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Die reinen Herzens sind

Die reinen Herzens sind

Titel: Die reinen Herzens sind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Faye Kellerman
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Höhe knickten ihr die Arme ein.
    Ohrenbetäubendes Krachen und Scheppern.
    Sie hörte es. Eric hörte es. Ihr Versagen war unüberhörbar. Schweiß sammelte sich über ihren Brauen. Sie zwang sich, tief durchzuatmen.
    »Warum hast du keine Handschuhe an?« fragte Eric.
    »Brauche keine.«
    »Du brauchst welche, Tandy«, sagte Eric. »Ohne Handschuhe kann man nicht ernsthaft an Gewichten arbeiten.« Er streckte die Hand aus und half ihr hoch. Er musterte sie auf Armeslänge. »Alles in Ordnung, Tandy. Du hast die richtige Einstellung. Mach dir keine Sorgen. Rückschläge sind immer drin. Und jetzt hol dir Handschuhe.«
    »Eric, ich wollte sowieso aufhören.«
    » Aufhören?«
    »Bin schon eine Weile dabei.«
    »Aber du hast eine Übung versucht und nicht geschafft. Also geh zurück und mach’s noch mal. Man hört nie, niemals, nie mit einem Fehlversuch auf. Das weißt du!«
    »Eric, ich habe die ganze Nacht gearbeitet!«
    »Ich auch. Babe. Die alte Dame, die ich versorge, hat Stunden auf dem Klo verbracht. Darmgeschichten.« Eric schüttelte den Kopf. »Falls ich im Alter je inkontinent werden sollte, tu mir den Gefallen und zieh den Stecker raus. Ihre Familie meidet sie, als habe sie die Pest. Mann, sie kann von Glück sagen, daß sie mich aufgetan hat.«
    Glück, nur solange die Trinkgelder sprudeln, dachte Tandy. Eric war wie alle anderen. Nicht wie sie. Sie arbeitete, weil es ihr ein Bedürfnis war. Deshalb tat sie, was sie tat. Das sagte sie sich immer, und immer, und immer wieder …
    »He, Tandy, bist du noch von dieser Welt?«
    »Klasse, Eric, daß du den Leuten hilfst!«
    »Bringt gutes Geld, aber ich bin hundertprozent bei der Sache. Was immer man tut, und wenn’s Toilettenputzen ist, du mußt hundertprozent bei der Sache sein. Das ist faul im Staate Amerika! Niemand nimmt das Leben noch ernst. Ist alles ein großer Spaß. Gewichtheben ist kein Spaß, Tandy. Also Schluß mit der Faulenzerei! Hol die Handschuhe, und dann ran an die Gewichte.«
    »Ich bin so müde, Eric. Ich kann nicht.«
    »Tandy, ›ich kann nicht‹ gibt’s bei uns nicht.«
    Eric hatte dabei ihre Stimme imitiert.
    Er machte sich über sie lustig. Machte sie nieder. Aber sie war nicht schlecht, verdammt! Arbeitete die ganze Nacht zum Wohl der Menschheit! Und dann direkt von der Arbeit zum Gewichtheben. Zu viel. Zu anstrengend. Sie würde zusammenbrechen.
    Sie war auf der Verliererstraße.
    Unfähig sich zu bewegen, beobachtete sie, wie Eric die Straßenkleidung auszog, bis er nur noch in seinem Tanga vor ihr stand. Die Ausbeulung vorn zeichnete sich groß und deutlich ab.
    Eric wandte sich zu ihr. Er nahm ihr Gesicht in beide Hände. »Weinst du jetzt?«
    »Nein …«
    »Doch, du weinst gleich.«
    »Nein, ehrlich nicht. Bin okay.«
    »Okay?« Erics Stimme wurde gemein. »Du bist nicht okay, Tandy. Weißt du, was du bist? Du bist ein Jammerlappen.«
    Und sofort wußte sie, daß sie nur zwei Möglichkeiten hatte: entweder der Jammerlappen zu bleiben oder wütend zu werden.
    Bring ihn um, sagte die tiefe Stimme.
    Bring ihn um, sagte die hohe Stimme.
    Ein Lächeln huschte über ihr Gesicht. Sie schlug seine Hände weg und tat sich dabei selbst weh. »Willst du wissen, wer ein Jammerlappen ist, Eric? Du bist ein Jammerlappen. Hast nur den zweiten gemacht bei der Mr.-L.A.-Wahl am Muskelbeach. Hast wie ein Hutzelzwerg ausgesehen neben der Nummer Eins. Also verpiß dich!«
    Eric lachte. »Braves Mädchen! Das ist wieder die Tandy, wie ich sie kenne und liebe. Scheiß drauf! Hol dir die Handschuhe.«
    Tandy schloß die Augen. Sie fühlte heißen Schweiß an ihren Handflächen, das Klopfen ihres Herzens. Sie hatte keine andere Wahl, als zu gehorchen. Wenn nicht, würden Eric und die anderen ihr das Leben schwer machen. Und dann würde sie außer Kontrolle geraten.
    Sie wußte, Eric wollte ihr nur helfen. Nicht so wie die anderen. Die Leute, die ihr das Leben geschenkt hatten, nur um es ihr dann zur Hölle zu machen. Eltern konnte man sie kaum nennen. Eltern waren sie nie gewesen.
    Bilder schossen ihr durch den Kopf … aus der Zeit bevor sie die Kontrolle gewonnen hatte. Mengen von Essen. Berge von Essen.
    Berge über Berge über Berge …
    »Hol dir die verdammten Handschuhe!« brüllte Eric.
    Berge über Berge …
    »Tandy? Alles in Ordnung?« fragte Eric.
    Sie holte tief Luft und schrie, so laut sie konnte. In ihrem Kopf hallte der Schrei noch nach, als er ihre Kehle längst schon verlassen hatte.
    Dann ging sie hinaus und holte die

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