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Die Reise ins Licht

Die Reise ins Licht

Titel: Die Reise ins Licht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrej Djakow
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zitternden Händen aufgetaucht war.
    Taran wollte schon zu ihm stürzen, als hinter seinem Rücken ein scharfer Warnruf ertönte: »Keinen Schritt weiter! «
    Kondors Hand senkte sich auf seine Schulter.
    »Mir ist es gleich, mich haben sie sowieso schon gestochen! «
    »Nichts da! Dort sind Millionen von ihnen. Die haben dich in null Komma nichts ausgesaugt!« Der Kämpfer umklammerte Taran fest mit beiden Armen. »Du bist zu wichtig für den Trupp, um ein Risiko einzugehen für diesen … Schwachkopf.«
    Auf der Lichtung geschah derweilen etwas Merkwürdiges. Ischkari zog seine Atemmaske vom Gesicht, faltete demütig seine Hände und begann inbrünstig zu beten. Die Stimme des Sektierers wurde mit jedem Augenblick kräftiger und sicherer.

    »Gepriesen sei ›Exodus‹! Gepriesen sei deine Tugend! Möge sich der Sohn aus deinem Schoß nicht fürchten vor der irdischen Schlechtigkeit! Mögen Plagen und Entbehrungen deinen Diener verschonen, denn ich glaube an dich, ›Exodus‹! Ich glaube an die Erlösung! Wahrhaftig ist der Glaube des Leidenden!«
    Der Sektierer sprach weiter, und die Luft um ihn herum blieb auf unglaubliche Weise unberührt. Gleb beobachtete verwundert, wie der Sektierer gemächlich durch die Wolke der Mücken schlenderte. Um Ischkari herum hatte sich wie ein Halo ein beständiger freier Raum gebildet, der aus irgendeinem Grund für die gefährlichen Insekten ein unüberwindbares Hindernis darstellte. Unter den gebannten Blicken der Stalker durchschritt der Sektierer noch das letzte Stück der Schneise und näherte sich dem Trupp. Plötzlich flutete die Woge der Mücken zurück, als ob sie die Grenzen der Pilzwiese nicht verlassen wollten. Ischkari steckte sein Gebetbuch weg, als wäre nichts gewesen, und fuhr unermüdlich fort, Worte des Dankes an den von ihm verehrten »Exodus« vor sich hinzuflüstern.
    »Das ist … Setz deine Maske wieder auf.« Wie gegen seinen Willen begann Kondor sich wieder zu bewegen und blickte Ischkari argwöhnisch an. »Was steht ihr da rum? Gehen wir.«
     
     
    Im Laufe ihrer kurzen, nur wenige Tage zählenden Expedition hatte Gleb begonnen, Fußmärsche zu hassen. Taran schien die bloße Gelegenheit, jemanden anzutreiben, perverses
Vergnügen zu bereiten. Der Junge verstand durchaus: Je schneller der Trupp vorrückte, desto schwieriger war es für die örtliche Tierwelt, die sonderbaren Besucher zu umzingeln und anzugreifen. Außerdem war ein C-Schutzanzug nichts für lange Ferien auf der Oberfläche. Folglich eilten die Kämpfer wieder einmal ihrem Wegführer hinterher, wichen schiefen Autogerippen aus und sprangen über umgestürzte Strommasten.
    Sie passierten eine Tankstelle. Auf dem rostigen Vordach war immer noch die wackelige Aufschrift »RETTET MICH« zu erkennen. Gleb wollte schon anhalten, doch Taran winkte ab:
    »Da gibt es niemanden mehr zu retten. Schon seit zwanzig Jahren.«
    In diesem Augenblick sprang aus den Büschen gegenüber der Tankstelle ein Wolf heraus. Für das Tier kam die Begegnung mit den Menschen vollkommen unerwartet. Schon wollte Okun sein Sturmgewehr hochreißen, aber Dym stoppte den Kämpfer.
    »Nicht nötig. Das ist ein gewöhnliches Tier. Na gut, vielleicht etwas größer.«
    »Aber das Fell wäre doch interessant. Das ließe sich prima verkaufen.«
    »Lass gut sein. Es sind nur noch wenige übrig. Von den unberührten. Heb dir deine Patronen lieber für die Mutanten auf.«
    »Für dich vielleicht, Grüner?« Ksiwa konnte sich die Bemerkung nicht verkneifen.
    Die Kämpfer brachen in Gelächter aus. Dym zeigte dem Spaßvogel seine riesige Faust. Der Wolf lag flach auf
dem Boden und folgte den Gefährten angespannt mit den Augen. Nach einer Weile sprang er auf und huschte zurück ins Dickicht des Waldes.
    Die Umgebung hatte sich inzwischen verändert. Immer häufiger begegneten ihnen nun anstelle der struppigen, giftig grünen Bäume verkohlte, versteinerte Stämme. Auf der Erde fanden sich Spuren des Feuers, das hier einst gewütet hatte. Die spärlichen, schwarzen Brandstellen wichen einer dichten, verkohlten Kruste, die von einem Netz aus Rissen überzogen war. Offenbar wich deswegen die Vegetation hier zurück und machte einen Bogen um diesen riesigen, aussätzigen Fleck.
    Der Trupp näherte sich der Stadt Lomonossow Ref. 31 . Es war sofort zu spüren, dass sie während der Katastrophe einiges abbekommen hatte. Von den meisten Häusern waren nur die Fundamente geblieben. Inmitten der Berge von Betonschutt, der von kärglichen

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