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Die Reise ins Licht

Die Reise ins Licht

Titel: Die Reise ins Licht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrej Djakow
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runter.«
    Da Nata sein Sturmgewehr hatte, war sie als Nächste an der Reihe, und Gleb kam auch bei dieser Fahrt nicht mit. Dann wurde der starke Dym plötzlich auf der anderen Seite gebraucht. Sie konnten dort offenbar irgendwas nicht befestigen, was genau, konnte der Junge Farids holprigen Erklärungen nicht genau entnehmen. Mit aufgerissenen Augen lag Gennadi flach auf dem Boden des Bootes und wagte es nicht, sich zu rühren. Der Tadschike fand irgendwie einen Platz neben ihm und legte sich in die
Ruder. Das überladene Boot entschwand von neuem im Nebel.
    Sie blieben zu dritt zurück. Gleb schaute angespannt zu Ksiwa. Dieser seltsame Typ änderte seine Stimmung etwa dreißigmal am Tag. Mal riss er Witze, dann wieder knurrte er einen plötzlich an. Der Junge wusste nicht, was er von Ksiwas Kapriolen halten sollte und rückte deswegen näher an Bruder Ischkari heran. Bei dem war zumindest klar, was man von ihm zu erwarten hatte.
    »Na endlich!« Als Ksiwa das Boot erblickte, begann er eilig nach unten zu klettern. »Los, du ›Exodusianer‹, mir nach.«
    »Und ich?« Gleb wollte schon nach dem Seil greifen.
    »Was soll das, Junge? Er hat keine Waffe. Warte hier.«
    Krampfhaft schnaufend verschwand der Sektierer hinter der Abbruchkante. Der Junge blieb allein zurück. Diese Erkenntnis erfasste ihn wie die Kälte, die unter eine leicht verrutschte Decke kriecht. Die Angst drang unerbittlich in ihn ein, überflutete seinen Verstand, sosehr er auch versuchte, dieses beschämende Gefühl zu vertreiben. Was hatte er schon zu befürchten? Gleb blickte sich um. Der Nebel, die Straße. Weit und breit keine Seele. Plötzlich trieb ein Windstoß Fetzen des weißlichen Dunstes auseinander, und er erblickte für einen kurzen Moment eine einsame, merkwürdige Silhouette, die unbeweglich in einiger Entfernung auf dem Asphalt stand.
    Krampfhaft zerrte Gleb seine Pistole hervor und zielte. Sein Atem hallte wie ein Donner in seinen Ohren, das Herz raste. Sogleich fiel ihm Ksiwas unheimlicher Bericht wieder ein: »… auf der Kreuzung so einen Typen im langen
Büßerhemd. Mitten auf der Straße steht er da, starr wie eine Säule. Unter der Kapuze nichts zu sehen, rein gar nichts.… Der ging nur kurz in die Hocke und dann hat er diesen Satz gemacht! Über die Kante, und weg war er!«
    Der Junge zitterte. Seine Finger verkrampften sich am Abzug, aber sein Verstand gewann noch rechtzeitig die Oberhand. Gedanken rasten ihm durch den Kopf: Ein Trugbild? Oder nicht? Ach, egal. Nochmal falle ich nicht darauf rein. Gleb schwenkte die Pistole hin und her und starrte angespannt in den Nebel. Nichts.
    Von hinten war das klatschende Geräusch der Ruder zu hören. Der Junge ging rückwärts auf den Rand des Abhangs zu, steckte verkrampft die Waffe ein, packte das Seil und schwang sich hinunter. Mit den Füßen stieß er sich von den rostigen Trägern ab und begann den Abstieg. Das Rauschen des Wassers war auf einmal viel stärker, und wieder begann sich alles zu drehen. Gleb stieg behutsam über die aus der Wand ragende Bewehrung. Er warf einen schnellen Blick nach oben: Der Rand war schon weit entfernt und durch den Nebelschleier kaum noch zu sehen. War das die verwinkelte Abbruchkante, die derart bizarre Konturen zeichnete, oder sah er es wirklich: den Unbekannten mit der Kapuze, der, über den Abgrund gebeugt, Gleb beobachtete?
    Seine Hände wurden für einen Augenblick schwach, ihm entglitt das Seil. Mit rasender Geschwindigkeit flog die zerklüftete Betonwand an ihm vorbei. Dann schlug er auf, eisiges Wasser spritzte hoch. Gleb öffnete die Augen. Zu beiden Seiten ragten die prallen Seitenwände des Bootes auf.

    »Schaitan!« Farid sah ihn zornig von seinem Platz an. »Bist du vollkommen verrückt geworden? Wieso bist du gesprungen? Mann, hast du mich erschreckt!«
    »Entschuldigung.« Gleb richtete sich auf und setzte sich bequemer hin. »Ich bin abgerutscht.«
    Der Tadschike legte sich in die Ruder. Die Dollen knarrten im Takt, das Boot glitt gleichmäßig über das Wasser. Gleb schaute ein letztes Mal nach oben. Ob dort jemand war oder nicht, spielte jetzt keine Rolle mehr. Er beschloss, Farid nichts davon zu erzählen. Die Männer würden sich ja doch nur über ihn lustig machen.
    In der Mitte des Durchbruchs nahm die Strömung zu. Der Kämpfer ruderte stärker und hielt sich weiter links. Je weiter sie sich von der Abbruchkante entfernten, umso leichter wurde dem Jungen ums Herz. Erschöpft lehnte sich der Junge an die Seitenwand des

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