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Die rechte Hand Gottes

Die rechte Hand Gottes

Titel: Die rechte Hand Gottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michel Folco
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einzuschlafen.
    Am nächsten Tag, dem Tag des Herrn, aß er nichts, zog seinen Sonntagsstaat an und machte seiner Ziehmutter eine große Freude, als er sie zur Frühmesse begleitete.
    Obwohl er wußte, daß eine geweihte Hostie sehr wohl die Zunge eines Lügners verbrennen konnte und dabei gleichzeitig ein grüner und übelriechender Rauch aufstieg (Lüstlingen durchbohrte sie die Zunge), ging er zur Kommunion und schloß die Augen, als der Pfarrer ihm die Hostie auf die Zunge legte.
    Nichts geschah. Die Hostie schmeckte wie immer nach Mehl, War salzlos und ungesäuert. Sie löste sich ganz normal auf, und er konnte sie hinunterschlucken, ohne an ihr zu ersticken oder husten zu müssen.
    So war es also, trotz der wiederholten Beteuerungen des Großwächters, vielleicht doch möglich, Gott zu narren, Seiner allumfassenden Aufmerksamkeit zu entgehen ... War Luzifer nicht ein Engel, der in ständigem Aufruhr gegen seinen Schöpfer stand? Sicher ein gefallener Engel, aber das hatte ihn nicht daran gehindert, sich ein eigenes Reich im Himmelreich zu schaffen. Ein Reich, aus dem man ihn bis zu diesem Tag nicht vertrieben hatte ... Außerdem war Luzifer nicht der einzige, der ungestraft Unheil verbreitete. Soviel Justinien wußte, standen ihm Fürst Beelzebub, Großherzog Astaroth und Graf Lucifuge Rofocale zur Seite. Der Letztgenannte kümmerte sich um die Verträge zur Bekehrung zum Teufel und hatte drei Köpfe: den einer Kröte, den eines jungen Mannes und den einer schwarzen Katze. Und dann war da noch Marchocias, der Großmarschall der Legionen des Teufels, der nicht schreiben konnte und seine Befehle mit einem giftigen Schmetterling unterzeichnete, den es nur am rechten Ufer des Styx gab.
    Justinien gelangte zu der Einsicht, daß man wohl ungestraft sündigen konnte, vorausgesetzt, man ließ sich dabei nicht erwischen.
    Sein unwiderruflicher Entschluß, Mouchette nicht mehr wiederzusehen, geriet ins Wanken, sowie er wußte, daß die Truppe sich auf dem Place du Ratoulet eingefunden hatte.
    Um besser widerstehen zu können, verbrachte er den Tag im Wald des Ordens und sammelte Champignons und Brombeeren.
    »Selbst wenn ich noch die Absicht hätte, mit ihnen zu ziehen, was ich, selbstverständlich, nicht tun werde, könnte ich es gar nicht, denn ich habe nicht das nötige Geld, und ich habe nicht die leiseste Ahnung, wie ich es mir bis heute Abend beschaffen könnte ... es sei denn, ich stehle es.«
     
    Er kehrte in den Marktflecken zurück und konnte schon keine Baumgabel mehr ansehen, ohne dabei nicht sofort an die Gabelung von Mouchettes Schenkeln denken zu müssen.
    Anstatt zu dem Platz zu eilen - was er am liebsten getan hätte -, machte er einen großen Bogen, um nicht daran vorbeizukommen.
    Martin, der auf der Türschwelle saß und die letzten Strahlen der Sonne genoß, schnitzte aus einem Eibenast den Kiel einer königlichen Fregatte. Justinien setzte sich neben ihn und sah ihm schweigend zu. Aus der Ferne drang der Lärm des Dorfes zu ihnen hinüber, der hin und wieder wegen des begeisterten Applauses noch anschwoll.
    Nach einer Weile, die so lange dauerte, daß man einen Kuchen hätte backen können, sah Martin von seiner Arbeit auf und fragte:
    » Ist es wegen dieser Tänzerin, daß du wie ein geprügelter Hund aussiehst? Hat ihr vielleicht unser Wein nicht geschmeckt? Obwohl du dir nicht gerade den schlechtesten ausgesucht hast.«
    Die Wangen des jungen wurden so rot wie ein Hahnen
    kamm. Der alte Seemann lächelte ihn an, um ihn zu beruhigen.
    »Sei unbesorgt. Éponine weiß nichts davon. Aber du hättest mich fragen müssen. Ich hoffe, es war die Mühe wert, denn wenn man dich so ansieht, könnte man daran zweifeln.«
    Justinien blieb stumm. Martin fragte nicht weiter und wandte sich wieder seiner minuziösen Arbeit zu. Um sie kurz darauf erneut zu unterbrechen:
    »Du bist nicht krank?«
    » Krank? Nein, ich glaube nicht.«
    Es sei denn, dieses quälende Verlangen, Mouchette sehen und vor allen Dingen berühren zu wollen, war eine Krankheit.
    »Du siehst mich verwundert an, aber es wird Zeit, daß du weißt, daß das Herumschäkern mit einer Frau unangenehme Folgen haben kann. Man nennt es Tripper oder auch brennende Pisse, weil es dann, wenn du pinkelst, wie Feuer brennt... Pibrac hatte eine unfehlbare Methode, um sich davon zu kurieren: Er aß drei Monate lang kein Fleisch und trank nur Regenwasser.
    »Hat er deshalb niemals geheiratet?«
    »Nein.«
     
    Martin warf einen kurzen Blick ins Haus, um sich

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