Die Reise des Elefanten - Die Reise des Elefanten - A viagem do elefante
vorbereiten zu können. Nun ja, alles ist gut, wenn es nur gut ausgeht.
Subhro ist sich nicht sicher, ob dieses beruhigende Sprichwort auch auf ihn zutrifft. Die Schaulustigen am Straßenrand, die ihn in luftiger Höhe von drei Metern in seinem farbenprächtigen neuen Anzug vorbeiziehen sehen, dem Anzug für den Besuch bei der Taufpatin, hätte er denn eine gehabt, den er nicht etwa aus persönlicher Eitelkeit trägt, sondern um das Land, aus dem er stammt, würdig zu vertreten, glauben, dass dort ein über besondere Kräfte verfügendes Wesen vorbeireitet, während der arme Inder in Wirklichkeit zu zittern anfängt, sobald er nur an die nächste Zukunft denkt. Er glaubt, dass sein Arbeitsplatz bis Valladolid gesichert ist, irgendjemand wird ihm die Stunden und die Arbeit schon bezahlen, zwar mag es einfach erscheinen, auf dem Rücken eines Elefanten zu reisen, aber das behauptet nur der, der niemals versucht hat, ihn nach rechts zu lenken, wenn er nach links gehen will. Alles Weitere jedoch steht in den Sternen. Dass er vom erstenTag an geglaubt hatte, seine Mission sei es, Salomon nach Wien zu begleiten, erschien ihm berechtigt, das verstand sich eigentlich von selbst, denn wenn ein Elefant seinen persönlichen Mahut hat, ist es doch nur natürlich, dass dorthin, wohin der eine geht, auch der andere geht. Aber dass man es ihm gesagt hätte, Auge in Auge, war wiederum nicht der Fall. Bis Valladolid ja, aber mehr nicht. Daher ist es nur verständlich, dass Subhro sich im Geiste die allerschlimmsten Situationen ausmalt, nämlich in Valladolid anzukommen und dort auf einen anderen Mahut zu treffen, der seinen Bericht erwartet und die Reise fortsetzt, um dann in Wien am Hofe des Erzherzogs Maximilian in Saus und Braus zu leben. Doch anders, als wir, die wir niedrige materielle Interessen über wahre geistige Werte zu stellen pflegen, vielleicht meinen, war es nicht das Essen und Trinken, nicht das täglich gemachte Bett, das Subhro zu einem Seufzer veranlasste, sondern die plötzliche Eingebung, welche zwar eine Eingebung, aber streng genommen keine allzu plötzliche war, weil unterschwellige Zustände ebenfalls zählen, dass er dieses Tier liebte und sich nicht von ihm trennen wollte. Jawohl, aber falls in Valladolid bereits ein anderer Tierpfleger darauf wartet, sein Amt anzutreten, werden Subhros Herzensgründe wenig Einfluss auf die unparteiische Entscheidung des Erzherzogs haben. Da sprach Subhro, dort oben, wo niemand ihn hören konnte, während er sich im Rhythmus der Elefantenschritte wiegte, mit lauter Stimme, Ich muss mich mal ernsthaft mit dir unterhalten, Salomon. Glücklicherweise war niemand in der Nähe, sonst hätte man den Mahut für verrückt erklärt und die Sicherheit der Karawane in Abrede gestellt. Von diesem Augenblick an schlugen Subhros Phantasien eine andere Richtung ein. Wieim Falle einer nicht akzeptierten Liebe, gegen die sich alle aus unerklärlichen Gründen stellen, floh Subhro mit dem Elefanten über Felder, Hügel und Wälder, ritt vorbei an Seen, durchquerte Flüsse und täuschte die ihn verfolgenden Kürassiere, denen es nicht viel nützte, dass ihre Füchse so schnell galoppierten, denn auch ein Elefant ist, so er denn will, zu einem kleinen Galopp in der Lage. In dieser Nacht rückte Subhro, der stets in Salomons Nähe schlief, noch dichter an den Elefanten heran, sorgsam darauf bedacht, ihn nicht zu wecken, und flüsterte ihm etwas ins Ohr. Er goss die Worte förmlich hinein, mit einem unverständlichen Flüstern, das ebenso Hindi wie Bengalisch sein konnte oder auch eine Sprache, die nur die beiden verstanden, entwickelt und genährt in den Jahren der Einsamkeit, denn Einsamkeit war es gewesen, wenngleich unterbrochen von dem Geschrei der Krautjunker des Lissabonner Hofes oder des närrischen Pöbels aus Stadt und Umgebung oder, zuvor, auf der langen Schiffsreise nach Portugal, von den Witzen der Seeleute. Da wir nichts von diesen Sprachen verstehen, können wir auch nicht enthüllen, was Subhro Salomon ins Ohr flüsterte, doch wissen wir um die Sorgen, die der Mahut sich um seine Zukunft machte, und können uns daher irgendwie vorstellen, worum es ging. Subhro bat Salomon einfach nur um seine Mithilfe, indem er ihm ein paar praktische Tipps gab, wie er als Elefant auf wirkungsvollste Weise, und diese konnte durchaus auch radikal sein, seine Unzufriedenheit über eine erzwungene Trennung vom Mahut, sollte diese denn erfolgen, zum Ausdruck brächte. Ein Skeptiker mag nun
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