Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Regenbogentruppe (German Edition)

Die Regenbogentruppe (German Edition)

Titel: Die Regenbogentruppe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Hirata
Vom Netzwerk:
Schuljahren hatte es zu nichts gereicht, jetzt aber, in nur sechs Tagen, in denen er Kopra geschleppt hatte, hatte er sich ein Haarwuchsmittel aus Pakistan kaufen können.
    Einen Tag später war Mahar verschwunden.
    Offensichtlich hatte er seinen Nebenjob als Kokosfleischraspler aufgestockt. Früher hatte er nur nach dem Unterricht gearbeitet, nun arbeitete er ganztags. Drei Tage später zog er in der Koranstunde, als der Lehrer gerade nicht hinsah, etwas aus seinem Sarong: einen Nunchaku – Bruce Lees todbringende Waffe! Mahar war über die Maßen glücklich. Schon immer hatte er einen Nunchaku kaufen wollen, nun war sein Traum in Erfüllung gegangen.
    Natürlich folgte A Kiong seinem Vorbild Mahar. Eines Montagmorgens vermissten wir auch seine Nasenspitze und seinen Dosenkopf.
    A Kiong wollte sich nicht allzu weit aus Mahars Dunstkreis entfernen. Daher verdingte er sich als Gebäckverkäufer. Mit einer großen Blechschüssel auf dem Kopf lief er über den Markt, wo Mahar in einem chinesischen Gemüseladen als Kokosraspler tätig war. A Kiong erzählte mir, dass Kuchen und Gebäck guten Gewinn einbrächten. »Da verdienst du mehr, als wenn du in Kanälen nach Golfbällen suchst, Ikal. Kuchen verkaufen macht nicht viel Mühe, und du brauchst dich nicht um Krokodile zu scheren.«
    Wir hatten früher immer versucht, etwas Geld zu verdienen, indem wir nach Golfbällen getaucht hatten, die den neureichen Golfspielern vom Management der Bergbaugesellschaft in den Teich gefallen waren und die wir dann an die Caddies verkauft hatten.
    A Kiong schüttelte die Münzen in seiner prallgefüllten Hosentasche, es klimperte. Das Klimpern klang verführerisch.
    Am Montag drauf schwänzte ich die Schule und ging mit der Blechschüssel auf dem Markt Kuchen verkaufen.
    *
    Es war reine Ironie: Kucai, unser Klassensprecher, hätte uns eigentlich zu einer Zeit, da die Moral unserer Klasse auf einen Tiefstand gesunken war, wieder aufbauen sollen, er hatte der Schule jedoch den Rücken gekehrt und damit eine fatale Kettenreaktion ausgelöst, die sie zugrunde richten konnte. Immerhin blieben Sahara, Flo, Trapani, Harun und Lintang in der Klasse. Eigentlich wollte auch Syahdan bleiben, doch die Trauer über den Tod von Pak Harfan, der sich Bu Mus weiter hingab, machte ihn pessimistisch. Ein kleiner Anstoß von Kucai genügte, ihn dazu zu bringen, sich für eine geachtete Arbeit zu entscheiden und Boote zu kalfatern.
    Der Einzige, der nicht nachließ, platten Fahrradreifen, einer notdürftig geflickten Kette und den üblichen Krokodilbegegnungen zum Trotz, war Lintang. Er ließ sich nicht davon beirren, dass seine Klassenkameraden von der Schule wegblieben, und er ließ sich auch von den Baggern nicht beeindrucken. Er kam weiterhin morgens als Erster und fuhr als Letzter nach Hause.
    »Ich lerne weiter, bis der heilige Pfeiler der Schule fällt«, erklärte er mir mit Nachdruck. Der heilige Pfeiler, das Vermächtnis von Pak Harfan, war für Lintang das Symbol für den Kampf unserer Schule.
    Da Bu Mus oft nicht kam, übernahm Lintang ihre Aufgabe. Er gab Unterricht in allem, wie Bu Mus es getan hatte, angefangen von Mathematik bis zur islamischen Zeitrechnung. Seine Schüler waren Sahara, Flo, Trapani und Harun. Die fünf harrten treu aus.
    *
    Bu Mus war vollkommen überrascht, als Mujis ihr berichtete, er hätte von Weitem Schüler in unserem Klassenzimmer gesehen. Sofort stieg sie aufs Fahrrad und radelte, so schnell sie konnte, zur Schule.
    Dort angekommen, lehnte sie ihr Fahrrad an den Filicium. Undeutlich hörte sie Stimmen aus der Richtung der Klasse. Aufgeregt ging sie näher und spähte durch die Ritzen in der Wand. Da sah sie Lintang, wie er gerade Sahara, Flo, Trapani und Harun die Geschichte von Sukarno, dem ersten Präsidenten Indonesiens, erzählte, der nicht nachgegeben und in der Zeit seiner Gefangenschaft in Bandung weiterstudiert hatte, um die Unabhängigkeit seines Vaterlandes zu erkämpfen.
    Bu Mus kamen die Tränen. Diese Geschichte hatte sie uns früher einmal erzählt, um unseren Kampfgeist zu entfachen. Sie hatte uns gelehrt, unsere Schule zu verteidigen, was auch immer kommen mochte.

 
     
     
    35  Ich hatte die Blechschüssel mit dem Gebäck abgesetzt, um mich zu bücken, und sah ihr Gesicht nicht. Sie suchte sich etwas aus und fragte: »Was kostet das, junger Mann?«
    Ich erschrak, denn ich erkannte die Stimme auf Anhieb. Bu Mus stand vor mir.
    »Ikal«, sagte sie langsam, »komm zurück in die Schule!«
    Bu Mus

Weitere Kostenlose Bücher