Die Reise des Elefanten - Die Reise des Elefanten - A viagem do elefante
Tränen trocknete. Er dachte sogar noch daran, zurückzugehen und im Dorf um Unterschlupf zu ersuchen, bis die Nebelbank sich gelichtet hätte, aber er hatte die Orientierung verloren, brachte sämtliche Himmelsrichtungen durcheinander, als befände er sich in einem ihm fremden Raum, und so fiel ihm nichts Besseres ein, als sich wieder hinzusetzen und abzuwarten, bis das Schicksal, der Zufall, das Los, eines davon oder alle zusammen, diese selbstlosen Freiwilligen zu diesem winzigen Fleckchen Land führen würde, auf dem er sich befand, einer Art Insel im Ozean, von der Außenwelt abgeschnitten. Oder besser, zu dieser Stecknadel im Heuhaufen. Nach drei Minuten war er eingeschlafen. Was ist der Mensch doch für ein merkwürdiges Tier, mal leidet er wegen nichts und wieder nichts an schrecklicher Schlaflosigkeit, und dann schläft er am Vorabend einer Schlacht seelenruhig ein. So auch jetzt. Er klammerte sich derart an den Schlaf, dass er vermutlich heute noch schliefe, hätte nicht Salomon irgendwo im Nebel auf einmal ein dröhnendes Trompeten ausgestoßen, dessen Echo vermutlich bis an die fernen Ufer des Ganges schallte. Noch ganz benommen durch das jähe Erwachen, konnte er den Standort jener Tonquelle nicht ausmachen, die beschlossen hatte, ihn aus seiner tödlichen Erstarrung oder gar Schlimmerem zu erretten, denn das hier ist Wolfsland, und ein einzelner, unbewaffneter Mensch kann gegen ein Rudel oder auch nur ein Einzelexemplar dieser Gattung nichts ausrichten. Salomons zweiter Ruf war noch mächtiger als der erste, begann er doch mit einem dumpfen Kollern tief unten im Schlund, ähnlich einem Trommelwirbel, gefolgt von jenem rhythmischen Schmettern, das den Schrei dieses Tieres ausmacht. Wie ein angreifender Ritter mit Lanze in der Hand durchquert der Mann bereits den Nebel, während er im Geiste fleht, Noch einmal, Salomon, noch einmal, bitte. Salomon erfüllte ihm den Wunsch und stieß ein neuerliches Trompeten aus, weniger laut diesmal, als wäre es nur eine Bestätigung, da der Schiffbrüchige, der er schon nicht mehr war, bereits ankam, hier ist der Wagen der Kavallerieintendantur, er kann ihn noch nicht im Detail erkennen, denn Menschen und Dinge sind nichts weiter als verschwommene Kleckse,und uns kam gerade ein anderer, weitaus unangenehmerer Gedanke, was, wenn dieser Nebel einer von der Sorte ist, welche die Haut zerfrisst, die der Menschen, der Pferde und selbst des Elefanten, mag diese auch so dick sein, dass kein Tiger seine Zähne darin vergraben kann, Nebel ist nicht gleich Nebel, eines Tages wird man rufen, Gas, und wehe dem, der keinen passenden Helm trägt. Der Schiffbrüchige fragt einen vorbeikommenden Soldaten, der sein Pferd am Koppelstrick führt, ob die Freiwilligen schon von ihrer Rettungsmission zurückgekehrt seien, und der sieht ihn nur misstrauisch an, als hätte er es mit einem Provokateur zu tun, denn die gab es im sechzehnten Jahrhundert auch schon in großer Zahl, man konsultiere nur die Inquisitionsarchive, und erwidert trocken, Wie kommst du denn darauf, hier erfolgte kein Freiwilligenaufruf, bei einem solchen Nebel gibt es nur eine vernünftige Haltung, und das ist die, die wir eingenommen haben, nämlich zusammenzubleiben, bis derjenige von allein beschließt aufzustehen, im Übrigen entspricht es nicht der Art des Kommandanten, Freiwillige aufzurufen, in der Regel bestimmt er einfach, du, du und du, ihr da vorn, los, für den Kommandanten gilt, Helden sind wir entweder alle oder keiner. Und um seine Absicht, das Gespräch zu beenden, noch deutlicher zu machen, schwang der Soldat sich eilig aufs Pferd, sagte, Bis später, und verschwand im Nebel. Er war unzufrieden mit sich selbst. Hatte er doch Erklärungen abgegeben, um die ihn niemand gebeten hatte, Bemerkungen gemacht, zu denen er nicht berechtigt gewesen war. Doch dann beruhigte ihn die Tatsache, dass der Mann, obgleich vom Körperbau nicht unbedingt geeignet, offensichtlich zur Gruppe derer gehörte, die eingestellt worden waren, um an den schwierigen Stellenbeim Ziehen oder Schieben des Ochsenkarrens zu helfen, anders konnte es nicht sein, und das waren schweigsame Menschen mit grundsätzlich wenig Phantasie. Grundsätzlich, sei hier gesagt, denn an Phantasie schien es dem im Nebel verlorengegangenen Mann nicht zu mangeln, hatte er doch mit derartiger Leichtigkeit jene Freiwilligen zu seiner Rettung aus dem Nichts, aus dem Nichtpassierten gezaubert. Doch zur Rettung seiner Glaubwürdigkeit gibt es ja noch den
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