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Die Reise in die Dunkelheit

Die Reise in die Dunkelheit

Titel: Die Reise in die Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrej Djakow
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den Tunnel des Roten Wegs die Verfolgung auf. Das Klirren der Rüstung zeigte ihm, dass er auf der richtigen Spur war. Irgendwo dort vorn lief der verhasste Eisenmann, auch wenn er im Licht der wenigen Öllampen nicht zu erkennen war.
    Taran schob das Gewehr auf den Rücken und legte einen Zahn zu. Doch trotz der schweren Rüstung war der Schwarze Vernichter überraschend flott unterwegs. Gemessen an den immer leiser werdenden Schritten in der Ferne vergrößerte sich sein Vorsprung sogar.
    Ausgerechnet jetzt meldeten sich auch die kaputten Rippen wieder zu Wort. Das Bild vor Augen verschwamm vor Schmerz. Mit jedem Schritt wurde das Atmen schwerer, und der chronische Schlafmangel machte alles noch viel schlimmer.
    Ein Umstand jedoch gab Anlass zur Hoffnung: Der Rote Weg war eine Sackgasse. Der Flüchtende konnte also eigentlich nicht davonkommen. Nach den von Gleb hinterlassenen Wegmarken suchte Taran nicht länger. Für ihn war klar: Er musste vor allem diesen Bastard von Brandstifter stellen und ein paar Takte mit ihm reden . A lles andere würde sich finden – sowohl der Weg nach Eden als auch Gleb.
    Taran war so in Gedanken, dass er beinahe gegen eine Betonsäule gelaufen wäre, die unvermittelt aus der Dunkelheit auftauchte. Er blieb stehen und horchte. Die Schritte des Schwarzen Vernichters waren nicht mehr zu hören, dafür drang aus einem Durchbruch in den Ringsegmenten der Konstruktion das schon bekannte metallische Klirren.
    Der Stalker hielt sein Gewehr bereit und spähte vorsichtig in das Loch. Ein paar Meter weiter oben glänzten die stahlbeschlagenen Stiefel des Flüchtenden. Mit ohrenbetäubendem Lärm ratterte die Kalaschnikow los, und Querschläger spritzten in die Betonwände des Schachts. Doch es half nichts. Der Eisenmann verschwand unbeschadet aus der vertikalen Röhre.
    Fragte sich nur, wie er dort hinaufgekommen war. Taran fand weder eine Leiter noch irgendwelche Vorsprünge. Fieberhaft suchte er nach einem Ausweg. Er durfte keine Sekunde Zeit verlieren. Der Schwarze Vernichter konnte auf dem Weg nach Eden jederzeit Gleb einholen und dann … Lieber nicht dran denken.
    Der Söldner schoss eine kurze Salve in die Stoßstelle zwischen zwei Ringsegmenten an der gegenüberliegenden Schachtwand. Der altersschwache Beton zerkrümelte wie trockenes Brot, und an der Stelle entstand eine kleine Aussparung. Ein Ringsegment weiter oben wiederholte Taran die Prozedur.
    Für die Sprengarbeiten opferte er einen Großteil der Munition. Dafür bestand jetzt wenigstens eine vage Chance, die improvisierten Stufen hinaufzuklettern.
    Das Vorhaben war halsbrecherisch, doch die Angst um seinen Sohn ließ Taran alle Zweifel beiseitewischen. Mit Anlauf sprang er in das bedrohliche Loch. Die Wand raste auf ihn zu . A ls er drüben aufschlug, krallte er sich mit den Händen an der freigeschossenen Kante des Ringsegments fest. Seine Füße scharrten über den Beton.
    Als er einigermaßen Halt gefunden hatte, blickte er unwillkürlich nach unten. In gut zehn Metern Tiefe befand sich ein Wasserspiegel, in dem sich die Wellen herabrieselnder Betonstückchen kräuselten. Puh, eine grausame Falle …
    Die Angst, in den bodenlosen Abgrund zu stürzen, setzte die letzten physischen Reserven frei. Irgendwie schaffte er es, sich zum zweiten Absatz hochzuziehen. Gegenüber gähnte das Loch, durch das der Vernichter entkommen war – ein Abflusskanal. Der Stalker stieß sich mit aller Kraft ab. Zum zweiten Mal flog er durch den freien Raum des Schachts und vollzog eine halbe Drehung dabei.
    Als er drüben aufschlug, schoss ihm stechender Schmerz in die Rippen. Er biss die Zähne zusammen und zog sich mit einem Ruck in den Abflusskanal. Vor ihm erstreckte sich ein rechteckiger Gang – offenbar ein Kabelschacht . A m Rand der engen Abflussröhre lag eine zusammengerollte Strickleiter, deren eines Ende an einem vorstehenden Stück Betonstahl festgebunden war. Damit erledigte sich die Frage, wie der Mistkerl es geschafft hatte, hier hochzuklettern.
    Plötzlich hörte Taran in der Finsternis des Schachts etwas rascheln. Reflexartig griff er zur Kalaschnikow, doch noch bevor er reagieren konnte, tauchte im Lichtkegel der Lampe eine Granate auf. Die Zeit schien stehen zu bleiben. Dieses schockierend reale und gestochen scharfe Bild brannte sich wie ein glühendes Eisen ins Gehirn, und es stand zu befürchten, dass es in Albträumen wieder auftauchen würde. Das Krawallei mit seinen glänzenden Kanten kullerte durch die Betonrinne und

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