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Die Reise der Jona

Die Reise der Jona

Titel: Die Reise der Jona Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Gerrold
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hatte sie bereits mit den Buggeschützen erledigt.
    Dann herrschte Stille. Stücke von Fleisch und Knochen und Plastik taumelten in die Dunkelheit davon und waren für immer verschwunden.
    Das lauteste Geräusch im Universum war Kories keuchendes Atmen innerhalb seines Helms.
    Er schrie. Er fluchte. Er stammelte zusammenhangloses Zeug. Er spuckte abgehackte Worte voll rasender Wut hervor, und alles war rot…
    »Sir!« Hodel schrie in seinem Helmlautsprecher. »Fehlt Ihnen etwas?«
    Korie hörte die besorgte Frage, aber er war außerstande, eine Antwort zu geben. Er wollte etwas zerstören. Er wollte jemandem wehtun. Egal wem. Er hätte seine geballte Faust in das Angesicht Gottes schlagen können…
    »Ich… es geht schon wieder. Mir fehlt nichts«, sagte er schließlich. »Halten Sie einfach für eine Minute den Mund.«

 
Fürst der Drachen
     
     
    »Sir? Sie kommen her.«
    »Verstanden«, sagte Korie. Er nahm einen Schluck Wasser aus seinem Helmschlauch. Ich habe ihm die Erlaubnis erteilt. Ich habe gesagt, er könne es tun! Er sprach, und seine Stimme klang rauh wie ein Reibeisen. »Wage ja niemand mehr, eine Meinung auszudrücken. Niemals. Ich meine es ernst. Ich scherze nicht!«
    Hodel antwortete nicht.
    Nach einer Pause fragte Korie: »Wo stecken sie jetzt?«
    »Nähern sich schnell durch den Normalraum. Hohe Beschleunigung.«
    »Sie wollen uns einschüchtern.«
    »Es funktioniert.«
    »Erwartete Ankunftszeit?«
    »Drei Minuten.«
    Korie schaltete seinen Helm erneut auf das visuelle Signal der Drachenfürst. Das Bild war nun viel deutlicher; immer noch verwischt, aber während er hinsah, wurde es schärfer und schärfer.
    Zuerst erkannte er nur ein helles Muster, einen orangefarbenen Fleck, eine flammenfarbige Präsenz – aber dann begann das Schiff, Gestalt anzunehmen, wurde zu einem verwinkelten, drachenköpfigen Keil, der immer neue Einzelheiten preisgab. Die Drachenfürst zeigte ihre Zähne; sie bestand nur aus Ecken und Kanten, und ihr Rumpf war übersät mit Stacheln und glühenden Punkten, die aussahen wie Reihen von Nieten. Die Drachenfürst öffnete ihre Augen und funkelte sie an. Sie war das Raubtier schlechthin, und ihre Herren wußten das. Auf der Seite trug sie in riesigen Ziffern die Nummer 666, und der Bug war bemalt wie das Gesicht eines Drachen, der eben erst der Hölle entstiegen war.
    »So also siehst du aus, du Mistding…«
    Das Bild vor seinen Augen wuchs unaufhörlich weiter. Die Drachenfürst war kein gewöhnliches Raumschiff. Sie war eine kleine Stadt. Sie war ein Monstrum. Sie war eine einzige Mauer aus Torpedorohren und Kanonen.
    Habe ich wirklich geglaubt, ich könnte das da herausfordern?
    Ein Knoten von Zweifel bildete sich in Kories Magen und begann, durch den Schlund in seine Kehle zu wandern.
    Er schaltete die Bildübertragung seines Helms ab in der Hoffnung, dem Anblick zu entkommen…
    … aber das riesige Schiff war bereits da. Es füllte das Universum vor ihm aus. Es erstrahlte machtvoll im eigenen Licht. Korie wurde von Furcht erfaßt, und Schwindel breitete sich in ihm aus. Er hatte ein Gefühl, als blickte er aus großer Höhe auf eine Stadt hinunter und könnte jeden Augenblick kopfüber in die Tiefe stürzen.
    Das Gewehr in seinen Händen war vergessen, ebenso wie sein Schiff und die Torpedos – und die Fernbedienung an seinem Gürtel…
     
    »Heilige Büffelscheiße. Seht euch all die verdammten Indianer an!« Das war Hodels Stimme. Korie erwachte blinzelnd aus seiner Starre und erkannte, daß sein stellvertretender Offizier die Pointe einer uralten Anekdote zitierte. Wie lauteten General Custers letzte Worte? Allerdings paßte der Querverweis – und das reichte aus, um Korie aus seiner entsetzten Träumerei zu reißen.
    Ob sie unsere Kapitulation verlangen? Er dachte nach.
    Seine eigenen Zweifel gaben ihm die Antwort. Warum sich deswegen Gedanken machen? Wir sind vollkommen nutzlos für sie. Wir besitzen nichts, das sie haben wollen. O Gott – ich habe mich diesmal wirklich mächtig verschätzt.
    »Senden sie irgendwelche Signale?«
    »Nein, Sir. Sie studieren uns lediglich. Wir werden von einer Menge Abtasterstrahlen getroffen. Ich glaube nicht, daß wir noch irgendwelche Geheimnisse haben.«
    »Meine Meinung.«
    Worauf warten Sie? Warum blasen sie uns nicht aus dem All und fertig?
    »Vielleicht sollten wir…«, wollte Hodel fragen.
    »Nein!« unterbrach ihn Korie. »Wenn sie uns zerstören wollten, hätten sie es bereits tun können.« Er schluckte schwer.

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