Die Reise nach Orb - ein Steampunk-Roman (German Edition)
genippt hatte und versprach, wiederzukommen. Offensichtlich wollte er sie eine Weile allein lassen.
»Nun, wie gefällt es dir?«, fragte Eliane.
»Die Technologie ist beeindruckend und der voraus, die wir auf der Erde haben.«
»Könntest du dir vorstellen, dich ausrüsten zu lassen?«
Martin war baff. Ihm dämmerte plötzlich, welchem Zweck dieser ausführliche Rundgang mit dem Doktor gedient hatte.
»Ich? Ich soll ein Teil meiner Innereien entfernen und durch Mechanik ersetzen lassen?«
»Bedenke die großen Vorteile, Martin. Du würdest zu einem Hybriden, wie ich es bin.«
Ein Hybride! Ja, das war es. Eliane wollte, dass er so würde wie sie. Bei dieser Vorstellung fühlte er ein eigenartiges Kribbeln im Bauch. Einerseits war der Gedanke faszinierend, schon allein von den Möglichkeiten der Technik her. Und er spürte auch, dass er ihr mit einem solchen Schritt viel näher kommen würde, als dies als normaler Mensch möglich war. Er würde sich damit in gewisser Weise mit ihr verbinden. Aber er wollte zurück auf die Erde. Darum war er auf dem Weg nach Orb. Er hoffte, dort eine Möglichkeit zu finden, zurückkehren zu können. Nicht als Hybride, sondern als der Martin, den er immer gewesen war.
»Ich weiß nicht, Eliane. Es ist zwar eine interessante Möglichkeit und ich denke, wir würden uns damit näherkommen und besser verstehen. Aber ich möchte dorthin zurück, woher ich gekommen bin.«
Die Enttäuschung war Eliane deutlich anzusehen. Martin erschrak, als er sah, wie zwei Tränen aus ihren Augen kullerten. So hatte er sie bisher nur einmal erlebt – in der Schlafkabine der 411er. Welch ein Unterschied zu der gnadenlosen Kriegerin, die sie sonst war.
»Ich liebe dich, Martin, und ich möchte, dass du bei mir bleibst«, sagte sie leise.
Er war überrascht ob dieser Offenbarung und suchte nach einer Antwort. Schließlich sagte er: »Ich habe dich auch in mein Herz geschlossen, auch wenn wir unterschiedlicher nicht sein könnten. Ich werde dich nicht im Stich lassen, Eliane.«
»Und wenn du eine Möglichkeit findest, zurückzugehen?«
»In diesem Fall wünsche ich mir nichts sehnlicher, als dass du mich begleitest.«
Hatte er das wirklich gesagt? Martin wunderte sich über sich selbst. Seine Worte zeugten von dem Wandel, der mit ihm stattgefunden hatte. Er war nicht mehr der menschenscheue, in sich gekehrte Grübler, der sich am liebsten in seinem Bastelzimmer verkroch.
In diesem Augenblich kam Doktor Dampfeisen wieder zurück.
»Nun, wie steht’s, Herr Dampfbusch, fragte er. Haben Sie sich entschieden?«
Martin fehlten die Worte. Zu schnell war alles gekommen, zu groß waren die Umwälzungen, die in ihm und um ihn herum stattfanden. Er schwieg. Der Doktor wartete geduldig auf eine Antwort und Eliane schaute Martin mit großen fragenden Augen an. Schließlich sagte er: »Das, was Sie uns gezeigt haben, Herr Dampfeisen, ist fantastisch, und ich bin vom Mechanikum und seinen Möglichkeiten fasziniert. Aber ich kann mich heute noch nicht entscheiden. Zuerst möchte ich Eliane nach Orb begleiten um gewisse Dinge zu klären. Ich bitte Sie deshalb um eine Bedenkzeit. Wir werden gegebenenfalls wieder ins Mechanikum zurückkehren.«
Doktor Dampfeisen schien nicht enttäuscht zu sein. Ja, Martin gewann den Eindruck, der alte Rauschebart habe eine solche Antwort vorausgesehen.
»Selbstverständlich, mein Herr. Es ist ein weiser Entschluss von Ihnen, nichts zu überstürzen. Ein solcher Schritt will reichlich überlegt und vorbereitet sein. Das Mechanikum existiert schon sehr lange und wir haben gelernt, Geduld zu üben und unsere Kundschaft nicht zu drängen.«
»Um die Abgeltung bräuchtest du dir keine Sorgen zu machen«, sagte Eliane. »Du würdest nicht zu einem Schuldsklaven werden.«
»Das hätte gerade noch gefehlt«, brummte Martin. »Eine Aufrüstung zum Hybriden ist doch sicher sehr teuer?«
»Das ist natürlich eine Frage der Ansprüche. Wie Sie gesehen haben, ist unser Programm weit gefächert.«
»Wie hoch ist der maximale Ausrüstungsgrad?«
»Die meisten bleiben unter fünfzig Prozent. Aber in einige Fällen sind wir schon bis 70% gegangen.«
»Da bleibt aber nicht mehr viel Menschliches übrig.«
»Das kann man auch anders sehen. Unsere Biomechanik ist von Menschen für Menschen gemacht. Sie unterscheidet sich wesentlich von der Nanomechanik der Mechanischen, und wir glauben deshalb, dass sie sehr wohl menschlich ist. Aber um konkret zu werden: Das Gehirn bleibt in jedem Fall
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