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Die Reise in die Dunkelheit

Die Reise in die Dunkelheit

Titel: Die Reise in die Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrej Djakow
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vollständig verschüttet . A bgesehen davon musste man damit rechnen, dass auch die Betonkonstruktion selbst bei der Granatexplosion beschädigt worden war.
    »Kannst du mir sagen, wo wir uns hier ungefähr befinden?«
    »Hast du eine Karte?«
    Der Stalker zog eine abgewetzte Kartentasche heraus. Lange fuhr der Sträfling mit seinem schmutzigen Fingernagel die bunten Linien entlang und tippte schließlich auf eine Stelle ganz am Rand.
    »Irgendwo hier. Daumen mal Pi. Solltest du vorhaben, durch den Schacht an die Oberfläche zu klettern, kann ich dir gleich sagen: Das ist keine gute Idee. Die ganze Gegend ist ein Sumpfloch. Da kommst du nicht durch . A ußerdem gibt es dort oben sowieso nichts von Belang, mal abgesehen vom Observatorium . A ber bis zu den Pulkowo-Höhen sind es von hier zwei Kilometer durch tiefsten Morast. Kannst du vergessen …«
    »Das Observatorium?«
    Taran horchte auf. Ein interessanter Gedanke. Der Kabelschacht verlief in südwestlicher Richtung, also möglicherweise geradewegs dorthin . A ngesichts des hohen Energiebedarfs eines Wissenschaftszentrums machte eine unabhängige Stromtrasse dorthin absolut Sinn.
    Ein letzter Blick auf die Karte verschaffte dem Stalker Gewissheit. Sein neuer Plan für das weitere Vorgehen stand fest.
    Er angelte sein Gewehr aus dem Schutthaufen, klopfte den Schmutz ab und wandte sich wieder dem Sträfling zu.
    »Jetzt hast du was gut bei mir, nicht wahr?«
    »Theoretisch ja.« Der Mann kratzte sich am Hinterkopf. »Aber mach dir nichts vor. Ich habe dich ausgegraben, weil ich auf der Suche nach was Verwertbarem war. Ich konnte ja nicht wissen, dass du lebendig bist wie ein Furunkel am Hintern.«
    »Trotzdem.« Taran lud durch. »Ich stehe nicht gern in jemandes Schuld.«
    Ein Schuss knallte. Der Unbekannte zuckte zusammen. Im nächsten Moment starrte er auf die Kette zu seinen Füßen. Das Schloss war zerschossen.
    »Kapier ich nicht …«
    »Was gibt’s denn da zu kapieren? Du bist frei, mein Freund. Durch den Kontrollposten bring ich dich durch, und danach wirst du schon irgendwie allein klarkommen.«
    Der Sträfling begann zu lachen.
    »Na, du bist mir ein Spaßvogel, Stalker.«
    »Ich denke nicht daran, Witze zu machen.«
    Der Glatzkopf war völlig perplex. Doch als Taran losmarschierte und durch den lehmigen Boden des Tunnels stapfte, folgte er ihm. Er konnte immer noch nicht glauben, was ihm da für ein Wunder widerfuhr.
    »Du bist ja echt krass drauf, Mann . A us meinem Mund kannst du das als Liebeserklärung werten …«
    In der Kaverne mit den Überresten der niedergebrannten Dienstbaracke wurden sie aufgehalten. Ein paar herbeigelaufene Kommunisten standen hilflos neben dem eingeäscherten Bau und fragten den überlebenden Aufseher aus. Doch der junge Mann war so verstört, dass er kein vernünftiges Wort herausbrachte.
    Taran mischte sich ein und fabulierte von einer Selbstentzündung im Waffenlager. Der nach Erkenntnissen dürstende Kommissar schluckte das Märchen, ohne mit der Wimper zu zucken, und scharwenzelte kriecherisch um den angesehenen Söldner herum.
    »Sie sind sicher wegen der Inspektion hier, nicht wahr? Wir hatten schon gar nicht mehr mit Ihnen gerechnet. Kommen Sie mit zur Station. Man wird Ihnen einen Begleiter zuweisen, der Ihnen alles zeigen wird.«
    »Nicht nötig«, entgegnete Taran. »Ich habe schon gesehen, was ich sehen wollte.«
    »Und du?! Was glotzt du?!«, fuhr der Kommissar den Sträfling an. »Verpiss dich, und …«
    »Einen Moment«, fiel ihm der Stalker ins Wort. »Dieser Schwererziehbare steht im Verdacht, an der Vorbereitung des Terroranschlags mitgewirkt zu haben. Ich werde ihn mitnehmen, bis der Sachverhalt aufgeklärt ist.«
    Der Gefangene klirrte wie beiläufig mit den Ketten, die jetzt lose an seinen Knöcheln hingen.
    »Ach ja! Und nehmt ihm das Eisenzeugs ab.«
    Der Kommissar, ein fetter Koloss mit einer ausladenden Wampe und einem lustigen Hercule-Poirot-Bärtchen, war zutiefst entrüstet, doch er traute sich nicht, dem Söldner zu widersprechen . A n seinem gequälten Gesichtsausdruck konnte man ablesen, wie er mit sich rang. Schließlich zog er es vor, den offiziellen Ermittler lieber nicht zu verärgern, und gab seinen Segen dazu . A uf einen Schwererziehbaren mehr oder weniger kam es schließlich nicht an.
    Auf dem Rückweg zur Swjosdnaja betrachtete Tarans neuer Weggefährte immer wieder seine Beine, als sähe er sie zum ersten Mal.
    »Es ist schon paradox, Mann! Die Ketten hat man mir abgenommen,

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