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Die Reise des Elefanten - Die Reise des Elefanten - A viagem do elefante

Die Reise des Elefanten - Die Reise des Elefanten - A viagem do elefante

Titel: Die Reise des Elefanten - Die Reise des Elefanten - A viagem do elefante Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Puchner
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politische Erfahrung eines Staatsekretärs, er wird also gut daran tun, sich von dem führen zu lassen, der mehr weiß, bis der Augenblick gekommen ist, sofern er denn kommt, in dem es zu handeln gilt. Mit diesen Gedanken war der Kommandant gerade beschäftigt, als Subhro den improvisierten Schlafsaal betrat, wo der aufmerksame Unteroffizier ihm ein paar Strohballen reserviert hatte. Bei seinem Anblick überkam den Kommandanten ein Unbehagen, das nur von seinem schlechten Gewissen herrühren konnte, hatte er sich doch nicht für Salomons Gesundheitszustand interessiert und ihn auch nicht besucht, als wäre seine Mission mit der Ankunft in Castelo Rodrigo beendet. Wie geht es Salomon, fragte er, Als ich wegging, hat er geschlafen, erwiderte der Mahut, Was für ein tapferes Tier, rief der Kommandant mitfalscher Begeisterung aus, Er ist lediglich dort angelangt, wohin man ihn gebracht hat, Kraft und Widerstandsfähigkeit sind ihm angeboren und nicht etwa erworbene Tugenden, Du gehst heute sehr streng mit dem armen Salomon ins Gericht, Vielleicht wegen der Geschichte, die einer der Helfer mir gerade erzählt hat, Was für eine Geschichte, fragte der Kommandant, Die Geschichte einer Kuh, Kühe haben Geschichten, fragte der Kommandant erneut und lächelte, Diese ja, und es geht um zwölf Tage und zwölf Nächte in den galicischen Bergen, bei Kälte, Regen, Eis und Matsch, mit messerscharfen Steinen, mit Gestrüpp, so scharf wie Krallen, ohne große Rast und mit zahlreichen Kämpfen und Angriffen, mit Geheul und Gebrüll, die Geschichte einer Kuh, die sich mit ihrem Kalb auf den Feldern verlief, sich zwölf Tage und zwölf Nächte lang von Wölfen umzingelt und gezwungen sah, sich und ihr Kind zu verteidigen, eine äußerst lange Schlacht, diese Qual, an der Schwelle des Todes zu stehen, umringt von Zähnen, von weit aufgerissenen Schlünden, die plötzlichen Angriffe, die Stöße mit den Hörnern, die nicht danebengehen durften, der Kampf um ihrer selbst und eines kleinen Kälbchens willen, das sich noch nicht wehren konnte, und dann die Momente, in denen das Kalb die Zitzen der Mutter suchte und langsam saugte, während die Wölfe näher kamen, die Rücken durchgestreckt, die Ohren gespitzt. Subhro atmete tief durch und fuhr fort, Nach zwölf Tagen fand man die Kuh, unversehrt, ebenso das Kalb, und man führte sie im Triumphzug durchs Dorf, doch die Geschichte ist hier noch nicht zu Ende, sie ging noch zwei Tage weiter, bis die Kuh, weil sie verwildert war, weil sie gelernt hatte, sich zu verteidigen, weil niemand mehr sie zähmen oder sich ihr auch nur nähern konnte, getötet wurde, siehaben sie getötet, nicht die Wölfe, welche die Kuh in zwölf Tagen besiegt hatte, sondern genau jene Menschen, die sie retteten, vielleicht sogar ihr Besitzer, der nicht verstehen konnte, dass dieses einst so verträgliche, friedliche Tier nun, da es gelernt hatte, zu kämpfen, nie wieder damit aufhören konnte.  
    Ein paar Sekunden lang herrschte ehrerbietiges Schweigen in dem großen, steinernen Saal. Die anwesenden Soldaten, die zwar kaum über Kriegserfahrung verfügten, es sei hier erwähnt, dass die Jüngsten von ihnen noch nie den Pulvergeruch auf dem Schlachtfeld geschnuppert hatten, empfanden in ihrem Innersten ein großes Erstaunen über den Mut dieser Kuh, eines nicht vernunftbegabten Wesens, das, man stelle sich vor, so menschliche Gefühle wie Familienliebe, persönliche Opferbereitschaft und größte Entsagung an den Tag gelegt hatte. Als Erster sprach der Soldat, der so viel von Wölfen verstand, Deine Geschichte ist schön, sagte er zu Subhro, und dieser Kuh hätte gewiss eine Verdienstmedaille für ihren Mut gebührt, doch gibt es in deiner Erzählung ein paar Ungereimtheiten, Zum Beispiel, fragte der Mahut in einem Ton, als rüstete er sich zum Kampf, Zum Beispiel, wer hat dir von diesem Fall berichtet, Ein Galicier, Und wie hat der davon erfahren, Er hat ihn bestimmt von jemand anders erzählt bekommen, Oder darüber gelesen, Ich glaube nicht, dass er lesen kann, Er hat die Geschichte gehört und sie auswendig gelernt, Kann sein, ich habe sie nur wiederholt, so gut ich es konnte, Du hast ein gutes Gedächtnis, zumal die Geschichte in einer nicht ganz geläufigen Sprache erzählt ist, Danke, sagte Subhro, aber nun würde ich gern wissen, was für Ungereimtheiten du in der Erzählung gefunden hast, Zunächst einmal die Tatsache, dass man vermittelt bekommt, oder besser, dass eindeutig behauptet wird, der Kampf

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