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Die Reise des Elefanten - Die Reise des Elefanten - A viagem do elefante

Die Reise des Elefanten - Die Reise des Elefanten - A viagem do elefante

Titel: Die Reise des Elefanten - Die Reise des Elefanten - A viagem do elefante Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Puchner
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Aufstellungsordnung stammende, die darüber entschied, ob man sich in einer Zweier- oder einer Dreierkolonne formiert, schließlich macht es einen Unterschied, ob dreißig Mann auf die eine oder die andere Art angeordnet sind, im ersten Fall hätte die Kolonne nämlich fünfzehn Reihen, eine übertriebene Länge, die der kleinste persönliche oder kollektive Aufruhr leicht zunichtemachen kann, während sie im zweiten Fall auf einen festen Zehnerblock begrenzt wäre, dem nur noch die Schilder fehlen, um einer römischen Schildkrötenformation zu gleichen. Doch der Unterschied ist vor allem ein psychologischer. Man bedenke, dass diese Männer einen langen Marsch vor sich haben, auf dem man sich selbstverständlich zum Zeitvertreib unterhält. Nun, zwei Männer, die zwei bis drei Stunden am Stück zusammen marschieren müssen, werden früher oder später, selbst bei einem sehr großen Kommunikationsbedürfnis, in ein gezwungenes Schweigen verfallen, und vielleicht, wer weiß, anfangen, sich zu hassen. Und da könnteso manch einer der Versuchung verfallen, den anderen den Abgrund hinabzustoßen. Recht haben daher jene Menschen, die sagen, Drei sei die Zahl Gottes, die Zahl des Friedens, die Zahl der Eintracht. Bei dreien kann zumindest jeder ein paar Minuten lang schweigen, ohne dass es allzu sehr auffällt. Schlimm wird es, wenn einer davon sich gerade überlegt hat, einen der beiden anderen zu beseitigen, um an dessen Essensration zu kommen, und beispielsweise den Dritten zur Mitwirkung bei dieser schändlichen Tat auffordert, worauf dieser ihm reumütig antwortet, Ich kann nicht, ich habe bereits dem anderen versprochen, ihm zu helfen, dich umzubringen.
    Man vernahm den schnaubenden Trott eines Pferdes. Es war der Kommandant, der die Karrenzieher verabschieden und ihnen eine gute Reise wünschen wollte, eine Aufmerksamkeit, die man von einem Heeresoffizier nicht ohne weiteres erwartete, war dieser auch noch so bekannt für seine moralischen Qualitäten, und seine Vorgesetzten sähen dies bestimmt nicht gern, schließlich waren sie erbitterte Verfechter einer Regel, die so alt ist wie der Dom von Braga und besagt, dass es für jede Sache einen festen Platz geben muss, damit jede Sache ihren Platz hat, auf dem sie dann verbleiben kann. Als Grundprinzip einer effizienten häuslichen Ordnung mag das ja durchaus löblich sein, schlimm wird es nur, wenn man Menschen auf dieselbe Art in Schubladen steckt. Mehr als logisch erscheint uns indes, dass die Karrenzieher, sollten die verschwörerischen Mordabsichten, die in einigen dieser Köpfe aufkeimen, sich bestätigen, diese feinsinnigen Überlegungen gar nicht verdienen. Überlassen wir sie also ihrem Schicksal und sehen uns an, was dieser andere Mann möchte, der sicheilends nähert, obwohl ihm die Beine aufgrund seines Alters keine große Hilfe sind. Die Worte, die er, kaum dass er in Hörweite war, keuchend ausstieß, lauteten folgendermaßen, Der Herr Bürgermeister lässt Euer Ehren ausrichten, die Taube sei eingetroffen. Also stimmte es doch, die Brieftauben kehren nach Hause zurück. Das Haus des Bürgermeisters war nicht weit, doch der Kommandant verlangte seinem Pferd ein Tempo ab, als wollte er noch vor dem Mittagessen in Valladolid ankommen. Keine fünf Minuten später stieg er vor dem Portal des Wohnhauses ab, lief die Stufen hinauf und bat den erstbesten Diener, ihn zum Bürgermeister zu bringen. Er musste ihn gar nicht erst suchen, kam er doch von allein an, mit diesem zufriedenen Gesichtsausdruck, den man von einem Taubenzüchteramateur bei einem Triumph seiner Schützlinge erwartet. Sie ist eingetroffen, sie ist eingetroffen, kommen Sie mit, sagte er begeistert. Sie traten auf eine geräumige, überdachte Veranda, wo ein riesiger Rohrkäfig einen Großteil der Wand einnahm. Hier haben wir unsere Heldin, sagte der Bürgermeister. An der Kralle der Taube hing noch immer die Botschaft, weshalb der Eigentümer sich bemüßigt sah, zu erklären, In der Regel nehme ich die Botschaft gleich ab, wenn die Taube landet, damit sie nicht glaubt, sie hätte ihren Auftrag umsonst ausgeführt, aber diesmal habe ich lieber auf Sie gewartet, denn Sie sollen gänzlich zufriedengestellt werden, Ich weiß nicht, wie ich Ihnen danken soll, Herr Bürgermeister, glauben Sie mir, dies ist ein großer Tag für mich, Das bezweifle ich nicht, Herr Kommandant, das Leben besteht nicht nur aus Hellebarden und Gewehren. Der Bürgermeister öffnete die Käfigtür, steckte seinen Arm hinein

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