Die Reise Nach Helsinki
nana.
Aber da war er schon verschwunden,
der Ulda, fortgestohlen hatte er sich, nachdem ich ihn verflucht
hatte, niemals, niemals mehr in seinem Leben soll er glücklich
sein, immer soll er Per und Isak in ihrem Blut sehen, und niemals,
niemals mehr soll er eines unserer Kinder bekommen.
Voia, voia, nana, nana.
Auch Marja lag in ihrem Blut, geh,
Teufel, schrie sie, geh, du hast die Hölle zu uns gebracht. Sie
verlor ihr Kind und ihren Verstand, sie bettelte um Schnaps den
ganzen traurigen Rest ihres Lebens.
Und meine Riikka kroch mit traurigen
Augen aus der Kote, wo ist mein isi, mein isukki, hier bin ich,
sagte ich zu ihr, ich bin dein isi, dein isukki, und sie kroch in
meine Arme, und wir waren ganz allein auf der Welt.
Voia, voia, nana, nana.
5
Mittsommer
Die Fähre legte tutend ab und
rauschte durch die kabbelige, schwarzblaue Ostsee. Hugo Blank und
Eino Plosila standen am Kai und winkten Emil Hohenstein und Terttu
Salmi nach, die eine Hafenrundfahrt machen wollten. Hand in Hand
hatten sie das Schiff bestiegen, und Hohenstein hatte nur noch
Augen für seine neue Flamme.
»Machen Sie das mal mit der
Fotokartei«, hatte er beim Frühstück zu Hugo gesagt, »ich lasse mir
heute von Frau Salmi die Gegend zeigen. Sie schaffen das doch
allein?«
Hugo hatte eifrig genickt, gerade
heute, wo Anna und Lina ins Präsidium kommen wollten, war ihm
Hohensteins Abwesenheit durchaus angenehm.
»Was für ein seltsamer Fall,
manchmal steht die Lösung vor mir, und ich denke, ich könnte sie
greifen, aber dann verschwindet sie wieder, wie eine Fata Morgana.
Wir müssen uns dieses Fräulein Turi noch mal vornehmen, was meinst
du?«, überlegte Hugo, während er mit Eino Plosila zum
Polizeipräsidium an der Aleksandersgatan ging.
»Ich habe schon überlegt, sie
vorzuladen, damit sie ein bisschen Respekt bekommt«, sagte Eino,
»wir müssen sie vielleicht mal etwas härter anfassen. Oder wir
holen den Kriminaldirektor mit zur Vernehmung, vielleicht bringt
der sie zur Raison.«
In seinem Büro versuchte Eino
Plosila, eine telefonische Verbindung nach Inari zu bekommen. Das
Labor hatte gemeldet, es ergäben sich keine Übereinstimmungen mit
den in Finnland genommenen Abdrücken und denen auf der Flasche, und
nun wollte er die dortigen Kollegen nach einer Möglichkeit fragen,
Fingerabdrücke von Matte Turi und Nilas Niolpas sicherzustellen.
Vielleicht konnte man in ihren sidas an Gegenstände gelangen, die die beiden berührt
hatten. Während Eino fluchend mit der Telefonvermittlung
verhandelte, die behauptete, Inari zurzeit nicht erreichen zu
können, lehnte Hugo sich zurück. Er hatte Mühe, sich zu
konzentrieren, weil Anna und der gestrige Abend ihm immer wieder
durch den Kopf schwirrten.
Es klopfte, und gleich darauf stand
sie rot und abgehetzt vor ihm, hinter ihr tauchte Lina auf, die
einen ebenso aufgeregten Eindruck machte.
»Wir haben ihn gerade wieder
gesehen, auf der Esplanade«, keuchte Anna, »er ist mit einem Mann
weggegangen, einem Lappen, vermuten wir.«
Sie beschrieben die Begegnung und
berichteten auch von der seltsamen Frau. Eino gab seine Bemühungen
um die Telefonverbindung auf, Hugo trommelte mit den Fingern auf
den Tisch.
»Immer wieder dieser Mann, und immer
wieder tauchen Lappen auf.«
»Das widerspricht nicht unserem
bisherigen Denkgebäude«, sagte Eino, »unser Bogen spannt sich ja
auch von Elberfeld nach Lappland, wenn wir den Weg des Opfers
zurückverfolgen. Nur den russisch aussehenden Mann können wir nicht
einordnen, aber den werden wir jetzt suchen. Wir schauen unsere
Kartei durch, allerdings kann es auch sein, dass der russische
Geheimdienst die richtige Adresse für uns ist.«
Unter den finnischen Delinquenten
fand sich der Mann nicht, Eino griff zum Telefon und bestellte eine
Verbindung.
»Wir können direkt hingehen«, sagte
er nach einem längeren Gespräch auf Russisch, »ich habe die
Dringlichkeit des Falls dargestellt, sie lassen uns ihre Kartei
ohne große Formalitäten einsehen.«
Gemeinsam machten sie sich auf den
Weg zum Haus des russischen Generalgouverneurs an der Södra
Esplanadgatan, wo auch der Geheimdienst residierte.
»Wie schätzen Sie die Entwicklung in
Russland ein, glauben Sie, dass es eine Revolution geben wird?«
Lina ging neben Eino Plosila her, dem dieses Thema das Blut ins
Gesicht trieb.
»Natürlich wird es das, es führt gar
kein Weg daran vorbei, das Zarentum hat abgewirtschaftet, der
Feudalismus hat ausgedient. Es nützt auch nichts
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