Die rechte Hand Gottes
dich her?«
» Ich komme wegen des Hauses. .. ich.«
Wie zuvor Calzins unterbrach ihn sein Vater mit einer Handbewegung.
Wenn du gekommen bist, um mich zu bitten, meinen Antrag nicht noch einmal vorzulegen, kannst du dir deine Worte sparen.«
Da er die Antwort auf seine noch nicht einmal gestellte Frage bekommen hatte, zuckte Léon ergeben mit den Schultern. Er hatte hier nichts mehr zu suchen.
» Komm, wir gehen «, sagte er zu Saturnin, der sich voller Bedauern erhob und das Hundebaby in seine Arme drückte.
»Vergiß nicht, daß nur du ihm zu fressen geben darfst, wenn du sein Herr sein willst«, erinnerte Casimir.
» Und wenn du ihn bestrafst, dann schlag ihn mit einem Stock. Niemals mit der Hand. Die Hand ist nur zum Streicheln da«, fügte sein Großvater hinzu.
Léon griff ein.
»Warte, du willst doch wohl nicht das Tier mitnehmen?«
»Er gehört mir, Großvater hat ihn mir geschenkt! «
»Léon«, fuhr Hippolyte seinen Sohn gebieterisch an, ehe er Einspruch erheben konnte. »Weißt du eigentlich, welches Datum heute ist?«
»Der 13. Mai. Und? Ich weiß nicht ...«
Dann erinnerte er sich und fügte sich.
In seine düsteren Gedanken versunken, schwieg er den ganzen Rückweg nach Bellerocaille über. Saturnin saß neben ihm und streichelte den Kopf des Hundebabies, das er in sein Hemd geschoben hatte. Was würde Hortense sagen? Da sie in ihrer Jugend gebissen worden war, verabscheute sie Hunde fast sosehr wie Menschen. Sie erreichten die Rue du Dragon, in der das schöne Erkerhaus der Bäckerei-Konditorei Léon Trouvé lag.
Raymond, der älteste der Bäckerlehrlinge, öffnete das Hoftor, damit sein Meister mit dem Karren in den Hof fahren konnte.
Saturnin folgte seinem Onkel in die Backstube. Doch plötzlich entkam ihm der Hund und stürzte sich auf Princesse, die gerade vorbeistrich. Mit gesträubtem Fell flüchtete die Katze in das Hinterzimmer, wo die Witwe Bouzac das Essen zubereitete, lief im Zickzack zwischen den Tischbeinen durch und tauchte dann, dicht von dem wütend bellenden Hund gefolgt, in dem hochheiligen Laden auf.
»Boudiou! Mein Gott! Was ist denn das!« schrie die Witwe.
Es war gegen 11.30 Uhr, und im Laden herrschte Hochbetrieb. Hortense, ihre Töchter und die Magd hatten alle Hände voll zu tun, um die zahlreiche Kundschaft zu bedienen. Das Auftauchen der Tiere führte zu einem allgemeinen Durcheinander. Eine Kundin wich erschrocken zurück und stieß dabei ein Blech mit Kuchen um, der über den Kachelboden rollte und das Durcheinander komplett machte.
Mit hinkendem Schritt und hochrotem Kopf ergriff Hortense den Hund und beförderte ihn mit einem Fußtritt in das Hinterzimmer. Dort kümmerte sich die Witwe, bewaffnet mit einem Holzlöffel, weiter um ihn. Halb wahnsinnig vor Angst begann das Hundebaby in allen Ecken zu urinieren. Da kam Saturnin ins Zimmer.
»Macarel de macarel! Heilige Makrele! Wo kommt denn dieser Hund her?« schrie ihn die Alte an.
Saturnin, der den Dialekt verstand, versuchte, sie zu beruhigen:
» Er gehört mir! Mein Großvater hat ihn mir zum Geburtstag geschenkt.«
»Lassen Sie nur, Schwiegermutter, ich erkläre es Ihnen später", griff jetzt Léon in versöhnlichem Ton ein. » Und du«, sagte er zu seinem Neffen, »wisch die Hundepisse auf und paß auf, daß er nicht mehr in den Laden läuft. Du mußt ihn eben anbinden.«
Dann ging er in den Hof zurück, um das Abladen der
Mehlsäcke zu beaufsichtigen. Es dauerte nicht lange und Hortense kam mit wütendem Gesicht zu ihm.
»Was habe ich gehört? Dein verrückter Vater hat Saturnin diesen Hund geschenkt? Und du hast nichts dazu gesagt?«
Ihre schrille Stimme zog die neugierigen Nachbarn ans Fenster.
» Schrei bitte nicht so laut. Er hat ihn ihm geschenkt, weil er heute Geburtstag hat. Und darum habe ich auch nichts gesagt. Verstehst du jetzt?«
»Alles, was ich verstehe, ist, daß ich keinen Hund in meinem Haus haben will! «
Da tat Léon etwas sehr Ungewöhnliches: Er leistete Widerstand.
» Zunächst mal kann man von meinem Vater ja alles Mögliche behaupten, nicht aber, daß er verrückt ist. Und außerdem hat es in meiner Familie immer Hunde gegeben. Also gibt es ab jetzt auch in meinem Haus einen.«
Stand nicht schließlich sein Name auf dem Ladenschild? Wenn er weiterhin das Brot so gebacken hätte, wie es ihn Arsène Bouzouc gelehrt hatte, hätte er den Laden schon lange schließen müssen. Es war ausschließlich sein Können, das die Veränderungen im Hause möglich
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