Die Rebenprinzessin
gemustert hatte. Ihm trieft der Hochmut aus allen Poren.
Als Martin von den eng anliegenden und leicht angeschmutzten Beinkleidern des Herrn aufsah, bemerkte er den Blick des Grafen. In dessen Augen spiegelte sich Erkennen, und Martin rechnete damit, dass der Graf Bernhard Wackernagel jeden Moment anwies, ihn aus dem Keller zu schicken.
Doch es blieb bei einem warnenden Blick. Oder lag darin vielleicht eine Ahnung? Hatte der Graf den Ableger unter den Steinen bemerkt?
Bevor Martin den Gedanken zu Ende denken konnte, baute sich auf ein Zeichen des Grafen Bernhard Wackernagel vor den Knechten auf.
»Was ihr hier seht, ist die Ernte der neuen Rebstöcke auf unserem Weinberg. Seine Gnaden wünscht, dass ihr sie mit größter Sorgfalt behandelt, auf dass ein guter Wein daraus entstehen möge.«
Ein zustimmendes Raunen ging durch die Menge.
»Ihr werdet die Trauben nun mahlen, allerdings nicht mit euren dreckigen Füßen«, setzte der Kellermeister hinzu.
»Wir können ja ein paar Mägde dazuholen«, bemerkte der Blonde neben Thomas vorlaut, wofür ihm Christian Dubelaar einen Schlag auf den Hinterkopf verpasste.
Martin verbarg sein breites Lächeln rasch in der hohlen Hand, denn er wusste, dass Thomas ihn unablässig musterte.
»Ihr werdet die Stößel nehmen und so die Maische zerkleinern«, wies Bernhard Wackernagel die jungen Männer an. »Immerhin kann man von euch erwarten, dass ihr nicht nur Hafergrütze in den Armen habt.«
Martin blickte an sich hinunter. Wirkte er wirklich so kräftig?
Bevor er eine Antwort darauf finden konnte, drückte ihm auch schon jemand den schweren Holzpfahl in die Hand. Gemeinsam mit den anderen trat er an den Mahlbottich und begann mit der Arbeit. Dabei fragte er sich, warum sie diesen Wein nicht auf gewöhnliche Weise pressen durften. War das ein weiteres Geheimnis, das er seinem Vater mitteilen sollte?
Unter den Stößeln verwandelten sich die Trauben rasch zu Maische, und bald floss leicht trüber Most aus dem Ausfluss. Die ersten beiden Becher voll gingen an den Grafen und seinen Gast, womit die Frage beantwortet war, warum sie nicht mit den Füßen in den Bottich sollten.
»Was meint Ihr?«, hörte Martin den Grafen fragen.
Roland von Hohenstein gab ein unverständliches Gurgeln von sich, dann antwortete er: »Ja, er hat durchaus Geschmack.«
Martin zwang sich, beim Stampfen nach unten zu blicken, damit niemand das spöttische Grinsen auf seinem Gesicht bemerkte. Als ob du Wein von Schafspisse unterscheiden könntest, ging es ihm durch den Sinn. Bella ist viel zu gut für dich.
»Ich werde ein paar Fässer für die Hochzeit abstellen, damit sich auch Eure Freunde von dem Geschmack meines Weins überzeugen können.«
Die Erwähnung von Bellas Hochzeit rief Martins Zorn hervor, doch er zwang sich zur Ruhe. Noch hast du deine Braut nicht heimgeführt, du elender Schmierlappen, dachte er. Wer kann schon wissen, was noch alles passieren wird …
An diesem Abend wäre Bella am liebsten nicht nach unten gegangen. Die Schneidermeisterin hatte ihr versprochen, noch in der Nacht mit dem Kleid zu beginnen und die Arbeit so schnell wie möglich zu beenden. Sobald es fertig war, würde die junge Frau die Katzenburg verlassen müssen.
Da das rot-grüne Kleid durch den Weinfleck verdorben war, hatte der Graf Meta Irrgang kurzerhand ein anderes Gewand abgekauft. Es war dunkelblau und etwas schlichter, dennoch fand sich Bella darin viel zu schön für den Fürsten.
In Gedanken versunken saß sie am Abend an der Tafel und drehte den Weinbecher in der Hand. Sie hatte es aufgegeben, irgendwelche Unglückswünsche gegen die Schneiderin in ihrem Verstand herumzuwälzen. Letztlich trug nicht die arme Frau die Schuld daran, dass sie heiraten musste, sondern ihr Vater.
Während sie weiterhin still vor sich hin brütete, versuchte der Graf die Stille im Speisesaal ein wenig zu vertreiben. »Bernhard Wackernagel hat mir vorhin mitgeteilt, dass vier Fässer Most aus den neuen Trauben gewonnen werden konnten.«
»Du hast die neue Sorte bereits abgeerntet?«, fragte Bella, während in ihr der gleiche Groll aufwallte wie vor einigen Tagen, als sie von Martin erfahren hatte, dass es eine neue Sorte auf dem Weinberg gab.
»Ja, es war an der Zeit«, antwortete ihr Vater und tat dabei so, als hätte er sie von allem unterrichtet.
»Warum hast du mir nicht gesagt, dass es eine neue Sorte gibt? Es wäre für mich vielleicht von Interesse gewesen, etwas darüber zu erfahren.«
Der Graf hob
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