass er versuchte, ihr in den Ausschnitt zu stieren. Unbehaglich zupfte sie an ihrem Gewand, auch wenn sie sicher war, dass er nicht viel sehen konnte.
    »Offenbar pflegt Eure Familie einen regen Umgang mit Euren Untertanen.«
    Diese Worte trafen die junge Frau wie ein Schlag. Hatte er etwa mitbekommen, dass sie und Martin keine Fremden mehr füreinander waren?
    Bella kam wieder in den Sinn, dass der Fürst sie auch beim Weintreten beobachtet haben konnte. Vielleicht hatte er gar gesehen, dass sie sich mit Martin unterhalten hatte.
    Oder sollten diese Worte seine Missbilligung darüber ausdrücken, dass sie hier mit den einfachen Menschen feierten? Schätzte der Fürst andere Menschen, die nicht das Glück hatten, in eine goldene Wiege gelegt worden zu sein, etwa generell gering?
    »Umgang kann man es nicht nennen, Euer Gnaden, doch wir belohnen jene, die für uns arbeiten und für unseren Reichtum sorgen«, entgegnete sie scharf. »Das alles hier«, sie machte eine Handbewegung über die prachtvolle Tafel, »das alles hätten wir nicht, wenn diese Menschen nicht so fleißige Arbeit verrichten würden. Ich finde, wenn Gott einen in einen höheren Stand berufen hat, sollte man das würdigen und dankbar sein. Und ich glaube, mein Vater sieht das ebenso.«
    Sie blickte hinüber zu dem Grafen, doch der schien von ihrer Unterhaltung nichts mitzubekommen. Munter unterhielt er sich mit Hans von Uhlenfels und deutete gerade auf irgendeinen Punkt an der Burg. Wahrscheinlich würde er selbst dann nicht herschauen, wenn Roland von Hohenstein zudringlich wurde.
    »Dankbarkeit ist eine Tugend, dennoch glaube ich, dass sich der Adel nicht zum einfachen Volk herablassen und mit ihm feiern sollte.«
    Bella fühlte sich auf einmal wie ein Kessel, in dem das Wasser heftig zu brodeln begann. »Wenn das so ist, Euer Gnaden, wird Euch sicher niemand böse sein, wenn Ihr Euch diese Zumutung nicht länger antun mögt. Gewiss bieten Eure Gemächer genug Zerstreuung für Euch!«
    Mit diesen Worten rückte sie den Stuhl zurück und erhob sich. Sie war sich darüber im Klaren, dass sie Roland von Hohenstein damit eine verbale Ohrfeige versetzt hatte. Aber sie konnte einfach nicht anders. Schlimm genug, dass ihr Vater sich so verändert hatte! Sie brauchte sich nicht noch vorhalten lassen, dass es schändlich sei, mit einfachen, ehrlichen Menschen zu feiern.
    Ich werde nicht länger in der Gesellschaft dieses Gockels ausharren, sagte sie sich zornig, und es war ihr egal, ob ihr Vater sie suchen kam. Mit gerafften Röcken und ehe der Fürst etwas sagen konnte, sprang sie von der Tafel auf und mischte sich unters Volk.
    Als sie ein Stück Abstand gewonnen hatte, hielt sie Ausschau nach Martin, der zu ihrem Bedauern nicht mehr auf der Bank saß. Wo war er nur hingegangen? Hatte er mitbekommen, dass sie mit dem Fürsten geredet hatte, und daraus falsche Schlüsse gezogen?
    Warum interessiert mich das überhaupt?, ging es ihr durch den Sinn, doch dann konnte sie die Gestalt des Burschen endlich ausmachen. Er strebte dem Torbogen zu, der in den äußeren Ring der Burg führte. Was wollte er dort? Sich erleichtern?
    Auch wenn es ihr unangenehm war, ihn dabei zu stören, eilte Bella ihm hinterher. Ein paar verwunderte Blicke trafen sie, und sie rechnete auch fest damit, dass ihr Vater ihr Verschwinden inzwischen bemerkt hatte. Aber die Menge der Feiernden umschloss sie wie schützende Hände – und wie das Weinlaub – und erlaubte ihr, sich ihren Pflichten und ihrer Herkunft für einen Moment zu entziehen.
     
    Im Durchgang erwartete Martin sie bereits. Offenbar hatte er gar nicht vorgehabt, sich zu erleichtern, sondern vielmehr darauf spekuliert, dass sie nach ihm suchte.
    Er lehnte lässig an der Wand, in der Hand ein paar Weinblätter. Es waren schöne Exemplare mit rotem Rand, soweit Bella es im flackernden Fackelschein erkennen konnte.
    »Hier, aus denen kannst du deine Krone flechten, Prinzessin.«
    Bella nahm die Blätter lächelnd an sich und barg sie an ihrer Brust. »Vielen Dank, das ist wohl das Schönste,

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