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Die Reise nach Orb - ein Steampunk-Roman (German Edition)

Die Reise nach Orb - ein Steampunk-Roman (German Edition)

Titel: Die Reise nach Orb - ein Steampunk-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anton Bärtschi
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Schraubendampfer in Bewegung. Mit Interesse verfolgte Martin, wie er an einem kleinen Einstellrad drehte, das sie bisher nicht angerührt hatten. Mit einem Knirschen setzte sich das Gefährt in Bewegung und erfüllte alsbald den Steuerstand mit dem bekannten Sägegeräusch des Antriebs. Der Mechanische änderte nun den Kurs und fuhr parallel zu den Dünen den untergehenden Sonnen nach. Er hielt den Dampfer auf der Höhe eines Dünenkamms, vermutlich der besseren Sicht wegen.
    Martin trat neben ihn, um ihm beim Steuern zuzusehen.
    »Von wo bist du gekommen, Kurier?«
    »Von Darktimes im Norden.«
    »Ist das weit weg und liegt das auch in einem Graben?«
    »Du scheinst nicht von dieser Welt zu sein«, bemerkte der Mechanische. »Bist du ein Außenweltler?«
    »Ja, ich komme von einem Planeten namens Erde.«
    »Dann hast du sicher schon bemerkt, dass diese unwirtliche Welt von Gräben durchzogen wird, in denen einigermaßen lebensfreundliche Bedingungen herrschen. Der Rest ist eine einzige Eiswüste. Darktimes liegt in einem Graben weit im Norden, wo nur die eine der beiden Sonnenschwestern für kurze Zeit scheint. Dieser dunkle Graben ist viele hundert Meilen lang, aber du kannst dir vorstellen, dass dort nur wenige Menschen leben.«
    »Wäre es für einen Kurier nicht besser, mit einem Luftschiff zu reisen. Für den Schraubendampfer sind die Gräben doch unüberwindbare Hindernisse?«
    »Ich sehe, du brauchst mehr Unterweisung, Außenweltler. Wie ist dein Name?«
    »Martin … Martin Dampfbusch.«
    »Das erinnert mich an Flix Krok, auch er war ein Dampfbusch.«
    »Du hast ihn gekannt?«
    »Ja, ein genialer Konstrukteur. Aber du hast gefragt, wieso ich kein Luftschiff für meine Kurierdienste benutze. Dieser Schraubendampfer ist viel zuverlässiger als ein Luftschiff. Er ist praktisch unverwüstlich, und ich kann damit noch reisen, wenn sich kein Luftschiff mehr in die Höhe wagt, weil die Stürme so heftig sind. Natürlich sind die Gräben Hindernisse. Doch sie sind nur in wenigen Fällen miteinander verbunden und man findet immer einen Weg um sie herum. Und über den großen Graben, der längste auf dem Planeten, führt eine Brücke.«
    »Das ist interessant. Wurde sie speziell für den Schiffsverkehr gebaut?«
    »Nein, es ist eine natürliche Brücke aus Fels, ein wahres Naturwunder.«
    Sie plauderten noch über dies und das und Martin lernte viel Neues über den Planeten, auf den es ihn verschlagen hatte. Der Mechanische war sehr gesprächig, eine richtige Plaudertasche. Eliane hatte sich dabei im Hintergrund gehalten und nicht eingemischt. Doch plötzlich sagte sie: »Wir bekommen Besuch. Steuerbord nähert sich ein Schiff.«
    Tatsächlich. Als Martin zum rechten Bullauge hinausblickte, sah er ein Schiff parallel zu ihnen fahren. Es schien gleich schnell wie der Schraubendampfer zu sein. Noch war es etwa einen Kilometer weit entfernt, aber es kam langsam näher. Das fremde Schiff war wesentlich größer als ihr Schraubendampfer und es ähnelte einer römischen Galeere. Ruder, die in einer Doppelreihe aus der Seite ragten, bewegten sich im Gleichtakt.
    »Das Ding hat einen seltsamen Antrieb«, bemerkte Martin.
    »In der Tat«, sagte der Kurier. »Es muss sich um eine Schuldengaleere handeln.«
    »Eine Schuldengaleere? Du meinst, dort rudern Menschen ihre Schulden ab?«
    »So ist es. Aber ich kann mir nicht vorstellen, was sie von uns wollen. Piraten betreiben keine Schuldengaleeren.«
    »Vielleicht haben sie sie gekapert«, meinte Eliane.
    »Sollten wir die armen Menschen nicht von ihrem Schicksal befreien?«, fragte Martin.
    »Du bist unverbesserlich. Die Welt, aus der du kommst, muss eigenartig sein, wenn du allen immer helfen willst.«
    »Auch dort sind nicht alle so wie ich.«
    »Du bist ein seltsames Exemplar, Martin«, sagte der Kurier. »Und du musst aufpassen, dass du nicht Probleme bekommst. Die Befreiung von Schuldsklaven ist ein Verbrechen.«
    Inzwischen war das Schiff auf hundert Meter an sie herangekommen und es machte keine Anstalten abzudrehen. Es war flach gebaut und sah elegant aus. Fast mühelos schien es über den Schnee zu gleiten. Die Ruder bewegten sich dabei in perfekter Gleichmäßigkeit. Die Galeere besaß nur einen Deckaufbau in der Mitte, vermutlich war es der Steuerstand. Dahinter befand sich ein Mast mit einem Ausguck auf halber Höhe.
    »Wenn sie auf uns schießen, sind wir erledigt, wir sollten uns besser aus dem Staub machen«, sagte Eliane. »Oder wir rammen sie mit unserem Stachel.

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