Die Reise in die Dunkelheit
fand er ihn nicht. Der Arzt, der sich verzweifelt an sein Leben klammerte, hatte es geschafft, sich im hinteren Teil des großen Zimmers zu verstecken.
Das Katz- und Mausspiel konnte nicht ewig so weitergehen, und das Finale ließ auch nicht lange auf sich warten. Der Schwarze Vernichter ignorierte den Stalker, zückte abermals seine fürchterliche Waffe und schwenkte den brüllenden Flammenstrahl durch den Raum. Wladlen stieß einen gellenden Schrei aus, als er sich plötzlich im Epizentrum der Feuerhölle wiederfand.
Taran durfte jetzt keine Sekunde zögern. Er stürmte in das Zimmer, schoss das restliche Magazin leer und sprang mit voller Wucht in seinen Gegner. Es war ein Gefühl, als würde er gegen eine Bleiwand rennen. Seine Zähne schlugen aufeinander, und ihm wurde schwarz vor Augen.
Die wilde Attacke des Stalkers beeindruckte den Giganten nicht weiter. Er blieb stehen wie ein Baum, packte Tarans Kopf mit eisernem Griff und rammte ihm das Knie in den Bauch. Dem Söldner blieb die Luft weg, in seine lädierte Rippe schoss stechender Schmerz.
Der Vernichter ließ ihm keine Chance, sich zu sammeln, schlug ihm das Gewehr aus der Hand und drosch ihm den Stahlhandschuh mit voller Wucht ins Gesicht. Der Stalker stürzte rücklings zu Boden und prallte dabei mit dem verletzten Oberarm gegen die Kante eines Bettgestells.
Taran spuckte Blut und rang nach Luft. Er ignorierte die Erschöpfung, fletschte die Zähne und tastete nach einem Halt, um wieder aufzustehen. Der Vernichter kam auf ihn zu und schüttelte warnend den Kopf. Um seiner Drohung Nachdruck zu verleihen, hielt er dem Stalker die Düse des Flammenwerfers direkt vors Gesicht.
Beim Anblick des Eisenmannes aus der Froschperspektive wurde Taran plötzlich klar, wem er seine wundersame Rettung am Platz des Aufstandes zu verdanken hatte. Das Bild des rätselhaften Ritters, das er für eine Wahnvorstellung gehalten hatte, erwies sich als völlig real. Schweigend stand der Vernichter vor ihm – riesig und unsäglich fremd. Er zögerte, als würde er auf etwas Bestimmtes warten. Im schmalen Sehschlitz des massiven Helms blitzen für einen Moment seine Augen auf. Menschliche, lebendige Augen.
Es war beinahe tröstlich, dass hinter der Maske aus Stahl kein seelenloser Roboter oder Mutant steckte, sondern ein ganz normaler Mensch. Zwar feindlich gesinnt, aber immerhin aus Fleisch und Blut . A n den Umgang mit solchen Feinden war der Stalker gewöhnt.
Vom zentralen Bahnsteig her waren endlich aufgeregte Stimmen zu hören. Stiefelgetrampel näherte sich. Der Unbekannte erwachte aus seiner Erstarrung, ließ den Flammenwerfer sinken und stapfte in den Gang, der Patrouille entgegen.
Erleichtert lehnte sich der Stalker gegen das Bettgestell. Doch als er hinter sich jämmerliches Wehklagen hörte, sprang er sofort wieder auf. Zwischen qualmenden Matratzen und zertrümmerten Möbeln lag Kantemirow. Sein verquollenes, mit Blut und Asche verschmiertes Gesicht war grässlich entstellt . A n Armen, Hals und Oberkörper hatte er fürchterliche Verbrennungen erlitten. Die Haut hing ihm in Fetzen vom Leib.
»Ruhig, ruhig … Halt durch, Wladlen.«
Taran stützte den Kopf des Arztes und hielt ihm die Feldflasche an die aufgeplatzten Lippen. Kantemirow trank gierig, verschluckte sich und begann am ganzen Körper zu zittern. Seine Beine scharrten unkoordiniert über den Boden – Zeichen der nahenden Agonie.
»Ich wusste es … Ich wusste es! Hörst du, Taran? Ich wusste, dass es gar nicht um die Pest geht!«
Wladlen zappelte in den Armen des Stalkers. Seine Augen leuchteten fiebrig, und sein schnappender Atem wurde langsam schwächer.
»Als ich mir seinen gefakten Detektor genauer angeschaut habe, wurde mir sofort alles klar! Er vernichtet nicht diejenigen, die sich angesteckt haben, sondern diejenigen, die dahintergekommen sind.«
»Dahintergekommen? Was meinst du damit?«
»Na was wohl?! Die geheime Bunkeranlage. Er ist der Hüter eines Geheimnisses, verstehst du?«
Kantemirow bot ein Bild des Jammers: leichenblasses, schmerzverzerrtes Gesicht, rastloser Blick, bebende Lippen. Der Mann bewegte sich am schmalen Grat zwischen Leben und Tod und mobilisierte die letzten Kräfte, um sich mitzuteilen.
»Der Bastard hat mich gefoltert … der Dreckskerl … Woher ich von Eden weiß, wollte er von mir wissen. Hast du gehört, Taran? Eden! So heißt das bei denen! Niemand hat mir geglaubt! Du auch nicht! Aber es existiert!«
Der Arzt begann zu husten und krallte sich am
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