Die Reise des Elefanten - Die Reise des Elefanten - A viagem do elefante
anscheinend hat eine von ihnen gehört, von wem, weiß sie schon nicht mehr, dass dieses Krönen der Arbeitsochsen ein alter Brauch sei, vielleicht aus der Zeit der Griechen und Römer, und da der Marsch von hin und zurück zweihundertachtzig Leguas keine unerhebliche Arbeit ist, wurde der Gedanke von der einfachen wie auch der adligen Gesellschaft Valladolids mit Begeisterung aufgenommen, welche nun bereits ein großes Volksfest mit Ritterspielen, Feuerwerk, Armenspeisung und was immer der aufgeregten Phantasie der Bewohner sonst noch in den Sinn kam, plante. Wegen dieser zur augenblicklichen wie künftigen Beruhigung der Leser unerlässlichen Erklärungen haben wir nun die Ankunft des Erzherzogs beim Elefanten verpasst, was aber nichts ausmacht, denn dieser Erzherzog ist in unserer Erzählung schon öfter aufgetaucht, beschrieben oder nicht beschrieben, ohne dass dies eine Überraschung gewesen wäre, schließlich ist er dazu durch die höfischen Vorschriften verpflichtet, sonst wären es schließlich keine Vorschriften. Wir wissen, dass der Erzherzog sich nach dem Gesundheitszustand und Befinden seines Elefanten Soliman erkundigte und dass Fritz ihm die geeigneten Antworten erteilte, nämlich die, die unsere erzherzogliche Hoheit am liebsten hörte, was uns zeigt, dass der alte, zerlumpte Mahut in Sachen Finesse und List eines perfekten Höflings bereits einiges gelernt hat, er, dem der ungehobelte, eher den Frömmeleien von Beichtstuhl und Sakristei zugeneigte portugiesische Hof nicht gerade zum Vorbild gereichte, zumal man dem in das schmutzige Gehege von Belém verbannten Mahut niemals ein Angebot zur Verbesserung seiner Bildung machte. Man konnte sehen, dass der Erzherzog ab und zu die Nase rümpfte und sich ununterbrochen seines parfümierten Taschentuchs bediente, was die Matrosen mit ihrem abgehärteten Geruchssinn sicherlich überraschte, waren sie doch anjede Art von Gestank gewöhnt und somit völlig abgestumpft gegenüber dem üblen Geruch, der trotz des Windes nach der Spülung noch immer in der Luft hing. Nachdem der Pflichtbesuch des um die Sicherheit seiner Habe bangenden Eigentümers beendet war, zog der Erzherzog sich eilends zurück, den obligatorischen Pfauenschwanz von Hofschmarotzern im Schlepptau.
Als die Ladung verstaut war, was wegen der vier konzentrierten Tonnen Elefant auf der kleinen Fläche des Oberdecks diesmal einiger aufwendigerer Berechnungen bedurfte, war das Schiff zum Ablegen bereit. Der Anker wurde gelichtet, die Segel gehisst, ein rundes und auch die dreieckigen, welche von den portugiesischen Seefahrern ein gutes Jahrhundert zuvor wiederentdeckt und später als lateinische Segel bezeichnet wurden, das Schiff schaukelte schwerfällig auf den Wellen und nahm, kaum dass die Segel im Wind knatterten, Kurs auf Genua, in Richtung Osten, wie von dem Matrosen angekündigt. Die Überfahrt dauerte drei lange Tage, bei fast durchgehend aufgewühlter See, starkem Wind und einem Regen, der in wütenden Güssen auf den Rücken des Elefanten und das Sackleinen der Matrosen niederging, mit dem diese sich in ihren Manövern notdürftig zu schützen suchten. Der Erzherzog, der sich mit seiner Gattin im Warmen aufhielt, ließ sich nicht blicken, aller Wahrscheinlichkeit nach trainierte er gerade für sein drittes Kind. Als der Regen aufhörte und dem Sturm der Atem ausging, traten die Passagiere unsicheren Schrittes und blinzelnden Auges nach und nach ans Tageslicht, die Gesichter größtenteils von Übelkeit gezeichnet, unter den Augen furchterregende Ringe, und auch den Kürassieren, die sich an ferne Festlandserinnerungen zu klammern suchten, zu denenallerdings auch die schmachvolle Niederlage gegen die einfachen, schlecht bewaffneten portugiesischen Reiter in Castelo Rodrigo zählte, selbst wenn kein einziger Schuss gefallen war, nützte ihre künstlich kriegerische Haltung wenig. Als der vierte Tag anbrach, mit ruhiger See und wolkenlosem Himmel, tauchte am Horizont die ligurische Küste auf. Das Licht des Leuchtturms von Genua, dem die Bewohner der Stadt liebevoll den Namen La Lanterna gegeben hatten, wurde mit zunehmender Morgendämmerung schwächer, leuchtete indes immer noch stark genug, um die den Hafen ansteuernden Wasserfahrzeuge sicher zu führen. Zwei Stunden später, als man dem Schiff bereits einen Lotsen zugeteilt hatte, fuhr es in die Bucht ein und glitt langsam, die Segel fast vollständig eingezogen, in Richtung eines freien Platzes am Kai, wo deutlich erkennbar an
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