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Die Rebenprinzessin

Die Rebenprinzessin

Titel: Die Rebenprinzessin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corinna Neuendorf
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Grafentochter schreckte hoch, und Roland von Hohenstein rückte rasch mit seinem Stuhl zurück, als fürchtete er, ebenfalls getroffen zu werden.
    »Verzeiht, gnädiges Fräulein, das war nicht meine Absicht«, entschuldigte sich Lies schnell und machte Anstalten, ihrer Herrin mit der Schürze den Wein vom Gewand zu tupfen.
    »Ist schon gut, Lies«, sagte Bella gütig und bedeutete ihr, dass sie weiter einschenken sollte. Dann wandte sie sich an ihren Vater: »Du entschuldigst mich doch sicher einen Augenblick?«
    Der Graf biss die Zähne zusammen. Offenbar hatte er durchschaut, dass Lies den Wein nicht freiwillig verschüttet hatte. Doch angesichts des riesigen Flecks, der den grünen Samt für immer ruinieren konnte, nickte er ihr mürrisch zu und ließ sie gehen.
    Während Bella den Weg aus dem Raum noch möglichst ruhig und würdevoll zurücklegte, begann sie zu rennen, kaum dass die Tür hinter ihr ins Schloss gefallen war. Die Blicke einiger erstaunter Mägde trafen sie, doch Bella kümmerte sich nicht weiter darum. Zum Umziehen brauchte sie die Mädchen nicht – und zu dem, was sie eigentlich vorhatte, erst recht nicht.
    In ihrer Kemenate angekommen, schloss sie hinter sich die Tür und ließ sich einen Moment lang an die Wand daneben sinken. Ein Lachen stieg in ihr auf, doch sie unterdrückte es. Zu viel Übermut endet oft in Tränen, sagte Katrina immer, und heute war Bella ausnahmsweise gewillt, dem Ratschlag der alten Frau zu folgen. Rasch zog sie das Schreiben aus dem Ärmel hervor und faltete es auseinander. Was hat er noch mal gesagt?, fragte sie sich und versuchte, sich an das Gespräch zu erinnern. Das Alphabet rückwärts?
    Sie erinnere sich wieder an den Unterricht in der Klosterschule. Die Mutter Oberin hatte sie das ABC vorwärts aufsagen lassen und dann auch wieder rückwärts – und auf einmal wusste sie, was sie zu tun hatte.
    Sie ersetzte in Gedanken rasch einen Buchstaben durch den gegenüberliegenden – und der Inhalt der Nachricht, der schließlich vor ihr lag, ließ sie breit und selig lächeln.
     
    Worte reichen nicht aus, um zu sagen, was ich für Dich empfinde, liebste Rebenprinzessin. Nur zu gern wäre ich Dein Prinz, nur zu gern würde ich Dich erlösen. Vielleicht finde ich eines Tages eine Möglichkeit.  
    M.  
     
    Als Martin an diesem Abend auf sein Strohlager zurückkehrte, bemerkte er, dass etwas nicht in Ordnung war. Der Strohsack wirkte verschoben, und auch sein Bündel lag nicht an der gewohnten Stelle.
    Er musste sofort an Thomas denken, der kurz nach dem Gespräch mit Bella aufgetaucht war. Hatte der Bursche seine Habe durchwühlt? Oder hatte gar jemand versucht, lange Finger zu machen?
    Da die anderen ebenfalls damit zugange waren, ihr Nachtlager herzurichten, versuchte Martin ruhig zu bleiben, während er die Tasche hervorzog und durchsuchte. Das Schreibzeug war noch an seinem Platz, ebenso wie die anderen Sachen. Auf den ersten Blick schien nichts zu fehlen, doch dann bemerkte Martin, dass der Zettel mit dem Buchstabenschlüssel verschwunden war, was ihm einen heißen Schrecken durch die Adern jagte. Wer könnte ihn genommen haben? Und wozu brauchte er ihn? War es Thomas gewesen? Oder hatte er Ranulf oder Peter angestiftet, es zu tun?
    Martin ließ den Blick kurz über die anderen Knechte schweifen. Sie schienen mit eigenen Dingen beschäftigt zu sein, aber wer sagte ihm, dass nicht einer von ihnen an seiner Habe gewesen war? Schließlich kam er zu der Einsicht, dass er abwarten musste. Wenn jemand, der ihm schaden wollte, den Zettel an sich genommen hatte, bekam er die Konsequenzen sicher bald zu spüren. Sich vorher verrückt zu machen, lohnte auf keinen Fall.

14. K APITEL
     
    Zwei Tage später trafen die Schneiderinnen auf der Burg ein. Bella, die wie immer vor ihrem Fenster saß, sah sie aus der Kutsche steigen, die ihr Vater geschickt hatte, und über den Hof eilen. Wie eine fette Glucke wirkte die Schneidermeisterin, die unter dem Arm einen Nähkorb trug. Unter der Haube leuchtete ihr rotes Haar hervor, und ihr Gesicht war gerötet, dennoch verlangsamte sie ihre Schritte nicht.
    Ihre Gehilfinnen waren zierlicher, und gegen ihre Dienstherrin wirkten sie beinahe ausgemergelt. Sie schleppten an schweren Stoffpaketen, aus denen weiße Zipfel hervorlugten.
    Einige Soldaten pfiffen den Mädchen nach, die sich allerdings unbeeindruckt zeigten. Wahrscheinlich traktierte die Schneiderin sie mit der Elle, wenn sie nicht gehorsam waren.
    Bella lächelte traurig vor

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