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Die Reise in die Dunkelheit

Die Reise in die Dunkelheit

Titel: Die Reise in die Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrej Djakow
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Tarans Chronometer tickte und kündete davon, dass die Frist für seine unselige Mission unerbittlich ablief. Wie zum Hohn fielen ihm buchstäblich die Augen zu. Sein geschundener Körper brauchte immer noch Ruhe.
    »Schlaf jetzt ein bisschen. Ich schaue später wieder rein, dann besprechen wir alles.«
    Sosehr es Taran auch drängte, nach Gleb zu fragen, gegen die bleierne Müdigkeit konnte er nichts ausrichten. Kantemirows Silhouette verschwamm, entfernte sich und verschwand schließlich hinter einem schwarzen Schleier.
    War es Tag? Oder Nacht? Vielleicht die Morgendämmerung? Oder doch später Abend? Selbst der aufmerksamste Beobachter wäre nicht in der Lage gewesen, die Tageszeit oder auch nur die Jahreszeit zu benennen.
    Graublaue Rauchschwaden legten einen dichten Schleier über die Stadt. Im Feuerschein lodernder Brandherde konnte man da und dort die Umrisse ramponierter Wolkenkratzer sehen. Wie spitze Berggipfel durchstießen sie die schmutzig graue Decke des Smogs in dem vergeblichen Versuch, die Sonne zu erreichen. Doch bleierne Wolken und dicke Schwaden feinster Asche verbargen den Planeten vor zufälligen Beobachtern.
    Unwillkürlich wanderte der Blick über die endlosen, niedergebrannten Gefilde südlich des Autobahnrings – Spuren der Feuersbrunst, die hier vor Kurzem getobt hatte. Vom halb zerstörten Dach des mehrgeschossigen Hauses hatte man einen guten Überblick. Man sah die schwelenden Skelette der Bäume und die Ränder des gewaltigen Kraters, der an der Stelle des Flughafens zurückgeblieben war.
    Die Innenstadt hatte es weniger schlimm getroffen. Zwar waren die Zerstörungen auch hier verheerend, doch zwischen qualmenden Ruinen konnte man die verschwommenen Umrisse vertrauter Architekturdenkmäler erkennen.
    Wie viel Zeit mochte vergangen sein seit dem Atomschlag? Eine Woche? Zwei? Die Zeit, die er allein mit seinem Kummer im Krankenhausbunker verbrachte, dehnte sich zur Ewigkeit. An Nahrung, Wasser und Medikamenten litt er keinen Mangel. Nicht die Not hatte ihn dazu getrieben, die hermetische Tür zu öffnen und sich ins Freie zu wagen. Sondern eine Angelegenheit, die erledigt werden musste, und zwar hier oben, in der zerstörten Stadt. Schon mehrfach hatte er seinen sicheren und komfortablen Bunker verlassen, um diese Mission endlich zu Ende zu bringen.
    Sein erster Streifzug durch die verwüstete Stadt hatte sich ebenso tief ins Gedächtnis eingegraben wie die Erinnerungen an den Tag der Katastrophe selbst: ausgestorbene Straßen ohne die gewohnte Betriebsamkeit, überall rußige Autowracks und zerstörte Schaufensterscheiben … Und dann: die Leichen. Verkohlte, konturlose Körper. Menschen, die zu spät reagiert hatten und in fürchterlichen Verrenkungen gestorben waren – ohne jede Chance auf Rettung.
    An der Stelle, wo der leblose Körper seiner Liebsten zurückgeblieben war, hatte Taran die Trümmer eines eingestürzten Hauses vorgefunden. Stundenlang war er zwischen den massiven Betonblöcken umhergeirrt – in der Hoffnung, den Leichnam zu finden, ihn begraben und sich würdig verabschieden zu können. Doch seine Suche war erfolglos geblieben. Der Krieg hatte seine Trophäe nicht mehr herausgerückt.
    Neben dem verschlossenen hermetischen Tor im Rolltreppenschacht war er auf Berge von Leichen gestoßen, die im Gegensatz zu denen an der Oberfläche nicht völlig verkohlt waren. Die Elenden hatten offenbar vergeblich um Einlass ins Innere gefleht. Schließlich waren sie ihren Verletzungen erlegen oder an der radioaktiven Strahlung zugrunde gegangen. Der Anblick war so grauenhaft gewesen, dass selbst er, der Vertragsoffizier, der an die Härten des Soldatenlebens gewöhnt war, seine Gefühle nicht im Zaum halten konnte und einen schweren Schock erlitt.
    Wieder an der Oberfläche war Taran ziellos durch die menschenleeren Höfe geirrt, bis er das alarmierende Knistern des Dosimeters hörte . A n den Gedanken, dass es lebensgefährlich war, sich hier oben aufzuhalten, musste man sich erst einmal gewöhnen. Lebensgefährlich – unvorstellbar. Konnte es tatsächlich so schlimm sein, dass die Bevölkerung einer ganzen Stadt praktisch über Nacht verschwunden war? Vielleicht hatten die glücklichen Überlebenden die zerstörten Stadtviertel bereits verlassen und warteten irgendwo in der Peripherie darauf, evakuiert zu werden?
    Doch das Bild, das sich vom Dach des Hochhauses bot, stimmte wenig optimistisch. Nichts als Zerstörung und Tod – so weit das Auge reichte.
    Taran wollte sich

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