Die Reise-Bibel
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mit Gerhart Polt schon vor Jahren im Kino sehen konnte. Geändert hat sich scheinbar wenig seitdem. Und da habeSn wir unsere
urlaubstypische Landestracht noch nicht mal erwähnt, für die wir international geächtet und verlacht werden – das Duo des
Grauens, dürfen wir vorstellen: Socke & Sandale! Doch immerhin wird uns eine gewisse Neugier zugestanden, wie Richard
W.B. McCormack befand: »Die Deutschen fahren ins Ausland, um auch mal andere Vorurteile kennenzulernen!«
Der Japaner
Verhält sich im Urlaub so, als sei er im Grunde auf der Flucht und gleichzeitig dabei, seine Aufenthaltsorte für die CIA zu
dokumentieren. Aus diesem Grund ist er mit seinem Handy oder einem sündteuren Fotoapparat verwachsen. |104| Der Japaner tritt meistens im Rudel auf und er ist schnell: Europa in sechs Tagen, das erscheint ihm wie eine Bummelei von
Faultieren, ER schafft Europa auch in vier Tagen, wenn er sich Mühe gibt. Allerdings ist es extrem schwer, am eingefrorenen
Pokerface so eines Mannes aus Kioto oder Tokio abzulesen, ob ihm die Reise eigentlich Spaß macht. Wenn er gefragt wird, wackelt
er natürlich friedfertig mit dem Kopf und verbeugt sich wie ein Wackeldackel, und die Vokabel »Beschwerde« scheint in seinem
aktiven Sprachschatz gar nicht vorhanden zu sein. Das ist vermutlich auch der Grund, warum 15 000 Hoteliers in Europa den »Japaner« lieben – im Ranking der beliebtesten Touristen von Expedia.de stand der Japaner ganz vorne.
Der Italiener
Es ist merkwürdig: Man hätte schwören können, dass sich mindestens 25 Leute an der Hotelbar tummeln, die Geräuschkulisse jedenfalls klingt danach. Doch kaum biegt man um die Ecke, sieht man, wie
sich fünf oder sechs kleine Italiener um eine auf den ersten Blick staatenlose Schönheit balgen, während drei von ihnen gleichzeitig
in ein Mobiltelefon rufen wie in eine Flüstertüte und sich dabei aufführen, als seien sie in einem Freibad in Rom und erhielten
sofort einen Schlag auf den Kopf, wenn sie mal für zehn Sekunden die Klappe halten würden. Italiener sind quirlig, um’s mal
so auszudrücken, und selbst außerhalb der Oktoberfest-Zeit neigen sie zur Gruppenbildung. Anders als Japaner gehen sie dabei
aber weder leise noch diskret vor, sind aber – und das kompensiert ja einiges – meistens besser gekleidet. In modischen Dingen
sind selbst römische Taxifahrer dem Gros der gemeinen Touristen überlegen, doch sie machen zu wenig aus diesem Startkapital:
Der Hang zur großen Oper ist ihnen einfach nicht auszutreiben. Und dann diese Gelfrisuren.
|105| Die Skandinavier
Natürlich gibt es Unterschiede zwischen Schweden, Dänen oder Finnen, sicherlich. Die Finnen sehen gern aus wie die Jungs von
»Lordi«, nämlich auf eine nachtgespenstige Art und Weise scheiße, während die Schweden tatsächlich oft flachsblond sind und
die Dänen in der Fremde lustig gemeinte Hüte tragen. Die Gemeinsamkeiten aber überwiegen: Es scheint ein Naturgesetz zu sein,
dass Skandinavier zu viel Alkohol trinken. Zu viel heißt in diesem Fall, dass sie nicht mehr allein in ihr Hotel finden, kehlige
Lieder intonieren und ihre Frauen bei Poolpartys oder abends am Strand auf verantwortungslose Art und Weise aus den Augen
verlieren, was sie bei Jungs aus Ländern mit weniger Durst zu beliebten Kumpels, aber für den Rest des Urlaubs auch sehr einsam
macht. Zuweilen neigen SchwedenFinnenDänen auch zu Schwermut, Stimmungskanonen sind sie in der Regel unterhalb der Promillegrenze
eher nicht. Für Abendveranstaltungen sind Skandinavier meistens nicht ausgerüstet, elegante Garderobe scheint dort nur auf
Hochzeiten oder Begräbnissen notwendig, meistens sehen Skandinavier auch in der Disco so aus, als kämen sie gerade vom Angeln.
Der Brite
Gehört bei den Hoteliers in aller Welt zu den eher unbeliebten Völkchen. Das beginnt damit, dass es dem durchschnittlichen
Briten schon an der ästhetischen Grundausstattung mangelt: Das obligatorische Trash-Triumvirat aus miesen Tattoos, alberner
Frisur und ausgeleiertem Trikot von Chelsea, Liverpool oder Manchester verfügt an sich schon über den gruseligen Schauwert
eines Auffahrunfalls, gesteigert wird dieser erste Eindruck in der Regel noch durch grumpfigen Cockney-Dialekt und die Körpersprache
eines Kirmesboxers. Das wäre alles noch zu ertragen, wenn der Engländer im alkoholisierten Zustand nicht so viel Energie |106| darauf verwenden würde, die vorgefundenen
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