Die Reise nach Orb - ein Steampunk-Roman (German Edition)
ist sogar die Kaiserin in Gefahr.«
In diesem Augenblick kam ein schmächtiger Mann in einem Küchenschurz zu ihnen an den Tisch und stellte sich als Besitzer des Pubs vor.
»Milady, mein Herr, ich bringe Ihnen eine Spezialität des Hauses, frische Brezel.« Er stellte ein Körbchen mit dem Gebäck auf den Tisch. »Sie befinden sich auf der Durchreise?«
»Ja, wir wollen noch ein Stück weiter, aber erst morgen oder übermorgen. Zuerst möchten wir uns aber von einer anstrengenden Reise ausruhen. Haben Sie ein freies Zimmer für uns?«
Der Wirt schaute sie abschätzend an.
»Ich nehme an, Sie legen speziellen Wert auf Privatsphäre?
»Lassen Sie es mich so ausdrücken«, sagte Eliane, »wir legen keinen Wert auf ungebetenen Besuch und es braucht niemand zu wissen, dass wir in der Stadt sind.«
»In diesem Fall habe ich genau das Richtige für Sie.«
Nachdem sie getrunken und gegessen hatten, führte sie der Wirt zwei Etagen höher und durch ein Labyrinth von schmalen Korridoren zu einer Tür, die ziemlich schäbig aussah. Doch als er sie öffnete, staunte Martin. Sie betraten eine großzügige Suite mit Wohn- und Speiseraum und einem riesigen Bett im angrenzenden Schlafzimmer. Als der Wirt die Vorhänge zurückzog, hatten sie eine Aussicht auf ein Häusermeer und einen Park, der genau gegenüber lag. Die Sträucher und Bäume waren ein angenehmer Kontrast zu den Bauten ringsum.
»Die Residenz des Botschafters von Orb«, erklärte der Wirt. »Wenn Sie einen Wunsch haben, betätigen Sie den Hebel neben der Tür. Ein Mechanischer wird dann ihre Bestellung entgegennehmen.«
Als er sie allein gelassen hatte, meinte Martin:
»Du hast nicht einmal nach dem Preis gefragt?«
»Du meinst, welche Mittel wir für diese Suite benötigen? Keine Sorge, ich habe genug dabei.« Sie klopfte auf eine Seite ihres Mantels.
»Sollten wir nicht in die Botschaft von Orb gehen und um Schutz bitten?«
»Nein, damit könnten wir leicht vom Regen in die Traufe geraten.«
Martin, der es sich auf dem Bett bequem gemacht hatte, nickte. Sie waren offenbar in eine Verschwörung geraten. Doch wer waren die Guten und wer die Bösen? Eine schwierige Frage, fand er, und nicht mit seiner irdischen Logik zu lösen. Auf diesem Planeten war die Grenze zwischen Gut und Böse anders gezogen als auf der Erde. Er grübelte noch eine Weile über seine bisherigen Erfahrungen und versuchte Zusammenhänge zwischen den verschiedenen Erlebnissen zu finden und die Personen einzuordnen, die er getroffen hatte. Doch seine Gedanken bewegten sich im Kreis und wurden dabei immer langsamer. Schließlich schlief er ein.
Als er aufwachte, war es Nacht. Doch die Stadt war durch unzählige Lichter beleuchtet, und im Schein, der in das Zimmer fiel, entdeckte er Eliane neben sich im Bett. Sie schien zu schlafen. Wie friedlich sie doch aussah. Nichts in ihrem lieblichen Gesicht deutete auf eine unerbittliche Kämpferin hin.
Da weckte ein kratzendes Geräusch seine Aufmerksamkeit. Es kam von der Tür. Er wollte sich deswegen gerade erheben ,um nachzusehen, da streckte Eliane ihre Hand aus und ergriff sein Handgelenk. Kaum hörbar flüsterte sie:
»Stell dich schlafend. Wir wollen den Besuch nicht verscheuchen.«
Martin nickte und schloss wieder die Augen. Er konzentrierte sich auf das Geräusch und versuchte es zu interpretieren. Wollte jemand einbrechen? Welche Absichten hegte der ungebetene Besuch? Hoffentlich hatte Eliane die Situation unter Kontrolle. Er trug keinerlei Waffen auf sich.
Plötzlich ein Knacken. Jetzt ist die Tür offen, dachte er. Leise Schritte waren zu hören. Es schien eine einzelne Person zu sein, dem Geräusch nach kein Mechanischer. Jetzt hörte er, wie die Tür wieder geschlossen wurde. Ein Dieb, der sich selbst den schnellen Fluchtweg versperrte? Das kam ihm seltsam vor. Würde ein solches Verhalten nicht eher auf einen Assassinen schließen lassen? Sein Herz begann zu hämmern und seine Muskeln versteiften sich vor Anspannung.
Jetzt vernahm er ein metallisches Knacken. Eine Waffe, die entsichert wurde? Ein zischendes Geräusch zerriss die Spannung und darauf war ein unterdrückter Schrei zu hören. Der Leuchter mit den Glühbirnen an der Decke ging an und Martin wälzte sich herum und öffnete die Augen. Was er sah, ließ ihn staunen:
Vor dem Bett auf dem Boden saß eine alte Bekannte und hielt sich die blutende Hand.
»Alexandra! Was machst du hier? Wieso bist du eingebrochen?«
»Du hast Glück gehabt, dass ich die Giftspitze
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